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# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Alliierte planen Gaddafi-Angriff
> Der UN-Sicherheitsrat hat einen Miliitäreinsatz gegen Gaddafi zugestimmt
> und ein Flugverbot über Libyen verhängt. Nun beginnt die Einsatzplanung.
Bild: Ein Soldat von Gaddafis Truppen nahe der umkämpften Stadt Adschdabija am…
TRIPOLIS/NEW YORK dpa/afp/dapd | Nach der Verabschiedung der Resolution
über eine Flugverbotszone über Libyen im UN-Sicherheitsrat hat hinter den
Kulissen die militärische Einsatzplanung begonnen. Die Maßnahmen zur
Durchsetzung des Flugverbots könnten bereits am kommenden Sonntag oder
Montag beginnen, verlautete aus US-Regierungskreisen nach einer Sitzung im
Kongress.
Um die libysche Luftwaffe auf den Boden zu zwingen, könnten Kampfjets,
Bomber und Aufklärungsflugzeuge eingesetzt werden. US-Außenministerin
Hillary Clinton sagte in Tunesien, bei der Durchsetzung der Flugverbotszone
müssten bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, um Flugzeuge und Piloten zu
schützen. "Das schließt die Bombardierung von Zielen wie der libyschen
Flugabwehr ein", sagte Clinton.
An den militärischen Maßnahmen zur Sperrung des Luftraums könnten sich
Jordanien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen, sagte
eine Gewährsperson in den USA. Das zeige die Unterstützung der Resolution
durch Staaten aus der Region.
Gaddafis Truppen hatten in den vergangenen Tagen erhebliche Geländegewinne
erzielt. Wenige Stunden vor der Abstimmung im Sicherheitsrat hatte sich
Gaddafi entschlossen gezeigt, die Rebellenhochburg Bengasi und die übrigen
Gebiete in der Hand der Aufständischen in Kürze zurückzuerobern. "Er nutzt
dafür seine große militärische Übermacht", sagte der Unterstaatssekretär im
US-Außenministerium, William Burns.
Die Einzelheiten des militärischen Eingreifens waren zunächst unklar. Der
Stabschef der US-Luftwaffe, General Norton Schwartz, erklärte jedoch vor
dem Kongress, die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen könnte rund
eine Woche dauern. "Wir würden zweifelsohne sowohl Einheiten aus Europa als
auch aus den USA benötigen", sagte Schwartz. "Für mich ist es keine Frage,
ob wir es tun können, sondern ob wir sollten und - wenn ja - wie."
## Paris und London wollen schnell Einheiten mobil machen
Der französische Premierminister Francois Fillon hatte zuvor erklärt,
Frankreich könnte militärische Maßnahmen innerhalb von Stunden
unterstützen. Aus Londoner Parlamentskreisen verlautete, britische
Einheiten für Luftangriffe könnten sofort mobilisiert werden.
Nach der Unterrichtung des US-Kongresses äußerten sich die Abgeordneten nur
vage über die nächsten Schritte und den Zeitplan der Streitkräfte. "(Die
Rebellen) müssen noch eine Woche aushalten", sagte der republikanische
Senator Mark Kirk. "So lange könnte die internationale Gemeinschaft
brauchen, um zu reagieren."
Der UN-Sicherheitsrat hat am Donnerstagabend eine Resolution zur
Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen verabschiedet. Für den
Entwurf stimmten in New York zehn Mitglieder des Gremiums, fünf enthielten
sich, darunter Deutschland, Russland und China. Die Resolution ermächtigt
die Mitgliedsstaaten, "alle notwendigen Maßnahmen zu treffen", um die
Zivilbevölkerung in dem nordafrikanischen Land vor den Truppen von
Machthaber Mummar al Gaddafi zu schützen. Eine Bodenoffensive wurde jedoch
ausgeschlossen.
