# taz.de -- Fünf Jahre Tweets und Retweets: #HappyBirthday, Twitter! | |
> Fünf Jahre alt ist der Kurznachrichtendienst nun geworden. Verbreiteter | |
> als je zuvor, sucht Twitter nach wie vor nach einem Geschäftsmodell. | |
Bild: "Wal! Da wird er getragen!" - Fünf Jahre Twitter bedeuten auch fünf Jah… | |
Am 21. März 2006 publizierte Jack Dorsey, damals Angestellter bei der | |
Podcasting-Firma Odeo, den ersten Tweet. "Bin gerade dabei, mein Twttr | |
einzurichten", schrieb er damals - in eine eigens entwickelte Software, von | |
der er nach eigenen Aussagen selbst noch nicht so recht wusste, für was sie | |
sich eignen würde. Klar war nur: Die Botschaften waren auf 140 Zeichen | |
beschränkt und sollten sich möglichst einfach verbreiten lassen - nicht nur | |
im Web, sondern auch per Handy. | |
Etwas später wurde aus "Twttr" dann Twitter und die Odeo-Mitbegründer Biz | |
Stone und Evan Williams konzentrierten sich mehr und mehr auf das Projekt, | |
das im Jahr 2007 auf der "SXSW Interactive"-Konferenz seinen Durchbruch | |
feierte. Die Konferenzbesucher erkannten, dass es unterhaltsam sein könnte, | |
ihren Freunden mit wenigen Worten mitzuteilen, was sie gerade taten. Selbst | |
die anfänglichen technischen Schwierigkeiten bei Großereignissen - dann | |
tauchte immer der berühmte "Fail Whale" als Zeichen einer Fehlfunktion auf | |
- konnte die Nutzer nicht mehr vertreiben. | |
Der Rest ist Geschichte: Twitter wurde mehr und mehr zum Mainstream und | |
damit auch zum sozialen Netzwerk, das Facebook und Google das Fürchten | |
lehrte. Kein US-amerikanischer Star, der sich nicht "seinen Twitter" | |
besorgte, um mit Fans zu kommunizieren. Fernsehsender ließen sich per | |
Twitter Neuigkeiten von den Zusehern zukommen und verbreiteten ihrerseits | |
wieder News. | |
Das neue Medium entwickelte sich zum schnellen Medium, um in | |
Krisensituationen andere Menschen zu informieren; es diente | |
Demokratie-Aktivisten in China oder Ägypten dazu, sich zu vernetzen. | |
Mittlerweile werden über eine Milliarde Tweets pro Woche verschickt. | |
Also alles prima im Hause Twitter? Nicht ganz. In letzter Zeit kommt es | |
vermehrt zu Spannungen zwischen dem Kurznachrichtendienst und seiner | |
Umgebung. Zahlreiche Funktionen hat Twitter nur, weil sie von externen | |
Software-Entwicklern oder Nutzern erfunden wurden. Die junge Firma ließ | |
sich immer gerne unter die Arme greifen und schuf deshalb von Anfang an | |
eigene Programmierschnittstellen, die jeder benutzen durfte. | |
Egal ob die berühmten Hashtags (z.B. "#happybirthday"), die Wiederholung | |
von Twitter-Nachrichten (Retweets) oder Antworten an einzelne User | |
(@replies) - all das entwickelte sich in und mit der Community. Um so | |
genervter reagieren langjährige Nutzer nun auf Versuche Twitters, Features | |
einzugemeinden oder Entwicklern vorzuschreiben, was sie zu tun und zu | |
lassen haben. | |
## Twitters neuer Zentralismus | |
Diese Entwicklung begann im letzten Jahr mit dem Ankauf von | |
Client-Programmen wie "Tweetie" (heute Twitter for iPhone), was den Markt | |
für solche Software dezimierte. Sie äußerte sich in Streitigkeiten mit | |
Unternehmen, die eigene Werbemodelle auf Twitter-Basis aufziehen wollten | |
(jüngstes Beispiel: die Firma UberTwitter musste sich in UberMedia | |
umbenennen) und erreichte in den vergangenen Wochen einen vorläufigen | |
Höhepunkt, als Twitter begann, externen Entwicklern deutlich zu machen, | |
dass bestimmte Arten von Programmen künftig nicht mehr gerne gesehen | |
werden. Twitter, so scheint es, will damit auch zeigen, wer die Kontrolle | |
über den Kurznachrichtendienst hat. | |
Die Frage ist nun, wie es mit Twitter weitergeht. Geld, sich | |
weiterzuentwickeln, hat das Unternehmen: 200 Millionen Dollar wurden | |
zuletzt im Dezember von Risikokapitalgebern bereitgestellt, während Banken | |
auch in diesem Jahr weiter investieren wollen. 3,7 Milliarden Dollar soll | |
Twitter mittlerweile wert sein - ein Preis, der auch den aktuell neu | |
entflammten Web-Hype widerspiegelt. Bis 2013, so glaubt Twitter laut | |
internen Dokumenten selbst, könnte dann ein Börsengang anstehen, der alle | |
finanziellen Probleme löst. | |
Bis dahin muss die Firma allerdings erst einmal ein funktionierendes | |
Geschäftsmodell finden. Die Zentralisierung, die derzeit stattfindet, lässt | |
sich daraus erklären: Nutzer sollen möglichst auf Twitters Website oder in | |
den eigenen Client-Programmen ihre Tweets lesen und eingeben, damit die | |
dortige Werbung auch gesehen wird. | |
Wo sich Reklame bei Twitter am besten platzieren lässt, ist allerdings noch | |
nicht ausgemacht. Zuletzt begann das Unternehmen, in der firmeneigenen | |
iPhone-Software eine eigene Einblendeleiste für sogenannte "Trends" | |
einzubauen, in die auch Werbung passen würde. Reihenweise Nutzerbeschwerden | |
waren die Folge. | |
21 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Twitter-Studie übers Glück: Deutsche zwitschern fröhlich | |
Ein australischer Forscher hat mit Hilfe von Twitter eine Weltkarte des | |
Glücks erstellt. Sein Ergebnis zeigt ein unerwartetes Bild der Deutschen. | |
Kurznachrichtendienst im Umbruch: Twitters bester Stratege geht | |
Evan Williams galt in den letzten fünf Jahren als treibende Kraft bei | |
Twitter: Erst als Firmenchef, dann als höchster Produktstratege. Nun | |
verabschiedet sich der Webpionier. | |
Fake-Twitter-Account des Atomforums: "Panikmacher ins Abklingbecken" | |
Bisher verhielt sich das Deutsche Atomforum in der öffentlichen Atomdebatte | |
recht ruhig. Auf einmal verbreitet es über Twitter allerlei schräge | |
Ansichten - scheinbar. | |
Datenweitergabe an Behörden erlaubt: Twitterleaks | |
Ein US-Gericht erlaubt die Weitergabe von Daten prominenter Twitter-User an | |
die Behörden. Im Rahmen einer Anklage gegen Wikileaks-Chef Julian Assange. | |
Studie über Twitter als Nachrichtenmedium: Na, heute schon getwittert?! | |
Soziale Medien wie Twitter oder Facebook werden immer öfter als alternative | |
Nachrichtenquelle gesehen. Dass das nicht so ist, zeigt eine neue Studie. | |
Monetärer Hype um Facebook oder Twitter: Neue Dot-Com-Blase in Sicht | |
Facebook 60 Milliarden wert, Twitter zehn: Im Silicon Valley ist wieder die | |
Zeit der Mega-Bewertungen angebrochen. Ob es zu einer neuen Dot-Com-Blase | |
kommt, ist aber unklar. |