# taz.de -- Skandalschiff Gorch Fock: Die zwei Stimmen der Exekutive | |
> Die Regierung will sich den "Gorch Fock"-Bericht auf einmal nicht mehr zu | |
> eigen machen. "Tumultartige Szenen" im Verteidungsausschuss waren das | |
> Ergebnis. | |
Bild: Hat sein Ministerium noch nicht richtig im Griff: der neue Verteidigungsm… | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung distanziert sich überraschend vom | |
offiziellen Marine-Untersuchungsbericht zur Affäre um das Segelschulschiff | |
"Gorch Fock". Dessen Inhalt, der noch zu Wochenbeginn allenthalben als | |
Entlastung der Schiffsleitung interpretiert worden war, verharmlost | |
offensichtlich die Vorgänge an Bord des Schiffes. Im Verteidigungsausschuss | |
kam es nach Bekanntwerden des Regierungsschwenks zum Eklat. | |
Der Untersuchungsbericht war im Januar vom damaligen Verteidigungsminister | |
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in Auftrag gegeben worden, um Vorwürfe zu | |
untersuchen, auf dem Schulschiff herrschten chaotische Zustände bis hin zu | |
Schikanierungen und sexueller Belästigung. Der 98 Seiten starke Bericht, | |
für den vier Wochen lang 192 Mitglieder der Stammbesatzung und 221 | |
Offiziersanwärter befragt wurden, kommt zu dem Schluss, "dass die erhobenen | |
Vorwürfe sich zum großen Teil als nicht haltbar erwiesen haben". | |
Das zumindest steht in der Zusammenfassung. Im Hauptteil jedoch werden in | |
lapidarer Sprachregelung entwürdigende Rituale verharmlost und schwere | |
Vorwürfe als Seemannsgarn abgetan. Es scheint, als habe das Ministerium die | |
Brisanz des Berichts erst jetzt erkannt. | |
In Vorbereitung auf die Sitzung des Verteidigungsausschusses hatte | |
Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey den Bericht vergangenen | |
Freitagabend an die Fraktionen weitergeleitet. Als der Tagesordnungspunkt | |
"Gorch Fock" am Mittwoch aber an der Reihe war, gab der beamtete | |
Staatssekretär Rüdiger Wolf bekannt, das Ministerium mache sich den Bericht | |
nicht zu eigen. In der Sitzung hätten sich daraufhin "tumultartige Szenen" | |
abgespielt, berichten Teilnehmer. In der Tat ist das ein ungewöhnlicher | |
Vorgang: Ein Staatssekretär gibt den Bericht frei, ein anderer distanziert | |
sich davon - die Exekutive spricht nicht mit einer Stimme. | |
Entsprechend irritiert reagieren die Verteidigungspolitiker. Omid Nouripour | |
(Grüne) sagte der taz: "Entweder die Bundesregierung weiß mehr, als sie | |
zugibt, oder sie ist unkoordiniert". Das Thema müsse sofort "zur Chefsache | |
gemacht werden". Auch Hans-Peter Bartels (SPD) bezeichnet die Vorgänge als | |
"ungewöhnlich". Vermutlich sei dies "der Situation eines Ministeriums im | |
Umbruch geschuldet", sagte Bartels der taz. Gerade zwei Wochen ist der neue | |
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Amt - die "Gorch Fock" | |
dürfte ihn noch etwas beschäftigen. | |
16 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Niklas Wirminghaus | |
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