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# taz.de -- FDP berät über neuen Chef: Westerwelle gibt Vizekanzler-Posten ab
> Wer folgt auf Guido Westerwelle als FDP-Chef? Kandidaten will die FDP
> erst am Dienstag präsentieren. Westerwelle kündigte an, auch zur Aufgabe
> seines Amtes als Vize-Kanzler bereit zu sein.
Bild: Christian Lindner (l.) oder Philipp Rösler? Der Generalsekretär und der…
BERLIN dpa/rtr/dapd | Der scheidende FDP-Vorsitzende und Außenminister
Guido Westerwelle ist auch zur Abgabe seines Amtes als Vize-Kanzler bereit.
Dies kündigte Westerwelle bei einer Präsidiumssitzung der FDP für den Fall
an, dass sein Nachfolger Kabinettsmitglied ist. Für den Parteichef-Posten
ist vor allem Gesundheitsminister Philipp Rösler im Gespräch.
Als weitere Konsequenz aus der Abgabe des Parteivorsitzes sagte
Westerwelle, dass er auch nicht mehr als Spitzenkandidat für die FDP bei
der nächsten Bundestagswahl zur Verfügung stehen werde. Westerwelle hatte
am Sonntag angekündigt, beim Parteitag Mitte Mai in Rostock [1][nicht
erneut für den Vorsitz zu kandidieren]. Erwartet wird, dass bei der Sitzung
in der FDP-Zentrale in Berlin bereits die Weichen für die neue
Parteiführung gestellt werden.
Nach der Präsidumssitzung kündigte Generalsekretär Christian Lindner an,
dass es am Montag definitv noch keine Entscheidung über Westerwelles
Nachfolger geben wird. Darüber sei in der Präsidiumssitzung am Montag nicht
gesprochen worden. Am Dienstag treffen sich Parteispitze und
Landesverbände, danach sollen Kandidaturen bekannt gegeben werden, so
Lindner.
Favorit für den FDP-Vorsitz ist Gesundheitsminister Philipp Rösler. Unklar
ist jedoch, ob der 38-Jährige im Fall seiner Wahl ein anderes Ministerium
übernehmen will. Ein weiterer möglicher Nachfolgekandidat ist
FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Eine Übergangslösung mit der
59-Jährigen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gilt
dagegen als unwahrscheinlich.
Die FDP-Spitze will einem Zeitungsbericht zufolge schneller als geplant
über die Nachfolge Westerwelles entscheiden. Die ursprünglich für Montag
kommender Woche vorgesehene gemeinsame Sitzung von Präsidium und
Landesvorsitzenden werde um sechs Tage vorverlegt, berichtete die
Bild-Zeitung. Das Treffen werde nun schon am Dienstag dieser Woche
stattfinden, hieß es unter Berufung auf Parteikreise. Anschließend solle
der Bundesvorstand tagen und ebenfalls ein Votum abgeben. Mit den
Terminänderungen solle schnell Klarheit geschaffen und verhindert werden,
dass die Partei eine weitere Woche mit Personalspekulationen und Querelen
beschäftigt sei, hieß es.
Auch nach Westerwelles Rückzugsankündigung verstummten nicht die
Forderungen nach weiteren personellen Konsequenzen. Der
schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte im ZDF: "Es
kann nicht nur bei der Position des Bundesvorsitzenden bleiben." Erneut
nannte er dabei die Bundestagsfraktionsvorsitzende Birgit Homburger.
Auch der Vorsitzende des mitgliederstärksten FDP-Landesverbandes
Nordrhein-Westfalen, Daniel Bahr, hat weitere personelle Konsequenzen
gefordert. Beim Parteitag im Mai gehe es um die Neuaufstellung der gesamten
Führungsspitze, dies erwarte auch die Basis, sagte Bahr am Montag im
Deutschlandfunk. "Wir müssen die gesamte Mannschaftsaufstellung finden",
sagte Bahr, der selbst als Gesundheitsminister im Gespräch ist, sollte der
bisherige Amtsinhaber Philipp Rösler Parteichef werden und in ein anderes
Ressort wechseln.
