# taz.de -- Die Guttenberg-Springer-Symbiose: Ein BILD von einem Mann | |
> Alle sind gegen Guttenberg, doch auf eine kann sich der Minister immer | |
> verlassen – die Bild. Wie sich Springers buntes Blatt einen Polit-Popstar | |
> strickte. | |
Bild: Setzt sich immer bestens in Szene: Karl-Theodor zu Guttenberg. Hier "Top-… | |
BERLIN taz | Es ist eine Waffenbrüderschaft mit gegeltem Haar: adelig der | |
eine, mächtig der andere. Niemand hat den rasanten Aufstieg des | |
Karl-Theodor von und zu Guttenberg so nachdrücklich mitbetrieben wie die | |
Bild-Zeitung unter ihrem Chefredakteur Kai Diekmann. Auch der begann seine | |
Karriere bei der Bundeswehr: als Wehrdienstleistender in der Pressestelle. | |
Treu hält das Blatt, bei dem andere aus viel nichtigeren Anlässen als | |
zusammenkopierten Doktorarbeiten zum "Verlierer des Tages" werden, jetzt | |
erst recht am Freiherrn fest: "87 Prozent Ja-Stimmen beim Bild-Entscheid - | |
,Ja wir stehen zu Guttenberg!' ", verkündet die Titelseite das | |
"überwältigende Ergebnis" einer Abstimmung unter 261.223 LeserInnen. | |
Und verschweigt, dass eine andere, schon etwas länger laufende Abstimmung | |
auf seiner Internetseite [1][bild.de] zu einem ganz anderen Ergebnis kommt: | |
Gefragt nach Guttenbergs Stand nach der De-facto-Abschaffung der | |
Wehrpflicht, der "Gorch Fock"-Affäre und dem Dissertations-GAU, fordern | |
hier 55 Prozent der Abstimmenden den Rücktritt des Verteidigungsministers. | |
In der gedruckten Bild steht davon kein Wort. Was nicht passt, wird | |
mitunter passend gemacht. | |
## Was nicht passt, wird passend gemacht. | |
Also schimpft Franz Josef Wagner in seiner "Post"-Kolumne auf die | |
Guttenberg-Kritiker ("Was kann ein Mensch mehr tun, als sich zu | |
entschuldigen?"). Und weil auch das nicht reichen könnte, gibt auch noch | |
der Meinungsvermieter und frühere Deutschlandfunk-Intendant Ernst Elitz dem | |
Verteidigungsminister Schützendeckung: "Die Politik braucht Guttenberg", | |
denn der würde ja von seiner Partei gebraucht, damit "der Freiherr […] die | |
CSU bei der nächsten Wahl in die Nähe der 50-Prozent-Grenze bringt". Und | |
außerdem, so Elitz, müsse Guttenberg schließlich "ein Jahrhundertwerk | |
stemmen - die Bundeswehrreform". | |
Von der profitieren Bild und Bild am Sonntag auch ganz direkt: Weil die | |
Bundeswehr nun ganz anders als bisher für den Dienst an der Waffe werben | |
muss, ist eine große Werbekampagne für den Truppendienst geplant. Sie soll | |
schon nächsten Monat beginnen - und zwar in Bild, Bild am Sonntag und auf | |
[2][bild.de]. Am Mittwoch stellte im Verteidigungsausschuss des Bundestages | |
ein Oberst der Bundeswehr die Idee den verdutzten Parlamentariern vor. "Das | |
war eine dürre Mitteilung", erinnert sich der Sozialdemokrat Hans-Peter | |
Bartels. | |
## Rekruten-Werbekampagne via BILD | |
Nachfragen, warum zunächst nur Bild, Bild am Sonntag und bild.de bedacht | |
werden, beantwortete der Oberst nicht. "Das hat ein Geschmäckle", sagt | |
Bartels der taz. Auch zu den Kosten der Aktion schwiegen sich die Vertreter | |
des Ministeriums aus. Auf Druck der Fachpolitiker will Guttenbergs Haus die | |
Zahlen nachreichen. | |
Fest steht bis jetzt, dass die Kampagne in drei Phasen ablaufen soll. Im | |
März startet die Aktion in Radio- und Fernsehsendern unter dem plakativen | |
Motto "Bundeswehrreform - Deine Chance". Im April beginnt die zweite Phase, | |
und in der kommen die Boulevardmedien vom Springer-Konzern zum Zug: Als | |
einzigen Partnern wurden mit den drei genannten Bild-Organen bisher | |
Verträge geschlossen. Zwar beteuert ein Sprecher des | |
Verteidigungsministeriums gegenüber der taz, dass weitere Printmedien | |
folgen würden. Er sagt aber auch: "Es ist noch nichts fixiert." Sein Fazit: | |
"Wenn man Mannschaftssoldaten werben will, darf man nicht in der Capital | |
werben." | |
Die Entscheidung sei wegen der Reichweite und der Zielgruppe gefallen. | |
Zudem habe das Ministerium sich auf den Rat einer Agentur verlassen – deren | |
Namen der Sprecher jedoch nicht nennen konnte. "Die Medien waren eine | |
Empfehlung", sagte er. | |
## Kundus, Gorch Fock, Feldpost: Kritik blieb aus | |
Den angeschlagenen Minister wird es freuen. Richtige Kritik an Guttenberg | |
gab es in der Bild nie. Wie Feigenblättchen muten die drei Negativurteile | |
an, die das Blatt neben knapp zwei Dutzend positiver Bekenntnisse zur | |
Freiherrn-Umfrage veröffentlicht. Beim Umfaller von Kundus – Guttenberg | |
hatte den unter seinem Vorgänger Franz Josef Jung (CDU) erfolgten | |
Luftangriff gegen einen von Rebellen gekaperten Tanklastzug im September | |
2009 nach seiner Amtsübernahme einen Monat später zuerst als "angemessen" | |
bezeichnet und später gleich mehrere Militärs dafür gefeuert – vollzog Bild | |
brav jede Volte des Ministers mit. | |
Als Guttenberg dann Ende Januar seine laut Bild schon damals "schwerste | |
Bewährungsprobe" zu bestehen hatte und im Verteidigungsausschuss wegen | |
seiner Informationspolitik zu Kundus, des Todesfalls einer Kadettin auf dem | |
Segelschulschiff "Gorch Fock", des ungeklärten Todes eines deutschen | |
Soldaten in Afghanistan und geöffneter Feldpostbriefe dem Parlament schon | |
einmal unter Beschuss stand, schrieb das Blatt in seiner Onlineausgabe: | |
"Der Angriff auf Guttenberg ging ins Leere." | |
Vier Stunden habe der Minister damals den Parlamentariern vor dem Ausschuss | |
"Rede und Antwort" gestanden. "Doch die Opposition konnte ihm kein einziges | |
auch nur halbwegs stichhaltiges Versäumnis oder gar Fehlverhalten | |
nachweisen", triumphierte Bild. Auch heute gilt: Wer gegen Guttenberg ist, | |
macht Kampagne. | |
24 Feb 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://bild.de | |
[2] http://bild.de | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
Gordon Repinski | |
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