# taz.de -- Intervention Libyen: Angebote für Gaddafi | |
> Die Außenminister von 40 Staaten beraten über die Lage in Libyen. Der | |
> Vormarsch der libyschen Rebellen ist unterdesen trotz militärischer Hilfe | |
> aus der Luft ins Stocken geraten. | |
Bild: Sie wollen den Libyen-Einsatz so schnell wie möglich hinter sich bringen… | |
WASHINGTON/LONDON/TRIPOLIS dpa/afp/dpapd | Zu einer Konferenz über die | |
Zukunft Libyens haben sich am Dienstag Außenminister und weitere Politiker | |
aus rund 40 Staaten in London versammelt. Nach Angaben des italienischen | |
Außenministers Franco Frattini wollten mehrere Staaten einen gemeinsamen | |
Plan zur raschen Beendigung des Konflikts vorlegen. Darin enthalten seien | |
Vorschläge für eine Waffenruhe, der Gang ins Exil von Machthaber Muammar al | |
Gaddafi und ein Rahmen für Gespräche über die Zukunft des Landes zwischen | |
Stammesführern und Oppositionspolitikern. | |
Nach Angaben eines US-Diplomaten wurde von der Konferenz unter anderem die | |
Bildung einer Kontaktgruppe erwartet, die bei der Umsetzung der | |
UN-Sanktionen und anderen politischen Ansätzen die Führung übernehmen soll. | |
Großbritannien und die USA signalisierten vor Beginn der Gespräche die | |
Bereitschaft, einen Plan zu akzeptieren, wonach Gaddafi Libyen rasch | |
verlassen und dafür einem Kriegsverbrechertribunal entgehen könnte. | |
Frattini sagte am Montag, einige afrikanische Staaten könnten den | |
Machthaber aufnehmen. "Ich hoffe, dass die Afrikanische Union einen | |
machbaren Vorschlag bringt", sagte Frattini. | |
Erwartet wurden neben anderen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, | |
US-Außenministerin Hillary Clinton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, | |
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der Vorsitzende der | |
Afrikanischen Union (AU), Jean Ping, sowie Vertreter aus Katar, Marokko, | |
den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien und dem Irak. | |
Der Gastgeber, der britische Außenminister William Hague, sagte, es liege | |
an Gaddafi und am libyschen Volk, über das Schicksal des Machthabers zu | |
entscheiden. "Darüber haben wir nicht unbedingt die Kontrolle", sagte Hague | |
dem Sender BBC. | |
## Merkel berät mit Obama, Sarkozy und Cameron | |
Hague und Clinton trafen unterdessen mit dem Gesandten der libyschen | |
Opposition Mahmud Dschibril zusammen. Dieser hielt sich in London auf, | |
wollte aber an der Konferenz nicht teilnehmen. Besprochen worden sei die | |
aktuelle politische und humanitäre Lage in Libyen, sagte Hague. Die | |
Beteiligten seien sich einig darin, dass der Schutz von Zivilpersonen | |
absoluten Vorrang habe. | |
Vor Beginn der Konferenz forderten Großbritannien und Frankreich die | |
Anhänger des libyschen Machthabers am Montag auf, sich von Gaddafi | |
loszusagen. "Wir rufen seine Gefolgsleute auf, ihn zu verlassen, bevor es | |
zu spät ist", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Premierminister | |
David Cameron und Staatspräsident Nicolas Sarkozy. | |
Die Regierungschefs forderten Gaddafi erneut zum Rücktritt auf und | |
erklärten, der oppositionelle Nationalrat solle gemeinsam mit weiteren | |
Vertretern der Zivilgesellschaft einen Übergangsprozess zur Demokratie | |
anstoßen. "Wir ermutigen sie, einen nationalen Dialog zu beginnen, der zu | |
einem Prozess des Übergangs, Verfassungsreformen sowie freien und fairen | |
Wahlen führt", hieß es in der Erklärung weiter. | |
In einer Videokonferenz berieten sich Cameron und Sarkozy am Vorabend der | |
Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama. | |
Auch Möglichkeiten, neu entstehende demokratische Kräfte in Libyen | |
politisch zu unterstützen, seien diskutiert worden, erklärte | |
Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. | |
US-Präsident Obama hatte zuvor in einer Rede [1][den Einsatz in Libyen | |
verteidigt]. | |
Der stellvertretende libysche Außenminister Chaled Kaim erklärte bei einer | |
Pressekonferenz in Tripolis, ausländische Politiker hätten kein Recht, dem | |
Land ein neues politisches System aufzuerlegen. Libyen sei ein | |
unabhängiges, souveränes Land, sagte Kaim. Er rief die Teilnehmer der | |
Londoner Konferenz auf, sich auf ein Friedensabkommen für Libyen zu | |
einigen. | |
## Nato übernimmt das Kommando am Donnerstag | |
Die Nato übernimmt das Kommando über den gesamten Libyen-Einsatz am | |
Donnerstagmorgen. Das sagte ein Nato-Diplomat am Dienstag der | |
Nachrichtenagentur AFP. Demnach sollte das Militärbündnis das Kommando über | |
die gesamten internationalen Operationen in Libyen inklusive der | |
Luftangriffe zum Schutz von Zivilisten ursprünglich bereits am Mittwoch | |
übernehmen. | |
Um einen sauberen Ablauf zu gewährleisten, sei die Übergabe des gesamten | |
Kommandos vom US-Militär jedoch um 24 Stunden verschoben worden. Die Nato | |
befehligt bereits eine Seeblockade gegen Libyen sowie die Durchsetzung | |
einer Flugverbotszone. | |
## Panzer in allen Teilen Sirtes stationiert | |
Der Vormarsch der libyschen Rebellen ist trotz militärischer Hilfe aus der | |
Luft ins Stocken geraten. Nach Einnahme aller strategisch wichtigen | |
Öl-Häfen im Osten stießen die Aufständischen am Montag vor der Stadt Sirte | |
auf Widerstand der Regierungstruppen. Sirte ist die Heimatstadt von Gaddafi | |
und liegt auf halbem Weg zwischen der Rebellenhochburg Bengasi und der | |
Hauptstadt Tripolis. | |
Ohne Luftangriffe der internationalen Allianz dürfte die Stadt nur schwer | |
zu erobern sein. Das Gaddafi-Regime verstärkt nach Angaben des US-Militärs | |
seine Stellungen in Sirte, der Heimatstadt des libyschen Machthabers - | |
offensichtlich, um sich gegen einen möglichen Rebellen-Angriff zu wappnen. | |
Es würden Kontrollpunkte errichtet und Panzer in allen Teilen der Stadt | |
stationiert, schilderte US-Vizeadmiral William Gortney vom Pentagon am | |
Montag. | |
Ähnliche Maßnahmen seien auch in anderen Gebieten ergriffen worden, und es | |
gebe weiter schwere Kämpfe in der Schlüsselstadt Misurata. "Wir glauben, | |
dass sich das Regime in Sirte eingraben will", sagte der Amerikaner. | |
Gortney äußerte sich zugleich vorsichtig über die von den Rebellen | |
erzielten Fortschritte und Fähigkeiten im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen. | |
"Ganz klar ist die Opposition nicht gut organisiert, sie ist keine sehr | |
robuste Organisation", so der Vizeadmiral. "Das ist offensichtlich. Auf | |
dieser Basis steht jeder Gewinn auf schwachen Füßen." | |
29 Mar 2011 | |
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