## Rösler mehr Erfahrung als Lindner
##
Nach schweren Niederlagen bei den Landtagswahlen und tagelangem Machtkampf
waren immer mehr FDP-Politiker vom Parteichef Westerwelle abgerückt. Am
Sonntag kündigte er dann seinen Rückzug an und begründete ihn mit der
Notwendigkeit eines Generationswechsel. Der 49-Jährige will aber
Außenminister bleiben. Offen ließ Westerwelle, ob er am Amt des
Vizekanzlers festhalten will.
Rösler ließ am Sonntagabend mitteilen: "Die FDP hat Guido Westerwelle viel
zu verdanken. Deshalb ist es gut, dass er auch künftig als Außenminister
die Politik in Deutschland prägen wird."
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Christian
Ahrendt, sprach sich für Rösler als Vorsitzenden aus. "Er hat deutlich
gemacht, dass es nicht nur um eine personelle Neuaufstellung geht, sondern
vor allem um die Inhalte", sagte der FDP-Landesvorsitzende von
Mecklenburg-Vorpommern, der Schweriner Volkszeitung. Kubicki sagte im ZDF,
Rösler als Minister habe "die größere politische Erfahrung als Lindner".
Der FDP-Vorstand und bayerischer Wirtschaftsminister Martin Zeil warnte im
Berliner Tagesspiegel die Partei davor, sich inhaltlich völlig neu zu
positionieren. "Wir dürfen jetzt auch nicht alles über Bord werfen, wofür
wir gewählt wurden."
## Opposition fordert Brüderle-Rücktritt
Aus Sicht der SPD und der Grünen ist Westerwelle nun auch als Außenminister
nicht mehr tragbar. "Herr Westerwelle muss sich schon fragen lassen, ob er
noch genügend Kraft hat, das Amt des Außenministers auszufüllen", sagte der
außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Rolf Mützenich,
Handelsblatt Online. Ein solches Amt verlange Substanz, Standfestigkeit und
Kreativität. "Wenig war davon in seiner bisherigen Arbeit zu sehen."
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck wies darauf hin, dass
Westerwelle nicht wegen seiner außenpolitischen Expertise oder Leidenschaft
Außenminister geworden sei, sondern weil er aus Statusgründen als
Vorsitzender darauf zugegriffen habe. "Im UNO-Sicherheitsrat hat er
Deutschland in EU und NATO isoliert, eine außenpolitische Mission oder ein
Projekt ist bei ihm nicht zu erkennen", sagte Beck. "Deshalb ist es schwer
verständlich, dass er der FDP nicht mehr vorsitzen kann, aber meint das mit
dem Außenminister geht gerade noch. Deutschland hat da etwas Anderes
verdient."" Da sei das letzte Wort wohl nicht gesprochen.
Unterdessen wird in der SPD-Fraktion der Rücktritt von
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wegen der Protokollaffäre
um seine Atom-Beichte gefordert. Brüderle steht auch parteiintern unter
Druck wegen seiner angeblichen Andeutung beim Bundesverband der Deutschen
Industrie (BDI), dass die Atomwende der Koalition wahlkampfbedingt gewesen
sei. Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy wies darauf hin, dass der wegen
des Protokolls zurückgetretene BDI-Geschäftsführer Werner Schnappauf nur
von einer Indiskretion, nicht aber einem falschen Protokoll gesprochen
habe. Für Edathy hat Brüderle also vor dem Bundestag gelogen, als er
ausführte, er sei im BDI-Protokoll falsch wiedergegeben worden. Edathy will
das am Mittwoch im Bundestag zur Sprache bringen, wie er in der
Mitteldeutschen Zeitung ankündigte.
4 Apr 2011
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