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# taz.de -- Kommentar Guttenberg: Der manische Minister
> Der noch immer amtierende Verteidigungsminister scheint den Bezug zur
> Realität verloren zu haben. Wer nur schützt Guttenberg vor sich selbst?
Es gibt Fehlverhalten, für das man um Entschuldigung bitten kann. Und wenn
man Glück hat, wird einem verziehen. Wer im Affekt betrunken vor
Fernsehkameras herumpöbelt, mag auf Milde hoffen. Es kommt dann auf die
Umstände an. Bei fortgesetztem Betrug ist das anders. Da kann an der bösen
Absicht kaum ein Zweifel bestehen.
Oder doch? Karl-Theodor zu Guttenberg, der noch immer amtierende
Verteidigungsminister, weist Plagiatsvorwürfe zurück und behauptet, "es"
(sic!) sei bei seiner Dissertation "zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht
oder bewusst die Urheberschaft nicht kenntlich gemacht" worden.
Was will er damit sagen? Möchte Guttenberg mitteilen, dass "es" - oder er -
nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, als er selbst die Arbeit
abgab? Wenn der Oberbefehlshaber der Streitkräfte derlei erklärt, dann ist
das ein wenig beunruhigend. Zumal sich alle Interessierten im Netz
informieren können, wie groß der Anteil fremder Texte an dieser
Doktorarbeit ist. Es geht nicht um einige Fußnoten, sondern um den Kern der
Leistung.
Viele Leute, vielleicht sogar die meisten, halten die Aufregung für
übertrieben. Die einen trauen Politikern sowieso jede Schlechtigkeit zu,
andere finden, es gebe Wichtigeres - auch schwerer wiegende Vorwürfe an die
Adresse des Ministers. Wieder andere glauben an eine Schmutzkampagne der
Opposition. Mit der Strategie, die Guttenberg jetzt verfolgt, dürfte er auf
all diese Leute setzen. Und auf die Hoffnung, dass in der nächsten Woche
eine andere Sau durchs Dorf läuft.
Da wird er sich vermutlich täuschen. Verloren hat er nämlich sein Ansehen -
und zwar dauerhaft - gerade in dem Milieu, an dem ihm am meisten liegt. Im
Bildungsbürgertum also. Anders ausgedrückt: bei den Leuten, die für einen
Titel wirklich hart gearbeitet haben.
Der Minister scheint jeden Bezug zur Realität verloren zu haben. Wäre er
jetzt zurückgetreten: Er hätte vermutlich wenigstens seinen Wahlkreis
retten und in einigen Jahren von vorn anfangen können. Bitter, aber doch
eine Chance. Jetzt haben alle, die ihm übel wollen, die Gelegenheit, das
Thema wochenlang am Kochen zu halten.
Ist Guttenberg noch bei Sinnen? Die Frage ist nicht sarkastisch gemeint.
Das Vorwort seiner Dissertation - nicht die von der FAZ abgekupferte
Einleitung - wirkt manisch. Die Entscheidung, nur "ausgewählte" Vertreter
der Medien eine vorbereitete Erklärung abfilmen zu lassen, ist schlicht
irre.
Damit hat er sich viele neue Feinde geschaffen. Ohne Not, ohne Sinn. Könnte
es sein, dass die derzeit wirklich wichtige Frage lautet: Wer schützt
Guttenberg vor sich selbst - und wer schützt die Bundeswehr vor einem wie
ihm?
18 Feb 2011
## AUTOREN
Bettina Gaus
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