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# taz.de -- Wahl in Sachsen-Anhalt: "Die SPD hat Angst vor uns"
> Nirgends sind die Löhne niedriger, nirgends ist die Abwanderung höher als
> in Sachsen-Anhalt. Wulf Gallert, Landeschef der Linken, will das ändern.
Bild: Bart und glatt rasiert geht nicht zusammen – politisch wie modisch.
taz: Herr Gallert, finden Sie es eigentlich schade, dass Sie nicht
Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt werden?
Wulf Gallert: Das können Sie mich möglicherweise in einem Monat fragen. Bis
dahin gehe ich davon aus, dass ich es werde.
Die SPD wird Sie nicht zum Ministerpräsident wählen.
… ja, bisher ist das so. Aber die Situation war 1994 ähnlich, und später
gab es eine SPD-Regierung mit PDS-Tolerierung. Die SPD muss ihren Wählern
erklären, dass sie inhaltlich Ähnliches fordert wie wir und zugleich eine
Koalition mit uns faktisch ausschließt. Diese Erklärung wird ihr nicht
gelingen.
Sie glauben, dass die SPD von ihrem Kurs noch abrückt?
Ich glaube, dass es noch eine interne Debatte in der SPD geben wird, ob man
sich inhaltlich so stark an die CDU bindet und damit Dinge, die sie
eigentlich versprochen hat, nicht umsetzt.
Warum wollen Sie Ministerpräsident werden? Das ist doch eher
Mangelverwaltung.
Natürlich wird es viele Probleme geben, aber wir sind keine Partei, die
kneift, wenn es schwierig wird. Man hat als Ministerpräsident
Gestaltungsmöglichkeiten. Das ist keine todtraurige Aufgabe.
Das Land hat 20 Milliarden Euro Schulden, bei einem Etat von 10 Milliarden
im Jahr. Ist es da nicht mehr oder weniger egal, ob CDU, SPD oder
Linkspartei regieren?
Ausdrücklich nein. Gerade wenn die Mittel knapp sind, muss man die Frage
nach den Prioritäten stellen. Sehen Sie sich nur an, für was in den letzten
Jahren bei uns Geld rausgeschmissen wurde. Für sinnlose
Infrastrukturprojekte, die typische Spaßbadförderung. Das war falsch.
Außerdem ist Sachsen-Anhalt zu dem Niedriglohnland im Osten geworden. Das
wollen wir ändern.
Und das können Sie als Ministerpräsident?
Ja, man kann mit Fördermittellenkung und über die öffentliche
Auftragsvergabe entgegenwirken. Aber auch mit höherem Druck hin zu einer
entsprechenden Tarifpolitik.
Wie wichtig ist Ihnen ein schuldenfreier Haushalt?
Das ist eine Priorität, aber nicht die einzige …
… im Unterschied zur SPD.
Ja, deren Spitzenkandidat Jens Bullerjahn will offenbar nur zuallererst
sparen. Ansonsten sind SPD und Linkspartei programmatisch, etwa bei der
Arbeits- und Bildungspolitik, ähnlich ausgerichtet.
Verstehen Sie eigentlich, warum die SPD Sie nicht zum Ministerpräsidenten
wählen will?
Ich registriere, dass die SPD Angst hat, im Osten von uns marginalisiert zu
werden, sollte sie Koalitionen mit uns eingehen. Ob diese Angst berechtigt
ist, muss sie selbst entscheiden. Ich entschuldige mich nicht dafür, dass
wir bei der letzten Wahl besser waren.
Schließen Sie Stellenabbau im öffentlichen Dienst aus?
Nein, und das steht auch nicht in unserem Wahlprogramm …
Im Entwurf für das Grundsatzprogramm der Linkspartei wird aber genau das
ausgeschlossen.
Eine solche Garantie kann in Sachsen-Anhalt keiner geben. Dafür ist das
Geld zu knapp, wir müssen auf den Rückgang der Bevölkerungszahlen
reagieren. In manchen Bereichen fehlt auch geeigneter Nachwuchs.
Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt haben nur 44 Prozent gewählt
- so wenig wie noch nie bei einer Landtagswahl in der Bundesrepublik. Wie
erklären Sie sich dieses Desinteresse?
Wenn man harte Kriterien anlegt, gibt es keine einzige Volkspartei in
Sachsen-Anhalt. Etwa ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist
Parteimitglied. Die demokratischen Strukturen sind hier nicht so etabliert
wie anderswo. Sinkende Wahlbeteiligung gibt es aber nicht nur hier. Das ist
die Antwort auf die Entpolitisierung der Entscheidungsprozesse. Wenn alles
privatisiert ist, brauchen die Politiker sich nicht zu wundern, dass die
Leute nicht wählen gehen.
9 Mar 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
Paul Wrusch
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