# taz.de -- Wahl zur Nationalversammlung in Nigeria: Vergebliches Warten | |
> Die Wahl zur Nationalversammlung wird um zwei Tage verschoben. Offiziell | |
> heißt es, die nötigen Unterlagen sind nicht überall ausgeliefert worden. | |
> Erste Zweifel tauchen auf. | |
Bild: So steht's geschrieben: Eine Zeitung berichtet über die verschobene Wahl. | |
ABUJA taz | Benjamin Odo lebt am Rande von Abuja, in einem Viertel, in dem | |
nichts von Glanz und Modernität der nigerianischen Hauptstadt zu spüren | |
ist. Trotzdem hat der 52-Jährige die Hoffnung nicht aufgegeben. Er wünscht | |
sich frischen Wind in der Politik und ist deshalb am Samstagmorgen | |
pünktlich zur Wahlstation gekommen. "Seit acht Uhr bin ich hier", sagt er | |
und reckt stolz seine Wählerkarte und den Daumen mit den Tintenresten in | |
die Luft. Als Wähler registriert ist er bereits. Jetzt wartet er darauf, | |
dass er seinen Stimmzettel bekommt und diesen dann in die Urne werfen kann. | |
Doch wie viele der insgesamt 73 Millionen Wahlberechtigten wartet Benjamin | |
Odo vergeblich. Zuerst ist es nur eine Spekulation, die ab Mittag durch | |
viele Wahlstationen geistert: Verschiebung der Wahlen - zumindest in | |
einigen der 36 Bundesstaaten. Gewissheit bringt eine halbe Stunde später | |
die Pressekonferenz von Attahiru Jega, dem Vorsitzenden der Wahlkommission | |
INEC (Independent National Electoral Commission). | |
In weiten Teilen des Landes seien die Ergebnislisten, in denen auch die | |
Anzahl der Wähler eingetragen werden muss, nicht ausgeliefert worden. Und | |
dann verkündet Jega das, womit kein Nigerianer gerechnet hat: "Wir verlegen | |
die Wahlen zur Nationalversammlung auf Montag, den 4. April." | |
Dabei hätten die Unterlagen schon am Donnerstagmorgen in Nigeria landen | |
sollen. Doch mitnichten. Es hätte - so die offizielle Version - massive | |
Probleme mit der Lieferung gegeben: Die Papiere sollten über Japan | |
eingeflogen werden. Für Jega ist die Absage nun die letzte Reißleine. Denn | |
mit den fehlenden Listen können keine freien, fairen und glaubwürdigen | |
Wahlen garantiert werden. | |
Die Enttäuschung ist groß und die Gerüchteküche kocht. Fehlen nur | |
Unterlagen? Oder ist es ein politisches Komplott? "Professor Jega war in | |
seiner Ansprache sehr moderat und hat nicht gesagt, dass einige Leute ihn | |
sabotieren wollen", sagt Lawal Shuaibu, Nationalsekretär des Action | |
Congress of Nigeria (ACN), einer der führenden Regierungsparteien. | |
Besonders ärgert sich seine Partei über den Termin am Montag. Shuaibu | |
befürchtet, dass viele der ausgeteilten Stimmzettel nicht zurückgegeben | |
werden und trotzdem in der Urne landen - mit Stimmen für die | |
Regierungspartei Peoples Democratic Party (PDP). Sein Vorschlag ist, die | |
Nationalversammlung mit dem Präsidenten am 9. April wählen zu lassen. | |
"Damit könnte INEC die Wahlen richtig vorbereiten und die Menschen würden | |
viel Zeit sparen." Durchgesetzt hat er sich nicht. | |
3 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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