Die UN-Vetomächte China und Russland lehnten die Maßnahme ab. Auch die
nicht-ständigen Mitglieder Deutschland, Indien und Südafrika waren
skeptisch, weil sie nicht in einen militärischen Konflikt hineingezogen
werden wollen. Außenminister Guido Westerwelle erklärte in Berlin, die
Bundesregierung begrüße und unterstütze die in der Resolution enthaltene
"wesentliche Verschärfung" der internationalen Sanktionen gegen die
Regierung von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi. "Aber wir sehen die in
der Resolution ebenfalls vorgesehene Option einer militärischen
Intervention in Libyen weiterhin äußerst skeptisch", erklärte Westerwelle.
"Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken", fügte der Außenminister
hinzu. "Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen.
Deutsche Soldaten werden sich an einem militärischen Einsatz in Libyen
nicht beteiligen."
##
Für den Fall einer Militärintervention gegen sein Land drohte Gaddafi mit
einem Angriff auf den Luft- und Seeverkehr im Mittelmeerraum. "Alle
militärischen und zivilen Luft- und Seefahrzeuge im und über dem Mittelmeer
werden zu Zielen der libyschen Vergeltung", hieß es in einer Erklärung des
Verteidigungsministeriums in Tripolis. Zugleich kündigte Gaddafi den
Aufständischen überraschend eine Feuerpause an.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag werde man "alle Militäroperationen
gegen die bewaffneten terroristischen Banden einstellen". Die Feuerpause
solle um Mitternacht beginnen. Damit solle allen Libyern, die von einer
Generalamnestie profitieren wollten, die Gelegenheit gegeben werden, die
Waffen abzugeben.
## Flughafen Bengasi bombardiert
Die Bombardierung des Flughafens von Bengasi, zehn Kilometer östlich der
Stadt, richtete zunächst keine Schäden an, sagte ein Oppositionssprecher
dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. "Es schien uns wie eine
Warnung, wie eine Herausforderung der internationalen Gemeinschaft." Auch
andere Ziele in der Umgebung der Stadt wurden aus der Luft angegriffen. Das
Rote Kreuz verlegte seine internationalen Mitarbeiter aus
Sicherheitsgründen in die 450 Kilometer entfernte Stadt Tobruk nahe der
ägyptischen Grenze.
In verlustreichen Kämpfen gelang es den Aufständischen, ihre Positionen bei
Adschdabija und in der von Regimetruppen eingeschlossenen Stadt Misurata zu
behaupten. Mit Artilleriefeuer setzten Gaddafis Truppen die 210 Kilometer
östlich von Tripolis gelegene Stadt unter Druck. Dabei seien 18 Menschen
getötet worden, sagte ein Kämpfer der Regimegegner dem Nachrichtensender
Al-Arabija.
Die Stadt Adschdabija, 160 Kilometer südlich von Bengasi, griffen
Gaddafi-Truppen mit Geschützen und Panzern an. Ein Augenzeuge berichtete in
Al-Arabija, er habe nach den heftigen Luftangriffen vom Vortag im
Krankenhaus der Stadt die Leichen von 30 Zivilisten - Frauen, Kindern und
alten Leuten - gesehen.
Das libysche Staatsfernsehen zeigte in der Nacht zum Donnerstag Bilder von
der angeblichen Einnahme der Stadt durch die Regimetruppen. Die in
Siegerpose aufmarschierenden Pro-Gaddafi-Soldaten hätten sich aber in
Wirklichkeit am westlichen Eingang der Stadt befunden, berichtete der
Nachrichtensender Al-Dschasira. Auf den Bildern war kein städtisches Umfeld
zu erkennen.
## Libyens Vizebotschafter warnt vor Völkermord
Ohne ein sofortiges Flugverbot droht nach den Worten von Libyens
Vizebotschafter Ibrahim Dabbashi ein Völkermord. "Gaddafi hat den Verstand
verloren. Er greift mit Kampfflugzeugen Zivilisten in dichtbewohnten
Städten an", sagte er in New York. Dabbashi hatte sich vor einem Monat von
Gaddafi losgesagt. "Wenn die Weltgemeinschaft nicht sofort handelt, dann
wird es einen furchtbaren Völkermord geben."
17 Mar 2011
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