# taz.de -- Havariertes AKW in Japan: "Wir haben einige Probleme" | |
> Jeden Tag tritt ein Sprecher der Atomsicherheitsbehörde vor die Kameras | |
> und liest ein Protokoll zur Lage im AKW Fukushima vor. Das Problem: Sein | |
> Bericht klingt jeden Tag gleich. | |
Bild: Kurze Unterbrechung der Routine: Hidehiko Nishiyama (re) muss sich berate… | |
BERLIN/TOKIO dpa | Die Arbeiten zur Bewältigung der Krise im Atomkraftwerk | |
Fukushima sind in der zweiten Woche nach Erdbeben und Tsunami kaum | |
vorangekommen. Dies geht aus den täglichen Lagebeschreibungen der | |
Atomsicherheitsbehörde (NISA) hervor. Zwar wurde die Stromversorgung der | |
Reaktorblöcke wiederhergestellt, die Verkabelung der Reaktortechnik aber | |
gestaltet sich schwierig - und für die Techniker lebensgefährlich. | |
"Wir haben einige Probleme mit dem Strahlenschutz", sagte NISA-Sprecher | |
Hidehiko Nishiyama am Freitag - und wich damit vom üblichen Protokollstil | |
seines Vortrags ab. Er unterbrach sogar seinen Vortrag für kurze Zeit, um | |
sich mit einem Mitarbeiter zu beraten. Anschließend brachte er fein | |
dosierte Kritik an der Betreibergesellschaft Tepco zum Ausdruck: Die | |
Leitung der Atomsicherheitsbehörde habe Kontakt zu dem Unternehmen | |
aufgenommen, um es zu wirksameren Maßnahmen für den Strahlenschutz | |
aufzufordern. | |
Anlass war die Verstrahlung von drei Arbeitern im Turbinengebäude von Block | |
3, die in Wasser standen, das nach Angaben von Tepco eine Radioaktivität | |
von 3,9 Millionen Becquerel pro Kubikzentimeter hatte - 10.000 Mal so viel | |
wie üblich bei Wasser im Turbinengebäude des Siedewasserreaktors. Nishiyama | |
musste einräumen, dass die Ursache ein Defekt von Kernbrennstäben sein | |
könnte - sei es im Reaktorbehälter oder im Abklingbecken für abgebrannte | |
Kernbrennstäbe. | |
Die spärlichen Informationen zu diesem Vorfall unterbrechen die Routine des | |
Sprechers, dessen Pressekonferenzen vom japanischen Fernsehen live | |
übertragen werden. In seiner blau-weißen Jacke spult Nishiyama den | |
Zustandsbericht für die einzelnen Reaktorblöcke ohne sichtbare Regung ab: | |
"Im Becken für abgebrannte Kernbrennstäbe von Einheit 1 ist die Restwärme | |
niedrig. Das Problem ist hier ziemlich begrenzt. Morgen oder danach werden | |
wir dort Meerwasser einleiten. | |
Falls möglich, möchten wir dann von Meerwasser zu Süßwasser übergehen. Dazu | |
muss die Integrität des Kühlsystems überprüft werden." Seit Montag ändern | |
sich nur Details im Bericht des Sprechers. Mal läuft der eine Reaktorblock | |
heißer, dann wieder ein anderer. Dann werden große Mengen Meerwasser in die | |
teilweise zerstörten Reaktorblöcke gesprüht. Derweil zeigen Aufnahmen des | |
Fernsehsenders NHK, wie aus den ersten vier Reaktoren immer wieder weißer | |
Dampf aufsteigt, gelegentlich auch schwarzer Rauch. | |
Seit der Bereitstellung der Stromversorgung für alle sechs Reaktorblöcke am | |
vergangenen Dienstag sind weitere Fortschritte ausgeblieben. In den | |
Kontrollräumen von Block 1 und Block 3 konnte zwar die Beleuchtung | |
instandgesetzt werden - das wird nun auch für Block 2 angestrebt. Was die | |
Techniker in dem wieder erhellten Raum sehen, stimmt aber nicht zu | |
optimistisch, wie es Regierungssprecher Yukio Edano am Donnerstag | |
formulierte. In keinem Fall ist es bislang gelungen, das Pumpsystem für die | |
Hauptkühlleitung zum Reaktorkern wieder in Gang zu bringen. | |
Anders als von manchen vorhergesagt, schafften es die Einsatzkräfte in den | |
vergangenen Tagen, Explosionen wie noch in der ersten Woche nach dem | |
Erdbeben vom 11. März ebenso zu vermeiden wie den Super-GAU. Am Samstag | |
geht die Krise in Fukushima in die dritte Woche. | |
25 Mar 2011 | |
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