# taz.de -- Polizeiaktion nach Dresdner Anti-Nazi-Demo: "Dresden Nazifrei" im V… | |
> Böse Überraschung für das Bündnis "Dresden Nazifrei". Nachdem die Demo | |
> gegen den Naziaufmarsch längst vorbei war, erstürmte ein Einsatzkommando | |
> das Büro. | |
Bild: Stellten sich den Neonazis mit meist friedlichen Mitteln entgegen: Demons… | |
DRESDEN taz | Tagsüber waren sie überfordert, abends traten sie übel nach: | |
Erst hat die Polizei beim Neonazi-Aufmarsch am Samstag weite Teile Dresdens | |
nicht unter Kontrolle bekommen und entgegen den Versprechungen der | |
Behörden, den Aufmarsch der Rechsextremen nicht gewährleisten können. Doch | |
am Abend dann ging ein Einsatzkommando des LKA in Dresden hart gegen das | |
Aktionsbündnis "Dresden Nazifrei" vor. | |
Polizisten stürmten in der Großenhainer Straße, wo das Bündnis im "Haus der | |
Begegnung" sein Pressezentrum aufgebaut hatte, in voller Kampfmontur die | |
Räume, durchsuchten sie und beschlagnahmten die Computer des Presseteams. | |
Dem Vernehmen nach wird dem Bündnis die Vorbereitung und Verabredung einer | |
Straftat vorgeworfen. Ein Sprecher des LKA war zunächst nicht zu erreichen. | |
Den Nazigegnern war es zuvor gelungen, die geplanten Aufmärsche der | |
Neonazis zu verhindern. Mehr als 20.000 Demonstranten hatten die | |
rechtsextremen Demos in Dresden blockiert. | |
Die voll maskierten und behelmten Einsatzkräfte verhandelten in den Räumen | |
mit der Bundestagsabgeordneten Katja Kipping (Linkspartei). In dem Haus | |
sind unter anderem die Linkspartei, eine Rechtsanwaltsgemeinschaft sowie | |
verschiedene kulturelle Initiativen beheimatet. Auch ein im Haus | |
angesiedeltes Jugendprojekt wurde durchsucht. Die Betroffenen waren zu | |
Beginn der Aktion nicht anwesend. Als sie herbeieilten wurden sie jedoch | |
nicht in ihre Räume gelassen. | |
Laut Kipping habe die Polizei zunächst keinen schriftlichen | |
Durchsuchungsbefehl vorlegen können, sondern nur auf die mündliche Order | |
eines Staatsanwaltes verwiesen. Obwohl die Räume zugänglich gewesen seien, | |
so Kipping, habe die Polizei sich gewaltsam Zugang verschafft. Ein Sprecher | |
des Bündnisses bezeichnete den "direkten Angriff auf die | |
Öffentlichkeitsarbeit" gegenüber der taz als "Racheaktion". "Hier will sich | |
ganz offenbar die Polizei an den Menschen rächen, die den Erfolg des Tages | |
ermöglicht haben." | |
Aufffällig ist, dass der Zugriff erst erfolgte, nachdem die vielen tausend | |
Gegendemonstranten am Abend abgereist waren. Die hatten zuvor meist mit | |
friedlichen Mitteln zahlreiche Straßen und Kreuzungen in der Dresdner | |
Altstadt und südlich des Hauptbahnhofs besetzt gehalten und somit den | |
Naziaufmarsch verhindern können. | |
Immer wieder war es im Laufe des Tages jedoch auch zu Ausschreitungen von | |
Autonomen gekommen. Sie hatten wiederholt Barrikaden errichtete und | |
angezündet sowie mit Pflastersteinen geworfen. Teils reagierte die Polizei | |
heftig, teils war sie dabei aber auch gar nicht zugegen. | |
Bereits vor den Demonstrationen hatte die Polizei befürchtet, für den | |
Großeinsatz nicht gewappnet zu sein. Das bestätigte sich am Samstag: Weder | |
gelang es den Sicherheitsbehörden, die zuvor etwa eine Mahnwache des | |
Deutschen Gewerkschaftsbundes untersagt hatten, die Nazigegner auf der | |
nördlichen Seite der Elbe zu halten, noch hatte sie südlich des Dresdner | |
Hauptbahnhofes die Situation rund um die Neonaziaufmärsche im Griff. | |
Besonders an der Coschützer Straße/Plauenscher Ring, wo am Abend rund 1.000 | |
Neonazis von Gegendemonstranten blockiert wurden, drohte die Situation | |
zwischenzeitlich zu eskalieren. Selbst Polizeibeamte äußerten sich während | |
des Einsatzes immer wieder ratlos über die Einsatzstrategie. | |
Warum das LKA dann am Abend mit solch harschen Mitteln gegen das Bündnis | |
"Dresden Nazifrei" vorging, blieb zunächst unklar.In der Vergangenheit | |
hatte das Bündnis immer wieder betont, "zwar entschlossen, jedoch mit | |
friedfertigen Mittel" gegen die Rechtsextremen vorgehen zu wollen. | |
19 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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