# taz.de -- Netzsperren gegen Online-Glücksspiele: Der zweite Versuch | |
> Kaum sind die Netzsperren gegen Kinderpornografie abgeschafft, versuchen | |
> es die Bundesländer bei den Online-Glücksspielen. Netzaktivisten rufen | |
> zum Widerstand auf. | |
Bild: Die Vorstellungen der Bundesländer sind ein Tabubruch im Telekommunikati… | |
Ein wenig resigniert wirkt Alvar Freude auf der Blogger-Konferenz | |
re:publica, als er auf den neuen Glücksspiel-Staatsvertrag angesprochen | |
wird. "Es ist ein Kompetenz-Problem", sagt der Internet-Aktivist vom | |
Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur | |
([1][//ak-zensur.de/%E2%80%9C:AK Zensur]). "In jeder Partei gibt es | |
mittlerweile Politiker, die wissen, dass Internetsperren keine Lösung | |
sind." Dennoch haben sich die Staatskanzleien in den letzten Monaten hinter | |
verschlossenen Türen auf einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag geeinigt, | |
der Internetsperren vorsieht, um Deutsche daran zu hindern, bei | |
ausländischen Glücksspiel-Anbietern Wetten zu platzieren. | |
Herausgekommen sind die Pläne nicht etwa durch öffentliche Konsultationen | |
oder einen transparenten Gesetzgebungs-Prozess. Der Staatsvertrag, der | |
bereits im Juni unterschrieben werden soll, wurde dem | |
[2][//www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/spielchen-mit-netzsperren/ | |
%E2%80%9C:Chaos Computer Club zugespielt], der ihn Anfang der Woche | |
veröffentlichte. Darin wird den "Diensteanbietern im Sinne des | |
Telemediengesetzes" vorgeschrieben, den Zugang zu unerlaubten | |
Glücksspielangeboten zu untersagen. In einer späteren Fassung, die dem | |
[3][//www.internet-law.de/2011/04/netzsperren-fur-glucksspiele.html%E2%80%9 | |
C:Anwalt Thomas Stadler] vorliegt, werden die Autoren noch deutlicher: | |
"insbesondere Zugangsprovider und Registrare" müssten den Zutritt zu den | |
Seiten verwehren, die die Glücksspielaufsicht als illegal erachtet. | |
Der Passus ist ein Tabubruch im Telekommunikationsrecht. Denn die | |
Zugangsanbieter, die Kunden zu Hause zum Beispiel einen DSL-Anschluss legen | |
oder ihre Kunden per Mobilfunk versorgen, haben ein Haftungsprivileg. Sie | |
sind nicht für die Daten verantwortlich, die die Kunden an ihrem Computer | |
abrufen – wie auch Telefongesellschaften nicht die von ihren Kunden | |
geführten Gespräche haftbar gemacht werden können. Nur die Serverbetreiber | |
selbst können haftbar gemacht, beziehungsweise zur Löschung von Inhalten | |
gezwungen werden. | |
Während sich die Regierungskoalition auf Bundesebene in Sachen | |
Kinderpornografie nach langem Ringen auf den Grundsatz "[4][Löschen statt | |
Sperren]" geeinigt hat, klappt dies bei Glücksspielangeboten nicht. Denn | |
die Angebote, die in Deutschland nicht lizensiert sind, sind in anderen | |
Staaten explizit legal. Das Glücksspiel-Monopol sicherte den Bundesländern | |
Milliarden-Einnahmen, die durch den freien Geldverkehr über das Internet | |
bedroht sind. | |
## Zweiter Anlauf für Netzsperren | |
Die Idee, das staatliche Glücksspiel-Monopol mit Netzsperren zu schützen, | |
ist nicht neu. Bereits vor drei Jahren hatte die hessische Staatskanzlei | |
den größten Zugangsprovidern vorgeschlagen, | |
[5][//www.heise.de/ct/meldung/Medienrechtsforum-Forderungen-nach-Ausweitung | |
-von-Internetsperren-215603.html%E2%80%9C:25 der größten Wettanbieter] im | |
Internet für ihre Kunden zu sperren. Eine löchrige Internet-Zensur als | |
Selbstregulierung. Doch die Provider, die sich damals schon mit den | |
Sperrwünschen der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen | |
(CDU) auseinander setzen mussten, zeigten sich nicht interessiert. | |
Die Chancen der Internet-Aktivisten, Netzsperren gegen Glücksspiele zu | |
verhindern, stehen gut: Staatsverträge müssen unter allen 16 Bundesländern | |
einstimmig beschlossen und von allen Landesparlamenten abgesegnet werden. | |
So wurde die Neufassung des umstrittenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags | |
im Dezember erst gestoppt, als bereits 15 Landtage ihre Zustimmung erteilt | |
hatten – | |
[6][//www.taz.de/1/netz/netzpolitik/artikel/1/keiner-wills-gewesen-sein-3/% | |
E2%80%9C:der Koalitionspoker in Nordrhein-Westfalen] war dafür mit | |
verantwortlich. | |
Doch beim Glücksspielstaatsvertrag geht es aber nicht nur um wichtige | |
Einnahmen für Länderhaushalte, sondern auch um Gelder, die von den | |
staatlichen Lotterieunternehmen an gemeinnützige Organisationen wie | |
Sportvereine oder Kulturprogramme wählerwirksam ausgeschüttet werden. | |
Damit das keine Rolle spielt, will der AK Zensur nun, dass sich die neuen | |
Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg von Beginn an | |
auf ein Bekenntnis gegen Internet-Blockaden festlegen. "Die Errichtung | |
einer solchen Infrastruktur darf die von Ihnen geführte Landesregierung - | |
egal mit welcher Begründung - nicht fordern, befördern oder unterstützen" , | |
schreiben die Bürgerrechtler in einem [7][offenen Brief] und fordern: | |
"Darauf sollten Sie sich verbindlich im Koalitionsvertrag verständigen." | |
15 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[2] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[3] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[4] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/koalition-schafft-netzsperren-ab/ | |
[5] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[6] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[7] http://ak-zensur.de/2011/04/ak-zensur-appelliert-an-spd-und-grune-absage-an… | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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