# taz.de -- Aufstand gegen Gaddafi-Regime: Tote in Tripolis | |
> Während Regimegegner im Osten des Landes ihre Freiheit feiern, schießen | |
> Gaddafi-Getreuen in Tripolis auf Demonstranten. Und Gaddafi ruft zur | |
> Verteidigung der Nation auf. | |
Bild: Die Särge mit den Opfern des Aufstandes werden von Demonstranten in Beng… | |
TRIPOLIS/WASHINGTON dpa/afp/rtr/dapd | Weite Teile Libyens sind inzwischen | |
nicht mehr unter der Kontrolle des Machthabers Muammar al-Gaddafis. | |
Soldaten und Polizisten in der ostlibyschen Stadt Addschabija erklärten im | |
Fernsehsender al-Dschasira, sie hätten sich den Aufständischen | |
angeschlossen und seien aus den Kasernen ausgezogen. | |
Bei Protesten in Tripolis wurden mindestens zwei Menschen getötet und viele | |
verletzt. Sicherheitskräfte schossen laut Anwohnern in einem westlich | |
gelegenen Vorort auf Demonstranten. Auch im Stadtzentrum der Hauptstadt | |
eröffneten Soldaten das Feuer auf eine Gruppe von etwa 500 Demonstranten. | |
Die Regimegegner riefen: "Es gibt nur einen Gott, und der Märtyrer ist der | |
Liebling Gottes." | |
Gaddafi ist erstmals seit Ausbruch der Unruhen in Libyen vor einer Woche am | |
Freitagabend öffentlich mit Anhängern aufgetreten. "Wir können jeden | |
Angriff abwehren und das Volk bewaffnen, wenn nötig", sagte er am Freitag | |
bei einem vom Fernsehen übertragenen öffentlichen Auftritt auf dem Grünen | |
Platz in Tripolis. Dort hatten sich bislang die Regimegegner versammelt. | |
"Wir werden jeden ausländischen Versuch erfolgreich bekämpfen, wie wir | |
ihnen schon früher Niederlagen beigebracht haben". Gaddafi sprach vor | |
Tausenden Anhängern, die libysche Fahnen und Bilder des Staatschefs | |
schwenkten. Er stand auf einer historischen Mauer und trug augenscheinlich | |
die gleiche Mütze wie schon bei einem Auftritt vor einigen Tagen. | |
Das Bild im Land ist derweil ein geteiltes: Menschen in Ost-Libyen feierten | |
am Freitag die "Befreiung" ihrer Region, während Soldaten nicht nur in | |
Tripolis sondern auch in anderen Städten im Westen des Landes auf | |
Demonstranten schossen. Ausländer, die in der Stadt Misrata festsitzen, | |
sagten am Telefon: "Es gibt große Protestaktionen, und wir hören immer | |
wieder Schüsse." Oppositionelle hatten zuvor Videos von Demonstrationen in | |
den Städten Al-Sawija und Tadschura im Internet veröffentlicht. Wie die | |
Zeitung Kurina berichtete, wurden in der Stadt El Sawijah, westlich von | |
Tripolis, 23 Menschen von den Sicherheitskräften getötet. | |
In Bengasi, wo die von Gaddafi befehligten Truppen nicht mehr präsent sind, | |
versammelten sich Hunderttausende, um gegen das Regime zu demonstrieren. In | |
der Stadt sollen während der Unruhen der vergangenen Tage etwa 500 Menschen | |
getötet worden sein. | |
Die Regierungsgegner brachten unterdessen nach eigenen Angaben zwei | |
wichtige Ölhäfen unter ihre Kontrolle: Breka und Ras Lanuf. Ein Bewohner | |
von Ras Lanuf berichtete am Freitag, die Sicherheitsleute, die den Hafen | |
bewachten, hätten sich der Rebellion angeschlossen und bewachten nun | |
gemeinsam mit den die Anlagen. | |
## Herrscherfamilie: "Leben und sterben" in Libyen | |
Der libysche Vize-Botschafter bei den Vereinten Nationen hat von tausenden | |
Toten bei den Protesten in seinem Land gesprochen. Ibrahim Dabbaschi sagte | |
am Freitag während einer Pressekonferenz in New York, die Zahl der während | |
der Proteste gegen Staatschef Muammar el Gaddafi getöteten Menschen gehe in | |
die tausenden und nicht in die hunderte. Bislang gingen | |
Menschenrechtsorganisationen von mehreren hundert Toten aus. | |
Gaddafis Sohn Saif al Islam sagte, die Herrscherfamilie werde in Libyen | |
"leben und sterben". In einem Interview mit dem Sender CNN Turk sagte er, | |
seine Familie werde in Libyen "leben und sterben". Befragt zu Alternativen | |
angesichts der zunehmenden Protestbewegung sagte er: "Plan A ist es, in | |
Libyen zu leben und zu sterben, Plan B ist es, in Libyen zu leben und zu | |
sterben, Plan C ist es, in Libyen zu leben und zu sterben." Gaddafi werde | |
nicht zulassen, das "eine Bande von Terroristen" an die Macht kommt. | |
Der libysche Generalstaatsanwalt Abdul-Rahman Al-Abbar erklärt im | |
Fernsehsender Al Arabija seinen Rücktritt. Er schließe sich der Opposition | |
an. Auch die libyschen Botschafter in Frankreich und bei der UNESCO traten | |
aus Protest gegen die "Repression" von ihren Ämtern zurück. Sie schlössen | |
sich der Revolution des Volkes an, erklärten Salah Saren und Abdul Salam el | |
Galali. Die Botschaft in Paris war am Donnerstag von Demonstranten besetzt | |
worden. Laut der ägyptischen Nachrichtenagentur Mena trat auch Gaddafis | |
Cous | |
Unterdessen warnte Mustafa Abdel Galil, der Anfang der Woche als libyscher | |
Justizminister zurückgetreten war, im Sender Al-Dschasira, dass Gaddafi | |
über chemische Waffen verfüge und nicht zögern werde, sie einzusetzen. Vor | |
allem dann nicht, wenn die Hauptstadt Tripolis bedroht sei, meinte Galil. | |
"Wir rufen die internationale Gemeinschaft und die UN auf, Gaddafi von der | |
Verfolgung seiner Pläne in Tripolis abzuhalten", sagte er nach einem | |
Treffen mit Stammesführern aus dem Osten Libyens in Al-Badhia. "Wenn er zum | |
Schluss wirklich unter Druck steht, ist er zu allem fähig. Gaddafi wird nur | |
verbrannte Erde hinterlassen." | |
Libyen soll noch über Senfgas-Bestände verfügen. Etwa 10 Tonnen des | |
gefährlichen Kampfstoffes sollen sich in den Arsenalen der Streitkräfte | |
befinden, sagte Peter Caril, Experte für Massenvernichtungswaffen bei der | |
amerikanischen Arms Control Association, dem US-Sender CNN. Das meiste | |
davon werde in einer Anlage südlich von Tripolis vermutet. | |
25 Feb 2011 | |
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