# taz.de -- Proteste in Syrien und Jemen: Neun Tote und zahlreiche Verletzte | |
> Sicherheitskräfte in Syrien schossen auf die Demonstranten. Eine | |
> Journalistin wurde des Landes verwiesen. Auch im Jemen gingen nach dem | |
> Freitagsgebet wieder Hunderttausende auf die Straße. | |
Bild: Seit Wochen gehen die Menschen in Jemens Hauptstadt Sanaa auf die Straße. | |
DAMASKUS/SANAA dapd/dpa | Nach den Freitagsgebeten sind sowohl in Syrien | |
als auch im Jemen wieder hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen. | |
In Syrien haben Sicherheitskräfte am Freitag nach Angaben von | |
Oppositionellen mindestens neun Menschen getötet. Im Jemen kam es zur | |
größten Demonstration der vergangenen Wochen. | |
Fünf Menschen sollen außerhalb der Ortschaft Al-Sanamien südlich der | |
Hauptstadt Damaskus erschossen worden sein. Vier Demonstranten seien in | |
Duma ums Leben gekommen, sagte ein Augenzeuge dem Nachrichtensender | |
Al-Arabija. Er sagte, er habe auch zahlreiche Verletzte gesehen. | |
Nach dem Freitagsgebet in der Moschee gingen wieder Tausende auf die | |
Straße, um bürgerliche Freiheiten und die Achtung der Menschenrechte | |
einzufordern. Die Demonstrationen in der Hauptstadt Damaskus, in Deir | |
al-Sor, Homs, Kamischli, Amuda, Latakia und Daraa wurden von einem massiven | |
Polizeiaufgebot begleitet. | |
## Tränengas in Deraa | |
Nach Angaben von Oppositionellen lies die Polizei die Demonstranten in | |
einigen Städten gewähren. In einigen Ortschaften sei es jedoch zu | |
Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften und mit regierungsnahen | |
Schlägertrupps gekommen, hieß es. Gewalt wurde unter anderem aus einem Dorf | |
in der Nähe der Stadt Homs gemeldet. Dort sollen Regimegegner in einer | |
Moschee den Prediger von der Kanzel geholt haben, weil dieser in seiner | |
Predigt Präsident Baschar al-Assad gelobt hatte. Aus Deraa berichteten | |
Augenzeugen, die Polizei habe Demonstranten mit Tränengas | |
auseinandergetrieben. | |
Die Demonstranten riefen "Gott, Syrien, Freiheit und sonst nichts" und "Mit | |
unserer Seele und unserem Blut opfern wir uns für die, oh Daraa". In der | |
Stadt Daraa hatte es in den vergangenen Wochen bei Ausschreitungen die | |
meisten Todesopfer gegeben. | |
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete unterdessen, Präsident | |
Baschar al-Assad habe angeordnet, dass ein von ihm beauftragtes Komitee bis | |
zum 25. April einen Vorschlag für die Aufhebung des Ausnahmezustandes | |
machen solle. Bis zum 15. April solle eine Gruppe von Juristen eine Lösung | |
für "das Problem der Einwohnerstatistik der Provinz Hasaka im Jahr 1962" | |
vorschlagen. Damals war rund 120.000 syrischen Kurden die | |
Staatsbürgerschaft entzogen worden, mit der Begründung sie seien aus der | |
Türkei illegal nach Syrien eingewandert. Diese Kurden und ihre Nachkommen | |
sind seither staatenlos. | |
Assad hatte am Mittwoch eine Rede vor dem Parlament gehalten, die [1][von | |
der Opposition mit Entsetzen aufgenommen] worden war, weil er weder die | |
Verantwortung für die Gewalt gegen Demonstranten übernahm noch | |
demokratische Reformen ankündigte. | |
Menschenrechtsgruppen schätzen, dass seit Beginn der Proteste vor | |
zweieinhalb Wochen mehr als 100 Menschen getötet worden. | |
Journalisten durften am Freitag nicht über die Proteste berichten. Die | |
syrischen Behörden verwiesen Sirin Payzin, eine Journalistin des türkischen | |
TV-Senders CNN Türk, des Landes. Das berichtete der Sender am Freitag. | |
Anderen ausländischen Journalisten wurde gesagt, sie dürften Damaskus nicht | |
verlassen. | |
## Hunderttausende demonstrieren im Jemen | |
Im Jemen sind am Freitag erneut Hunderttausende Menschen in mehreren | |
Städten gegen die Regierung von Präsident Ali Abdullah Saleh auf die Straße | |
gegangen. Es waren vermutlich die größten Proteste innerhalb der | |
vergangenen Wochen. Die Opposition wollte eine Million Menschen für ihre | |
Forderung nach einem Ende der 32-jährigen Herrschaft Salehs mobilisieren. | |
In der Hauptstadt Sanaa schlossen trotz des für die Muslime so bedeutenden | |
Freitagsgebets mehrere Moscheen, da sich Prediger und Gläubige auf den Weg | |
zu einem Platz vor der Universität gemacht hatten, um an den Protesten | |
teilzunehmen. Demonstranten errichteten Zelte und hängten Poster junger | |
Männer auf, die während der Proteste von Sicherheitskräften erschossen | |
worden waren. | |
Derweil versammelten sich rund 10.000 Regierungsanhänger zu einer | |
Parallel-Demonstration auf einem Platz vor dem Präsidentenpalast, wo Saleh | |
eine kurze Rede an sie richtete. "Mit meinem Blut und meiner Seele errette | |
ich euch", erklärte er. | |
## Soldaten schützen Demonstranten vor Regierungsanhängern | |
Landesweit kam es in mindestens 14 Provinzen zu Demonstrationen gegen den | |
Präsidenten. In den Provinzen Aden, Taas und Hadramut seien Hunderttausende | |
auf die Straße gegangen, berichteten Zeugen. | |
In Sanaa wurden die Demonstrationen auch von Soldaten unterstützt, die ein | |
halbes Dutzend Kontrollpunkte rund um den zentralen Platz errichteten, um | |
Anhänger des Präsidenten daran zu hindern, dorthin vorzudringen. Die | |
Demonstranten werfen Saleh Misswirtschaft, Unterdrückung und Gewalt gegen | |
Demonstranten vor. | |
1 Apr 2011 | |
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