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# taz.de -- Kommentar Intervention in Libyen: Das Dilemma der Schutzverantwortu…
> Die Ziele der UN-Resolution zu Libyen werden nicht erreicht, wie man
> sieht. Das darin enthaltene Prinzip der Schutzverantwortung ist noch
> nicht definiert.
Zehn Tage nach Beginn der Luftangriffe auf Gaddafis Militär in Libyen ist
klar, dass beide Ziele nicht erreicht werden, die hinter der UN-Resolution
1973 steckten - weder das formulierte, die Zivilbevölkerung vor den
Angriffen Gaddafis zu schützen, noch das unausgesprochene, den
Aufständischen zum Sieg über den Diktator zu verhelfen. Prompt kommt ein
neuer Vorschlag auf, nämlich die Rebellen direkt mit Waffen zu
unterstützen.
US-Außenministerin Hillary Clinton ist der Ansicht, dies sei durch die
Resolution gedeckt. Damit steht sie ziemlich allein da: Selbst die so
aggressiv auftretende französische Regierung ist der Meinung, dazu bedürfe
es einer neuen UN-Resolution - deren Zustandekommen mehr als zweifelhaft
ist.
Etwas ratlos merkt die internationale Staatengemeinschaft, dass sie kaum in
der Lage ist, eine gute Lösung für Libyen herbeizuführen. Dies hätte
derzeit nur Gaddafi selbst in der Hand: wenn er Platz machen würde für
ergebnisoffene Verhandlungen aller Teile der libyschen Gesellschaft über
die Zukunft des Landes. Nur: Nichts spricht dafür, dass dies geschehen
könnte.
Völkerrechtlich steht die Frage im Raum, wie interpretationsfähig das der
Resolution 1973 zugrunde liegende Prinzip der "Schutzverantwortung"
(responsibility to protect) ist oder sein darf. Nie zuvor hatte der
Sicherheitsrat so weitreichende Maßnahmen gegen ein Land unter Berufung auf
dieses Prinzip beschlossen, dessen Gültigkeit als völkerrechtlich
verbindliche Rechtsnorm noch umstritten ist. So wünschenswert eine
Weiterentwicklung hier ist, um Völkermorde zu verhindern, so schwierig wird
es jedoch, wenn es dazu dienen soll, eine Partei in einem Bürgerkrieg
auszurüsten.
Man kann argumentieren, dass Verbrechen gegen Zivilisten in Libyen nur
aufhören, wenn Gaddafis Regierung weg ist. Sie hat gegen alle Resolutionen
des Sicherheitsrats verstoßen, bevor das Gremium willige Staaten zu
militärischen Maßnahmen ermächtigte. Mit der Bewaffnung der Rebellen würde
sich die internationale Gemeinschaft allerdings die Position zu eigen
machen, dass keine politische Lösung, sondern nur ein Sieg im Bürgerkrieg
Veränderungen in Libyen herbeiführen kann. Das bedeutet, der eigentlich zu
schützenden Bevölkerung einen hohen Blutzoll abzuverlangen.
Ärgerlich an der verfahrenen Lage ist, dass sich der Westen selbst in sie
hineinmanövriert hat: Nicht mit der Resolution 1973, sondern in den vielen
Jahren vorher, als Gaddafi ein willkommener Geschäftspartner, auch für
Waffenlieferanten, und Vollstrecker der Schmutzarbeit der europäischen
Flüchtlingspolitik war. Die Schutzverantwortung gegen Diktatoren: sie
sollte nicht erst beginnen, wenn diese sich gegen ihren Sturz wehren.
30 Mar 2011
## AUTOREN
Bernd Pickert
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