# taz.de -- Einwanderer in Griechenland: Online-Demo für Hungerstreikende | |
> Der Protest von Papierlosen in Athen eskaliert. Viele der | |
> Hungerstreikenden wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Aktivisten legen | |
> Regierungswebsites lahm. | |
Bild: 78 der meist seit Jahren im Land lebenden Arbeitsmigranten wurden nach 36… | |
36 Tage lebten sie von Wasser, Salz und Zucker. Doch die Aktion der rund | |
300 Papierlosen in Athen und Thessaloniki blieb ohne Erfolg. Am Dienstag | |
verschärften sie ihren Protest, seither trinken sie nur noch Wasser. Die | |
meist aus Nordafrika stammenden Einwanderer wollen die Regierung so | |
zwingen, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Bis Mittwoch wurden | |
78 der meist seit Jahren im Land lebenden Arbeitsmigranten in zwei Athener | |
Krankenhäuser eingeliefert. Einige litten an akutem Nierenversagen. | |
Seit Ende Januar campieren sie nahe dem Archäologischen Museum in Athen. | |
Viele von ihnen arbeiten seit langem illegal auf dem Bau oder in der | |
Landwirtschaft. Sie sind erbost, dass die griechische Regierung schon seit | |
2005 den Aufenthalt papierloser Arbeiter legalisieren wollte, sofern diese | |
Steuern zahlen. Doch geschehen sei nichts. | |
"Die Regierung will uns keine Dokumente geben", sagt Elktif Bilaid aus der | |
Westsahara. 2003 kam der heute 45-Jährige nach Kreta, arbeitet dort seither | |
in der Landwirtschaft. Nach seiner Schilderung stellte er mehrfach Anträge | |
auf einen Aufenthaltstitel, der ihm nach griechischem Recht zustehe. Dafür | |
habe er auch hohe Gebühren bezahlt. "Gekriegt habe ich gar nichts. Und so | |
geht es uns allen hier. Wir können uns so nicht versichern, haben keine | |
Rechte." Mittlerweile sei die Lage kritisch: "Immer mehr von uns brechen | |
zusammen und müssen ins Krankenhaus. Aber wir machen weiter, bis die | |
Regierung einlenkt." | |
Die Aktion der Einwanderer schlägt hohe Wellen: Prominente wie Dario Fo, | |
Slavoj Zizek, Ken Loach oder Noam Chomsky sendeten Solidaritätsadressen, | |
eine Verfassungsrechtlerin schlug sich auf ihre Seite. | |
Nachdem die ersten Streikenden Ende Februar ins Krankenhaus kamen, | |
versuchte die Polizei dort ihre Personalien festzustellen. Als | |
Krankenhausmitarbeiter dies verhinderten, nahmen die Polizisten die | |
Personalien von Ärzten und Pflegern auf, es gab wütende Proteste. Als | |
Unterstützer am Dienstag vor dem Parlamentsgebäude in Athen eine | |
Pressekonferenz abhalten wollten, gab es Zusammenstöße mit der Polizei. | |
Ein Regierungssprecher verwies auf eine Äußerung des griechischen Ministers | |
für Bürgerschutz, Christos Papoutsis, der für Einwanderung zuständig ist. | |
Demnach sei es angesichts der Lage der Hungerstreikenden "absolut | |
vernünftig, besorgt zu sein". Doch Griechenland "hat nicht das Recht, | |
Massen illegaler Migranten zu legalisieren. Dies würde gegen europäische | |
Vereinbarungen verstoßen." | |
Am Mittwoch bekamen die Streikenden Unterstützung im Internet. Europaweit | |
riefen antirassistische Netzwerke dazu auf, mit einer Online-Demo die | |
Websites griechischer Behörden lahmzulegen. Auf mehren Servern wurde dazu | |
ein Programm hinterlegt, das immer wieder Bilder von Servern der Polizei | |
und mehrerer Ministerien lud, sodass diese unter der Last der Anfragen | |
zusammenbrachen. | |
Auf ähnliche Weise waren vor kurzem auch die Server von US-amerikanischen | |
Finanzunternehmen blockiert worden, als diese den Zahlungsverkehr an die | |
Enthüllungsplattform Wikileaks unterbrochen hatten. Auch am Mittwoch hatte | |
der Cyber-Protest offenbar Erfolg: "Die Seiten sind wohl effektiv down", | |
urteilt ein Vertreter des Chaos Computer Clubs. | |
Tatsächlich brach etwa die Website der griechischen Polizei am Vormittag | |
Verbindungen ab. Bei der griechischen Botschaft hingegen hieß es, die | |
Aktion sei "bekannt", es funktioniere jedoch alles. | |
2 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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