# taz.de -- Anti-Atom-Protest in Neckarwestheim: Zehntausende Menschen in einer… | |
> Während in Japan eine atomare Katastrophe droht, sind in | |
> Baden-Württemberg zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie | |
> forderten den Ausstieg aus der Atomenergie. | |
Bild: Von Neckarwestheim bis Stuttgart: Menschenkette gegen Atomkraft. | |
NECKARWESTHEIM taz/dpa | Nach dem dramatischen atomaren Unfall in Japan | |
nach einem schweren Erdbeben und dem darauf folgenden Tsunami forderten am | |
Samstagnachmittag zehntausende Menschen in Baden-Württemberg den Ausstieg | |
aus der Atomenergie. In einer 45-Kilometer langen Menschenkette vom | |
baden-württembergischen Kraftwerkstandort Neckarwestheim bis in die | |
Landeshauptstadt Stuttgart hatten sich laut einer Zählung der Veranstalter | |
60.000 Atomkraftgegner aus allen Teilen Deutschlands zu einer langen | |
Menschenkette formiert und "Abschalten" gefordert. | |
Mit Bussen aus über 160 deutschen Städten und drei Sonderzügen aus | |
verschiedenen Teilen Deutschlands reisten die Menschen zu der bereits seit | |
Monaten geplanten Demonstration nach Baden-Württemberg, die von einem | |
Bündnis aus zahlreichen Umweltverbänden und Anti-Atom-Organisationen | |
getragen wurde. In dem Bundesland mit zahlreichen Kernkraftwerken steht | |
Ende des Monats die Landtagswahl an. Überschattet wurde die Demonstration | |
dabei von dem Atom-Unfall im japanischen Fukushima. | |
Jochen Stay, Sprecher des Anti-Atom-Bündnisses "ausgestrahlt" sagte: | |
"Selten hat eine Anti-Atom-Demonstration unter solch schwierigen | |
Voraussetzungen stattgefunden. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in | |
Japan und wir alle hoffen, dass die Betriebsmannschaften in den | |
Atomkraftwerken von Fukushima die Lage in den Griff bekommen, bevor noch | |
Schlimmeres passiert." Selten, so Stay weiter, habe aber auch eine | |
Anti-Atom-Demonstration zu einem richtigeren Zeitpunkt stattgefunden. Die | |
Ereignisse in Japan seien der deutliche Beweis, dass selbst in einem | |
Hochtechnologie-Land mit besonderer Sicherheitskultur nicht alle Risiken | |
der Atomenergie beherrscht werden können. | |
Unterstützung erhielten die Atomkraftgegner auch in der Politik: Die | |
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte am Samstag, die Ereignisse in | |
Japan zeigten "wir beherrschen nicht die Natur, sondern die Natur herrscht | |
über uns." SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz forderte: "Wir müssen | |
besser heute als morgen aus der Atomkraft aussteigen." | |
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) warnte unterdessen davor, aufgrund | |
der Ereignisse in Japan auch über die Zukunft der Atomenergie in | |
Deutschland zu diskutieren: "Es ist nicht berechtigt, aus den Ereignissen | |
in Japan Rückschlüsse auf die Nutzung der Kernenergie in Deutschland zu | |
ziehen." | |
Die deutsche Bundesregierung reagierte allerdings sehr wohl auf den | |
Zwischenfall: Für den Samstagabend hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
ein Krisentreffen im Kanzleramt angesetzt, an dem Vizekanzler Guido | |
Westerwelle (FDP), Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und | |
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) teilnehmen sollen. | |
12 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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