# taz.de -- Achtelfinale der Champions League: Schuldenmacher gegen Geldmaschine | |
> Das Spiel FC Kopenhagen gegen Chelsea ist auch das Duell zweier | |
> Geschäftsphilosophien. Der englische Club von Mäzen Abramowitsch trifft | |
> auf einen wirtschaftlichen Musterverein. | |
Bild: Die Spieler des FC Kopenhagen bejubeln den Sieg über Panathinaikos Athen… | |
KOPENHAGEN taz | Die Vitrine im Foyer der Geschäftsstelle zeigt, wo die | |
Ansprüche liegen. Nicht die zahlreichen nationalen Triumphe werden | |
exponiert, sondern die noch spärlichen Achtungserfolge im europäischen | |
Geschäft. Ein Wimpel vom FC Barcelona liegt neben verzierten Clogs von | |
einem Spiel gegen Ajax Amsterdam. In Kürze kommt ein weiteres Andenken | |
dazu, denn heute empfängt der FC Kopenhagen den FC Chelsea aus London. | |
Diese Begegnung im Champions-League-Achtelfinale ist keine beliebige. | |
Chelsea, der ausgabefreudige Verein mit dem Mäzen Roman Abramowitsch, gegen | |
Kopenhagen, einen Klub, der wesentlich kleiner als Chelsea ist, aber | |
wirtschaftlich gesünder operiert als viele Vereine im europäischen | |
Geschäft. | |
Ab Sommer dieses Jahres müssen Vereine die von der Uefa neu eingeführte | |
Break-even-Regel erfüllen, dürfen also nicht mehr ausgeben, als sie | |
einnehmen. Auch die zulässige Höhe von Schulden wird dann auf 45 Millionen | |
begrenzt und in späteren Jahren weiter gesenkt. Ab der Saison 2013/14 | |
dürfen Vereine, die in den zwei vorangegangenen Jahren nicht solide | |
gewirtschaftet haben, von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen | |
werden. Derzeit würden zahlreiche Klubs diesen Test nicht bestehen. So auch | |
der FC Chelsea, der kürzlich einen Verlust von rund 80 Millionen Euro für | |
das laufende Geschäftsjahr verkündete und nur einige Tage später für | |
weitere rund 80 Millionen neue Spieler einkaufte. | |
Chelseas heutiger Gegner funktioniert anders. Der FC Kopenhagen ist als | |
Aktiengesellschaft an der Kopenhagener Börse gelistet und läuft, wie ein | |
Unternehmen laufen sollte: mit schwarzen Zahlen. "Wir kaufen keine großen | |
Namen", sagt Anders Hørsholt, so etwas wie der Geschäftsführer des FC | |
Kopenhagen, der hier aber CEO genannt wird. Stattdessen werden Charaktere | |
gesucht, die in ein ausgeklügeltes System passen. Nie dürfe mehr ausgegeben | |
werden, als auch sicher eingenommen wird. "Würden wir nicht gut | |
wirtschaften", weiß Hørsholt, "würde unser Kurs sinken." Um die Volatilität | |
der Vereinsaktie zu minimieren, wurden über die Jahre zusätzliche | |
Unternehmen gekauft, deren Geschäftsentwicklungen mögliche Krisen des | |
Fußballgeschäfts aufwiegen könnten. Aber im Moment ist der Erfolg der | |
Fußballer Motor der Entwicklung des Aktienkurses. | |
1992 wurde der FC Kopenhagen durch eine Fusion zweier Vereine gegründet, | |
seitdem konnten schon acht nationale Meisterschaften gewonnen werden. Vor | |
allem durch das gute Abschneiden der Kopenhagener in Europa in den | |
vergangenen Jahre hat Dänemarks Meister ab der nächsten Saison einen | |
sicheren Startplatz für die Champions League. Den dürfte der FC Kopenhagen | |
besetzen. Mit viel Geld wurde die Konkurrenz abgehängt, in dieser Saison | |
führt der Verein die Liga einsam an. Hørsholt macht kein Geheimnis aus dem | |
primären Ziel des Klubs: "Wir wollen vor allem Geld machen. Dafür müssen | |
wir uns Jahr für Jahr für die Champions League qualifizieren, also müssen | |
wir auch mehr Geld investieren als die anderen dänischen Mannschaften." | |
Trotz der kühl anmutenden Strategie konnte der noch junge Verein sogar zum | |
beliebtesten Verein Dänemarks aufsteigen. Über 11.000 Dauerkarten sind | |
verkauft, zu den Spielen kommen häufig über 20.000 Zuschauer. Hørsholt | |
begründet das Fanaufkommen mit der günstigen Stadionlage im Zentrum der | |
Stadt und den sportlichen Erfolgen. Eine "Marktnische" sei strategisch | |
besetzt worden, erläutert er in betriebswirtschaftlichem Vokabular. | |
Dass viel Geld im Spiel ist, heißt aber nicht, dass Defizite riskiert | |
werden. "Wir wollen nicht die Champions League gewinnen. Die Gruppenphase | |
zu erreichen und Favoriten zu ärgern, reicht uns, auch langfristig." | |
Genügend Geld sei auch dadurch schon zu holen. Wozu nach allem greifen, | |
wenn man damit auch alles verlieren könnte? Das klingt nach einer weisen, | |
im Fußball anscheinend seltenen Einsicht. | |
Troels Troelsen, Associate Professor für Sportökonomie an der Copenhagen | |
Business School, sieht dennoch keinen grundlegenden Unterschied zwischen | |
Chelsea und Kopenhagen. "Das eigentlich Verschiedene ist die | |
Konkurrenzsituation. In England findet ein Wettrüsten statt, das Vereine an | |
den Rand des Ruins treibt für die Chance, in der Champions League sehr hohe | |
Einnahmen zu erspielen." Der FC Kopenhagen sei insofern vor allem durch | |
seine Luxussituation besonders: Kaum Konkurrenz und Sorgen, da der | |
Meistertitel fast sicher ist. Umso wichtiger sei es, meint Troelsen, dass | |
die Financial-Fair-Play-Regeln der Uefa greifen. Denn nur dann könnten | |
Vereine wie Chelsea, Barcelona und andere Topklubs so operieren wie derzeit | |
der FC Kopenhagen. Nicht notgedrungen an der Börse, aber doch mit schwarzen | |
Zahlen. | |
21 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Felix Lill | |
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