Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Krieg in Libyen: Störfall Gaddafi
> Ein Ende der gewaltsamen Auseinandersetzung muss Priorität aller
> beteiligten Parteien sein. Aber es sieht so aus, als wäre es für eine
> Verhandlungslösung bereits zu spät.
Jeder weitere Tote und Verletzte im Krieg in und gegen Libyen ist einer zu
viel. Egal ob Zivilist, aufständischer Kämpfer oder Regierungssoldat. Ein
Ende der Gewaltanwendung sollte daher auf allen Seiten oberste Priorität
der politischen Bemühungen sein. Soweit die seit Sonntag bekannt gewordenen
Vorschläge und diplomatischen Aktivitäten dies zum Ziel haben, sind sie zu
begrüßen. Ein Waffenstillstand und Gaddafis Bereitschaft zum Rücktritt
wären in der verfahrenen Lage die beste Lösung.
Die Chancen, dass sich der libysche Machthaber darauf einlässt, wären
allerdings sehr viel größer gewesen, wenn die internationale Gemeinschaft
entsprechende Vorschläge schon vor Beginn der westlichen
Militärintervention und der sie ermöglichenden UNO-Resolution vom 18. März
gemacht hätte. Oder besser noch vor der Sanktionsresolution vom 26.
Februar, mit der der Sicherheitsrat zugleich ein Verfahren gegen Gaddafi
vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Gang setzte.
Damals hätte Gaddafi ein – mit für ihn gesichtswahrender Rhetorik –
unterbreitetes Angebot, sich mitsamt seinem Familienclan in ein
komfortables Auslandsexil zu begeben, vielleicht noch angenommen. So wäre
viel Blutvergießen vermieden worden.
Als der Autor dieser Zeilen Bundesaußenminister Westerwelle Ende Februar in
Genf vor den versammelten Medien aus aller Welt nach dieser Exil-Option
fragte, wurde er ausgelacht. Damals setzten alle westlichen Regierungen –
egal ob sie später die militärische Intervention unterstützten oder nicht –
auf den schnellen Sturz von Gaddafi. Inzwischen wird der Machthaber in
Tripolis zwar von immer mehr Getreuen verlassen und steht mit dem Rücken
zur Wand. Doch ob Gaddafi sich dieser Lage bewusst ist und, wenn ja, ob
dies seine Bereitschaft zum Machtverzicht erhöht oder das Gegenteil
bewirkt, ist höchst ungewiss.
Zugleich steht die Nato-geführte Kriegskoalition mit jedem Tag, an dem das
Gaddafi-Regime an der Macht bleibt und seine Truppen weiterkämpfen, unter
zunehmendem Erfolgszwang und dem Erwartungsdruck der Aufständischen, ihnen
zur Vertreibung des gesamten Gaddafi-Clans von der Macht zu verhelfen.
Kein Wunder, dass der Nationalrat der Aufständischen den Vorschlag der
beiden Gaddafi-Söhne für einen von ihnen geführten "Übergangsprozess zur
Demokratie" umgehend und "vollständig" zurückgewiesen hat. Möglicherweise
gibt es für eine wie auch immer geartete Verhandlungslösung zwischen den
beiden libyschen Konfliktparteien bereits keinerlei Spielraum mehr. Dann
käme es auch nicht zu einem Waffenstillstand – selbst wenn die
internationale Kriegskoalition ihre Angriffe einstellen sollte.
Es sei denn, es würden UNO-Blauhelmtruppen zur Durchsetzung eines
Waffenstillstands zwischen den Kriegsparteien stationiert. Doch dazu sind
die Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates bislang nicht bereit.
Unter diesen Umständen scheint eine wochen-, wenn nicht monatelange
Fortsetzung des Blutvergießens in Libyen derzeit leider das
wahrscheinlichste Szenario.
4 Apr 2011
## AUTOREN
Andreas Zumach
## ARTIKEL ZUM THEMA
Krieg in Libyen: Die ganze Stadt ist ein Gefängnis
Seit Wochen kämpfen die Rebellen in Misurata gegen die Truppen Gaddafis.
Mittlerweile ist die Stadt komplett umzingelt, der Alltag ist geprägt von
Dauerbeschuss.
Krieg in Libyen: Rebellen kritisieren Nato
Die Nato bombardiere oft zu spät und gehe nicht entschieden genug vor,
kritisieren die Rebellen in Bengasi. Die Nato weist das zurück. Um die
Stadt Adschabija toben derweil schwere Kämpfe .
Krieg in Libyen: Gaddafi versucht es mit Diplomatie
Mit Angeboten zu Reformen versucht das Regime eine Lösung des Konflikts zu
finden. Ein Rücktritt Gaddafis wird aber weiter ausgeschlossen. Der Kampf
um Brega und Misurata dauert an.
Krieg in Libyen: Verhandlungen um Gaddafi-Rückzug
Während in Libyen gekämpft wird, gehen die diplomatischen Bemühungen um
eine friedliche Lösung weiter. Ein Sohn Gaddafis schlägt einen Plan vor,
der den Rückzug des Vaters vorsieht.
Rebellen-Aufstand in Libyen: Mit Gott und Kalaschnikow
Die Stadt Adschdabija gehört wieder den Rebellen. Sie versuchen Ordnung und
eine Kommandostruktur in das militärische Chaos zu bringen. Fast alle
Einwohner sind geflohen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.