# taz.de -- Konkurrenz für Google Street View: Microsoft geht auf die Straße | |
> "Bing Streetside" nennt sich Microsofts Konkurrenzprodukt zum | |
> umstrittenen Google Street View. Ab Mai werden auch deutsche Großstädte | |
> fotografiert. | |
Bild: Bald auch mit deutschen Motiven: Bing Streetside. | |
Während Googles Bilderdienst Street View nicht nur in Deutschland, sondern | |
auch [1][in anderen Ländern] umstritten bleibt, hört man von seinen | |
Konkurrenten bislang wenig. Das könnte sich im Mai ändern: Dann will | |
Microsoft mit der Suchmaschine Bing ein ähnliches Angebot aufziehen. | |
Wie der Konzern in dieser Woche bekanntgab, wird es in Bayern losgehen: Im | |
Ballungsraum Nürnberg soll "Streetside" starten, Kameraautos werden | |
Rundumansichten von Straßen generieren. Nach Nürnberg, Fürth und Erlangen | |
geht es nach Augsburg, Ingolstadt und schließlich nach München und ins | |
Umland. Ab Sommer sollen die "Panorama- und Multiview-Aufzeichnungsgeräte", | |
wie Microsoft sie nennt, bis zu 50 weitere deutsche Orte filmen. Das | |
Material werde nach und nach online gehen. | |
Um ein ähnliches Aufbegehren wie bei Google Street View zu vermeiden, soll | |
"Streetside" von vorne herein nach den Regeln der sogenannten | |
"Selbstverpflichtung Geodaten" arbeiten, auf die sich im März Internet- und | |
Geodatenfirmen geeinigt haben. Dazu gehört, dass Bürger aktuell über die | |
Knipstouren informiert werden, Widersprüche auch per Brief zugelassen sind | |
und Systeme verwendet werden, die Autokennzeichen und Gesichter | |
automatisiert entfernen. | |
Außerdem soll es eine telefonische Hotline geben, bei der sich Betroffene | |
informieren können. Verstößt ein Unternehmen gegen die Selbstverpflichtung, | |
soll es "Sanktionen" geben. Neben Microsoft sind auch Google, Deutsche | |
Post, Deutsche Telekom, Nokia, Panogate, Panolife und Encourage Directories | |
vom Start weg Teil der Selbstverpflichtung, die der damalige Innenminister | |
Thomas de Maizière ausdrücklich lobte. Erst wenn die Maßnahmen nicht | |
greifen, soll der Gesetzgeber notfalls tätig werden. | |
## WLAN-Erfassung | |
Microsoft hat gemäß der Selbstverpflichtung eine Möglichkeit geschaffen, | |
sich aus "Streetside" zu verabschieden, also das eigene Haus unkenntlich zu | |
machen. Dazu wurde eine [2][Seite] eingerichtet, die ab Freitag zugänglich | |
sein soll. "Wir machen Bilder, auf denen Gesichter oder Personen, | |
Wohnhäuser, Autos, Gewalttaten, nackte Menschen und Gesetzeswidrigkeiten zu | |
sehen sind, unkenntlich oder entfernen diese ganz", schreibt das | |
Unternehmen. Allerdings werde "über jede Anfrage (...) individuell | |
entschieden". | |
"Streetside" wird ähnlich wie Street View nicht nur Bilder und | |
GPS-Positionen erfassen, sondern auch alle in der Umgebung befindlichen | |
WLANs samt eindeutiger ID. Zweck der Speicherung ist es, Microsoft-Kunden | |
eine verbesserte Navigation ohne Satellitennavichip zu erlauben. "Explizit | |
von der Erfassung ausgeschlossen" seien allerdings "andere Daten von | |
Funknetzen, die Rückschlüsse auf private Informationen Einzelner | |
ermöglichen könnten". Dazu gehören die über offene Funknetze übertragenen | |
Daten, aber auch die verwendete Verschlüsselung sowie der Name des | |
WLAN-Netzes. | |
Genau hier hatte sich Google zuletzt viel Ärger eingehandelt. Der Konzern | |
zeichnete in mehreren Ländern beim Befahren der Straßen den gesamten | |
unverschlüsselten Datenverkehr der WLANs mit - dafür gab es beispielsweise | |
in Frankreich eine Geldbuße, während in anderen Staaten Ermittlungen | |
laufen. Warum die Aufzeichnung erfolgte, ist nicht abschließend geklärt - | |
Google begründete die Tat mit fehlerhaftem Code beziehungsweise Routinen, | |
die Entwickler nicht aus der Software genommen hätten, bevor es auf die | |
Straße ging. | |
Interessant dürfte die Frage werden, ob sich gegen "Streetside" ähnlich | |
großer Widerstand entwickelt wie gegen Street View. Die Dienste | |
funktionieren ähnlich - die Straßenaufnahmen werden in die firmeneigenen | |
Kartendienste integriert. Online-Dienste von Microsoft sind vielen Bürgern | |
unbekannt, die große Gegenbewegung könnte ausbleiben. Möglich ist deswegen | |
ein bizarrer Zustand: dass Häuser auf Street View nicht mehr sichtbar, auf | |
Streetside aber noch zu bestaunen sind. Dass Microsoft einmal als | |
Außenseiter gelten könnte, dürfte sich Firmengründer Bill Gates wohl kaum | |
erträumt haben. | |
7 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/ueli-und-heidi-gibts-nur-noch-verpixelt | |
[2] http://www.microsoft.com/maps/de-DE/streetside.aspx | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Google Street View in Indien: Abbruch der Aufnahmen | |
Eigentlich hatte Google alle Genehmigungen, um Aufnahmen für seinen | |
Bilderdienst "Street View" im indischen Bangalore zu machen. Doch die | |
Polizei hat es jetzt aus Terrorangst verboten. | |
Bing Maps Streetside: Franken werden erfasst | |
Nach Google fotografiert nun auch Microsoft deutsche Straßen mit | |
Kamera-Fahrzeugen. Derzeit sind die Autos in Nordbayern unterwegs. Der | |
Streit um mögliche Widersprüche hält an. | |
Übernahme von Skype: Microsoft greift zum Headset | |
Die Nachricht schockte die Marktbeobachter: 8,5 Milliarden Dollar will der | |
Softwarekonzern Microsoft für die Online-Telefonieplattform Skype ausgeben. | |
Schweizer Urteil zu Google Street View: Ueli und Heidi gibts nur noch verpixelt | |
Ein Sieg für den obersten Datenschützer der Schweiz: Das | |
Bundesverwaltungsgericht in Bern verlangt von Google Street View die | |
völlige Anonymisierung von Personen und Autokennzeichen. | |
Geldstrafe gegen Google: 100.000 Euro wegen Street View | |
Es geht doch! Zumindest in Frankreich. Dort hat die Datenschutzbehörde eine | |
Geldstrafe gegen Google verhängt – wegen illegaler Datensammlungen. |