# taz.de -- Streit um Bundeswehr: Wehrreform wird neu verteidigt | |
> Um das große Reformvorhaben der Bundesregierung beginnen nach Guttenbergs | |
> Rücktritt die Machtkämpfe. Mittendrin: der neue Minister de Maizière. | |
Bild: Der alte Minister, der neue und ein Befehlsempfänger: Amtsübergabe im V… | |
Als neuer Verteidigungsminister, der überraschend ins Amt kam, ist Thomas | |
de Maizière dieser Tage ein gefragter Mann. Besonders gefragt ist der | |
CDU-Minister jedoch dadurch, dass er mit der Bundeswehrreform das | |
wichtigste Projekt der schwarz-gelben Bundesregierung vom CSU-Vorgänger | |
Karl-Theodor zu Guttenberg geerbt hat. Weil die Reform so tiefgreifend ist, | |
gibt es viele Skeptiker - sie wittern jetzt ihre Chance für Korrekturen. | |
Besonders an der Frage des Sparzwangs entzweien sich die Meinungen - dieser | |
hat im Sommer 2010 den Anstoß für die Reform gegeben, in dessen Folge die | |
Wehrpflicht ausgesetzt wurde und die Armee verkleinert werden soll. 8,3 | |
Milliarden Euro sollte de Maizières Vorgänger bis 2015 einsparen. Darin | |
wäre schon ein Jahr Aufschub von Finanzminister Wolfgang Schäuble enthalten | |
gewesen. | |
Gegenüber der taz hat sich der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider nun | |
klar gegen jede Verschiebung der Sparziele ausgesprochen: "Wir haben | |
genügend Probleme in Deutschland - im Vergleich zu Bildung und Forschung | |
ist die Finanzierung der Bundeswehr eher nachrangig", sagte Schneider. Er | |
betonte, die bisher bestehenden Einsparpläne müssten weiter gelten: "Alles | |
andere bedeutet eine höhere Neuverschuldung. Es gibt genügend Reserven." | |
Damit widerspricht Schneider auch seiner Parteikollegin, der | |
Verteidigungsausschussvorsitzenden Susanne Kastner. Diese hatte in der | |
Neuen Osnabrücker Zeitung gefordert, die Bundeswehr bis 2015 von allen | |
Sparvorhaben zu befreien. Wie Schneider mahnte auch die | |
FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff, an den Plänen festzuhalten: "Ich bin | |
der Meinung, dass man bei den Beschaffungsmaßnahmen noch Mittel finden | |
kann", sagte Hoff der taz. Sie betonte, auf eine Bestandsaufnahme de | |
Maizières warten zu wollen und kritisierte dessen Vorgänger: "Guttenberg | |
hat keinerlei Vorschläge zur Einsparung gemacht." | |
Neben der Diskussion um die Einsparungen gibt es nun aber auch | |
grundsätzliche Versuche, das Tempo aus der Reform zu nehmen - wiederum vor | |
allem aus der SPD. Schon am Tag von Guttenbergs Rücktritt hatte Parteichef | |
Sigmar Gabriel vorgeschlagen, das ganze Projekt um ein Jahr zu verschieben. | |
Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck stimmte nun in | |
der SZ in das Lied ein. | |
Pläne, die wiederum der Grünen-Politiker Omid Nouripour für sinnlos hält: | |
"Man kann nicht die Wehrpflicht aussetzen und den Rest anhalten", sagte | |
Nouripour der taz. Besonders Beck griff Nouripour wegen dessen Vorstoß an: | |
"Beck will nur über die eigene Landtagswahl kommen, bevor klar ist, welche | |
Standorte in Rheinland-Pfalz geschlossen werden", sagte er. | |
In dem Chaos der Meinungen kann sich de Maizière immerhin auf die eigenen | |
Leute verlassen. Der Tenor in der Union: de Maizière soll erst einmal in | |
Ruhe machen. | |
Kommende Woche wird die Reform Thema im Verteidigungsausschuss sein, die | |
Finanzfragen werden in den nächsten Wochen im Kabinett verhandelt. Durch | |
den Bundesrat muss die Reform nicht. Ist die Verlangsamung nun Chance oder | |
Risiko für die Reform - und für den neuen Minister de Maizière? | |
"Ein langsames Herangehen muss keine Schande sein", sagt Rainer Prätorius, | |
Verwaltungswissenschaftler an der Bundeswehruniversität Hamburg, "aber das | |
Vorhaben wird schwieriger." | |
7 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
G. Repinski | |
D. Steffan | |
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