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# taz.de -- Berichterstattung über Guttenberg: Der Liebling der Medien
> Die Beliebtheit Karl-Theodor zu Guttenbergs bei großen Teilen der
> Bevölkerung gibt vielen Medien Rätsel auf. Dabei sind gerade sie die
> Ursache des Phänomens.
Bild: Ob die ausländische Presse auch so wohlgefällig schreibt?
Seine Beliebtheit scheint zu siegen. Ungläubig registrieren die Medien in
diesen Tagen, dass große Teile der Bevölkerung nach der Copy-Paste-Affäre
treu zum Doktor a.D. Karl-Theodor zu Guttenberg stehen.
Gerade die Presse aber sollte die Treuherzigkeit der Guttenberg-Fans nicht
verwundern. Mit ihrer Berichterstattung hat sie erst dafür gesorgt, dass
Guttenberg wurde, was er heute ist - Volkes Liebling. Sicherlich hat
Guttenberg den Aufstieg zum Politstar auch seiner Medienkompetenz zu
verdanken. Doch kein Medienstar ohne Medienrummel. Derjenige, der gerade so
empört niedergeschrieben wird, wurde lange Zeit hochgejubelt.
Dieser subjektive Eindruck lässt sich auch objektiv nachweisen.
Inhaltsanalysen der Süddeutschen Zeitung, Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
von Spiegel, Focus, Bild und Zeit zwischen November 2008 und April 2010
zeigen, wie die Presse eifrig half, das Bild des "Minister Perfect" zu
formen. Für seine Darstellung fand Guttenberg in der Presse eine willige
Plattform.
In den untersuchten 18 Monaten erschienen in den genannten Medien fast 600
Artikel über Guttenberg. Das bedeutet, dass sich im Schnitt in jeder
zweiten Ausgabe des Spiegels und der Süddeutschen Zeitung ein Artikel über
den Minister fand. Außerdem kam Guttenberg in je 40 Prozent der Focus- und
Zeit-Ausgaben vor, sowie in einem Drittel der Ausgaben der Frankfurter
Allgemeinen. Und auch die Bild, deren Politikberichterstattung im
Normalfall nur eine Seite umfasst, berichtete in nahezu jeder vierten
Ausgabe über den CSU-Mann.
Von Anfang an thematisierten die Beiträge mehr als nur den Minister. Jeder
zehnte Artikel drehte sich in der Hauptsache um seine Person. Das zweite
Top-Thema nach dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan war Guttenbergs
Karriere. Die hohe Medienpräsenz hat eine schlichte Erklärung: Die Presse
funktioniert nach Regeln der Aufmerksamkeit und die erfüllt Guttenberg
mustergültig. Im drögen politischen Alltagsgeschäft unter oft farblosen
Hinterbänklern fällt der 39-Jährige auf. Klar, dass die Presse dies
thematisiert.
Aber darf sie sich dann wundern, dass die Bürger nun fasziniert sind vom
guten Benehmen, dem Adelstitel und dem smarten Lächeln? In mehr als einem
Viertel der Artikel wurden persönliche Eigenschaften des Politikers
erwähnt. So berichtete der Focus im Februar 2009 stolz, dass Guttenberg
beim Redaktionsbesuch sein meisterhaftes Fingerspitzengefühl am Piano
bewies.
## Häufige Hinweise auf adelige Herkunft
Zudem häuften sich Hinweise auf die adelige Herkunft Guttenbergs: Fast
jeder fünfte Beitrag sprach von dem "Baron", dem "Freiherrn" oder der
Jahrhunderte alten Familiengeschichte. Auch gegelte Haare, vollendet
gebundene Krawatten und Wildlederschuhe fanden Niederschlag in der
Berichterstattung - mehr als jeder zehnte Artikel thematisierte Guttenbergs
Erscheinungsbild.
Grundsätzlich ist Politikberichterstattung eher von einem kritischen Ton
geprägt. Der Tenor gegenüber Guttenberg jedoch war in den ersten 18 Monaten
seiner bundespolitischen Karriere deutlich positiv. Wenn der CSU-Politiker
bewertet wurde, dann in sieben von zehn Fällen zu seinen Gunsten. Am
kritischsten verlief die Bewertung noch in Spiegel und Zeit. Vor dem
Hintergrund der Kunduz-Affäre wären jedoch eindeutigere Werte zu erwarten
gewesen - letztlich schlug auch im Spiegel nur ein Drittel der Artikel
einen negativen Ton an.
Die Süddeutsche hatte einen eher positiven Gesamttenor gegenüber
Guttenberg. Die konservative Frankfurter Allgemeine urteilte, wenn sie dies
denn tat, überwiegend positiv. Einen echten Fanclub scheint der Minister in
der Redaktion des Focus zu haben. Neun von zehn Bewertungen fielen
zugunsten Guttenbergs aus, damit war das Nachrichtenmagazin mit Abstand das
Medium mit der deutlichsten Positiv-Haltung.
Der zweite große Guttenberg-Fan ist, wenig überraschend, die Bild. Die
Kürze ihrer Artikel erlaubt oft keine expliziten Bewertungen, wenn jedoch
ein Urteil über den Minister gefällt wurde, dann weit überwiegend positiv.
Ob das Boulevardblatt den Minister nun beim "streng geheimen" Blitzbesuch
in Afghanistan begleitet oder seine Frau Stephanie im Januar 2010
wohlwollend beobachtet, wie sie "für unsere Soldaten" betet - auf die
Berichterstattung der Springer-Zeitung konnte sich Guttenberg stets
verlassen.
## Presse in der Schmollecke
Selbst während der Kundus-Krise. Obwohl die Bild den Skandal mit einem
Artikel ins Rollen gebracht hatte, veröffentlichte sie in diesem Kontext
nur einen einzigen Beitrag mit einer negativen Beurteilung Guttenbergs. In
der Rückschau lässt sich sagen: Bereits wenige Wochen nach dem Eintritt
Guttenbergs in die Bundespolitik schien die Presse an ihm Gefallen gefunden
zu haben. Guttenberg war den Lesern bald als zentrale Person der Politik
präsent - offensichtlich so sehr, dass die Medien ihm ihre Aufmerksamkeit
einfach nicht mehr entziehen konnten.
Nun, da die Presse die Deutungshoheit über Wohl und Wehe Guttenbergs zu
verlieren droht, schmollt sie. Sie scheint sogar trotzig zu versuchen, doch
noch die einstige Macht über sein Image wiederzuerlangen. Vergebens. Mehr
als 70 Prozent der Deutschen wollen laut einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap nicht, dass Guttenberg
zurücktritt. Von einer Hetzjagd der Medien ist in einigen
Internet-Diskussionen die Rede. Das Phänomen Guttenberg beschreibt damit
den Aufstieg von einem, dessen Popularität in den Medien wurzelt, der aber
mittlerweile weit über sie hinausgewachsen ist.
25 Feb 2011
## AUTOREN
Petra Hemmelmann
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