# taz.de -- Kommentar Aufstand in Libyen: Die Stunde der Stämme | |
> Den Osten Libyens wird Gaddafi nicht mehr zurück erobern können. Es gibt | |
> keine Institution, die nach seinem Sturz den Übergang organisieren | |
> könnte. Nur die Stämme. | |
Die Schlinge um Muammar al-Gaddafis Hals wird immer enger. Im Osten des | |
Landes konsolidiert sich die Revolution, die Aufständischen bilden | |
Städtekomitees, um das tägliche Leben zu organisieren, von der | |
Straßensperre bis zur Regelung des Verkehrs und Reinigung der Straßen. Den | |
Osten, wie die Stadt Bengasi und Tobruk, wird das Regime kaum mehr | |
zurückerobern, denn es ist zu sehr damit beschäftigt, um sein Überleben im | |
Westen des Landes zu kämpfen. | |
Mit jedem Meter, den die Demonstranten in den westlichen Städten und vor | |
allem in Tripolis erobern, wird das von Gaddafi an die Wand gemalte | |
Al-Qaida-Gespenst absurder. | |
Es ist einsam geworden um den Mann im alten Auto mit dem grünen | |
Regenschirm. Doch was geschieht nach Gaddafi? Anders als in Tunesien und | |
Ägypten gibt es in Libyen keine funktionierende Armee mehr, die mit ihren | |
Panzern die Lage stabilisieren könnte, um dann eine Übergangszeit zu | |
organisieren, die zu freien Wahlen führt. Die libysche Armee ist entweder | |
diskreditiert, weil sie sich auf die Seite Gaddafi gestellt hat, oder | |
desolat, weil viele Einheiten desertiert oder übergelaufen sind. | |
Es gibt auch keine starke libysche Opposition, die in die Bresche springen | |
könnte. Die einzige funktionierende Institution im Land werden in der | |
Nach-Gaddafi-Zeit die Stämme sein, denen die Aufgabe zukommt, trotz | |
divergierender Interessen das Land zusammenzuhalten und für Sicherheit und | |
Frieden zu sorgen, um am Ende ihre Macht an eine demokratische Regierung | |
abzugeben. So führt der Weg nach vorn zunächst über einen Schritt zurück | |
zur Stammesgesellschaft. | |
Libyen ist nicht nur die bisher blutigste arabische Revolution, es wird | |
aller Voraussicht nach auch die turbulenteste Nach-Diktator-Zeit erleben. | |
24 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Karim Al-Gawhary | |
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