# taz.de -- Datenweitergabe an Behörden erlaubt: Twitterleaks | |
> Ein US-Gericht erlaubt die Weitergabe von Daten prominenter Twitter-User | |
> an die Behörden. Im Rahmen einer Anklage gegen Wikileaks-Chef Julian | |
> Assange. | |
Bild: Der öffentliche Teil von Birgitta Jonsdóttirs Twitter-Account. | |
Das US-Justizministerium ist seinem Ziel näher gekommen, auf interne Daten | |
des Internetkommunikationsdienstes Twitter Zugriff zu erhalten. Daten, die | |
man offenbar im Rahmen einer möglichen Anklage gegen WikiLeaks-Chef Julian | |
Assange verwenden möchte. Ein Gericht in Virginia wies am Freitag einen | |
Antrag von Twitter-Usern ab, die sich gegen eine Weitergabe ihrer Daten | |
gewandt hatten. | |
Mitte Dezember letzten Jahres hatte dieses Gericht eine Anordnung | |
("Subpoena") gegen Twitter erlassen, von fünf Benutzern dieses Dienstes die | |
User- und Nick-Names, Telefonnummern, E-Mail- und Wohnsitzadressen, | |
Bankdaten sowie alle Aufzeichnungen über den Zugriff auf diese Accounts bis | |
zurück zum 1. November 2009 herauszugeben. | |
Die fraglichen Accounts gehören Julian Assange, dem als Whistleblower | |
verdächtigen US-Armeeangehörigen Bradley Manning, den beiden | |
Internetsicherheitsexperten und zeitweiligen Wikileaks-Mitarbeitern Jacob | |
Applebaum und Rop Gonggrijp sowie der ehemaligen Wikileakssprecherin und | |
isländischen Parlamentsabgeordneten Birgitta Jónsdóttir. | |
Nur weil Twitter diese Anordnung nicht akzeptierte, erfuhren diese | |
überhaupt von dem eigentlich geheimen Verfahren und konnten sich gegen die | |
"Subpoena" wehren. Applebaum, Gonggrijp und Jónsdóttir begründeten ihre | |
Beschwerde gegen die Anordnung mit ihrem ansonsten verletzten Recht auf | |
Meinungs- und Informationsfreiheit. Die zuständige Richterin verneint dies | |
nun: Das Justizministerium wolle nur den Zugang zu technischen Daten, nicht | |
zum eigentlichen Inhalt der Twitter-Kommunikation haben. Im Übrigen hätten | |
die User durch ihre Teilnahme an diesem Kommunikationsdienst die fraglichen | |
persönlichen Daten freiwillig offenbart und damit einen Verzicht auf diesen | |
Teil ihrer Privatsphäre in Kauf genommen. | |
Die Anwälte der Bürgerrechtsinitiativen Electronic Frontier Foundation und | |
American Civil Liberties Union, von denen sich Applebaum, Gonggrijp und | |
Jónsdóttir vertreten ließen, kritisieren diese Argumentation. Man räume | |
damit der US-Administration prinzipiell das Recht ein, massenweise | |
Informationen über die private Internetkommunikation zu erhalten. Sie | |
kündigten an, Berufung gegen die Entscheidung einlegen zu wollen. "Bleibt | |
das Urteil bestehen, könnten solche Internet-Kommunikationsdienste einen | |
USA-Standort für ihre Zentralen oder Server eigentlich nicht mehr | |
rechtfertigen", meint Jónsdóttir. | |
Bezüglich ihrer Person lehnte das Gericht im Übrigen auch einen möglichen | |
Verstoß gegen ihre parlamentarische Immunität als Althing-Abgeordnete durch | |
das Ermittlungsverfahren Washingtons ab: Die fraglichen Twitterdaten würden | |
ihre Rolle als Parlamentarierin nicht tangieren. Und das Gericht wies auch | |
einen weiteren Antrag der Anwälte ab: Die hatten Auskunft begehrt, ob das | |
Gericht dem Justizministerium Zugriff auf die Daten anderer Internetdienste | |
wie Facebook, Google-Mail oder Skype, gewährt habe. Mögliche "Subpoenas" | |
also, über die deren User überhaupt nicht informiert worden seien. "Die | |
Antragsteller haben kein Recht auf Einsicht in diese vertraulichen | |
Dokumente", teilt das Gericht mit. | |
14 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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