Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Medienübernahmen in den USA: Gediegen war gestern
> AOL und "Newsweek" haben sich jüngere und modernere Partner gesucht. Doch
> was haben die Netzmedien Huffington Post und Daily Beast davon?
Bild: Arianna Huffington auf AOL.
George Clooney konkurriert mit Muammar al-Gaddafi. Die Leser der Daily
Beast haben die Wahl: Zuerst das Stück zur aktuellen Lage in Libyen lesen
oder doch lieber die Frage beantwortet wissen, ob Hollywoodstar Clooney
Gast bei Silvio Berluconis Bunga-bunga-Partys war. Politik, Promis, Gossip,
Ratgeber - das ist die Mischung, mit der Tina Brown Daily Beast zu einer
einflussreichen Stimme im amerikanischen Web gemacht hat - mit
durchschnittlich sechs Millionen Besuchern pro Monat.
Eines der jüngsten Newsweek-Cover trägt den Titel "Apokalypse jetzt? -
Tsunamis. Erdbeben. Nukleare Kernschmelze. Revolutionen. Volkswirtschaften
am Abgrund. Was zum Teufel kommt als Nächstes?". Es war das dritte Cover,
das Tina Brown als Chefredakteurin zu verantworten hat. Der apokalyptische
Rundumschlag erinnert im Stil ein wenig an die an Themen überbordende Daily
Beast. Gediegen war gestern.
Der Zusammenschluss der Website und des unter schwindender Auflage
leidenden Nachrichtenmagazins Newsweek im November 2010 sei keineswegs ein
offensichtlicher Deal gewesen, sagt Bill Grueskin, Professor an der
Columbia Journalism School in New York. Zwar gilt Brown, die bereits für
Vanity Fair und den New Yorker verantwortlich war, als Profi. Aber das
Web-Biest und das biedere, 1933 gegründete Wochenmagazin? Nicht wirklich.
Ein Ausreißer-Experiment.
Doch dann kamen AOL und die Huffington Post. Die einflussreiche, liberale
Gründerin des amerikanischen Alternativmediums, Arianna Huffington,
verkaufte im Februar ihre Seite an den in die Bedeutungslosigkeit geratenen
Internetkonzern. In den USA belastet durch eine grandios gescheiterte
Fusion mit Time Warner, ist der 315-Millionen-Dollar-Kauf die Chance für
AOL. Denn mit etwa 25 Millionen Besuchern pro Monat gehört die Huffington
Post zu den meistbesuchten Seiten in den USA.
"Ältere Medienunternehmen - und AOL gehört dazu - sind begierig, aus dem
Wissen über soziale Netzwerke, den Dialog mit Lesern und anderen Elementen
Kapital zu schlagen", sagte Grueskin der taz. Doch was haben die Netzmedien
von den Deals?
## "Moderne Sklaven"
Huffington erhofft sich nach eigenen Angaben aus dem Zusammenschluss mit
AOL eine noch höhere Reichweite. Da sie inhaltlich für die Seite
verantwortlich bleibe, ändere sich nichts an der Ausrichtung der Huff Post,
versprach sie.
Doch erste Wolken ziehen auf. Am Dienstag reichte Blogger und
Gewerkschafter Jonathan Tasini im Namen einer Gruppe von Bloggern der Huff
Post eine Sammelklage gegen Arianna Huffington und AOL ein. Die unbezahlten
Blogger fordern 105 Millionen Dollar, ein Drittel der Summe, die AOL für
die Huff Post bezahlte. Es gehe ihm um Gerechtigkeit, sagte Tasini
gegenüber amerikanischen Journalisten. "Die Blogger der Huffington Post
sind zu modernen Sklaven verkommen", zitiert Forbes Tasini. Und Kapital
daraus geschlagen hätte Huffington mit ihrem Millionendeal. Hätte
Huffington diesen nicht geschlossen, hätte es die Klage wohl nicht gegeben.
Auch Beast-Chefin Brown wird sich auf den Unmut einiger Mitarbeiter gefasst
machen müssen. Lobte sie nach ihrem Deal mit Newsweek die journalistische
Tiefe des Traditionsblatts, das künftig auf Daily Beast noch mehr Qualität
liefern soll, steht die Newsweek-Homepage wohl vor dem Aus. Sie soll
komplett in Daily Beast aufgehen.
Diese Veränderungen auf dem amerikanischen Medienmarkt seien fundamental,
sagt Grueskin, Experte für Neue-Medien-Geschäftsmodelle.
"Informationen verflüchtigen sich im Internet. Sie existieren nicht länger
allein im Rahmen des Unternehmens, das sie kreiert hat", sagt Grueskin. Die
Schäden für althergebrachte Geschäftsmodelle seien verheerend. Und die
Leser wandern ins Netz ab. Eine Studie des Pew Research Center vom Januar
2011 belegt, dass das Internet das Fernsehen als Hauptinformationsquelle
bei jungen Leuten erstmals abgehängt hat. 65 Prozent der 18- bis
29-Jährigen gaben an, hauptsächlich vom Internet als Informationslieferant
abzuhängen. Auch die Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen greift immer mehr
auf das Netz zurück.
## Keine Paywalls
Davon wollen die konventionellen Medien profitieren. Erfolg oder Misserfolg
der AOL- und Newsweek-Strategien lassen sich noch nicht messen. Doch noch
gilt: Gewinne im Onlinemarkt zu erwirtschaften ist schwer. Die 2005
gegründete Huffington Post hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr
erstmals Gewinne gemacht. Über die Höhe schweigt man lieber.
Allein Millionen in die Verbindung mit neuen Medien zu stecken, wird daher
nicht reichen, sagt Bill Grueskin. "Medienorganisationen müssen
innovativere Dinge tun, als nur Anzeigen neben Inhalten zu verkaufen."
Nichts anderes ist jedoch zunächst von den jüngsten Verbindungen zu
erwarten. Paywalls etwa sind weder für die Huffington Post noch für Daily
Beast geplant.
Selbst die Macher des neuen Medienbiests Newsweek Daily Beast sind vom
Erfolg ihrer Zusammenarbeit nicht überzeugt. Barry Diller,
Aufsichtsratsvorsitzender der Internetfirma IAC, zu der Daily Beast gehört,
antwortete Mitte März angesprochen auf seine Verbindung mit Newsweek: "Ich
habe keine Ahnung, ob das funktionieren wird. Wir werden es in sechs oder
acht Monaten wissen."
17 Apr 2011
## AUTOREN
Rieke Havertz
## TAGS
Magazin
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Newsweek“ stellt 2013 Printausgabe ein: In Zukunft nur noch digital
„Newsweek“ wurde in den letzten 80 Jahren eine journalistische Institution.
Ab dem nächsten Jahr gibt es das US-Magazin nur noch im Internet.
Huffington-Post-Ableger "Gay Voices": Mehr als nur Cha Cha Cha
Die "Huffington Post" startet "Gay Voices" als einen von mehreren
Special-Interest-Ablegern – nicht zuletzt für mehr Leserbindung und bessere
Anzeigenvermarktung.
Streit um US-Blog: TechCrunch gegen AOL
Michael Arrington, Gründer des populären Weblogs TechCrunch, hat seine
Firma 2010 an das Online-Portal AOL verkauft. Nun würde er den Deal gerne
rückgängig machen.
Geschäftsmodelle von Internetfirmen: Deutschland kopiert gern
StudiVZ sah bei seinem Start aus wie Facebook in Rot. Deutsche
Internetfirmen kopieren gern, was auf dem US-Markt funktioniert. Beispiel
wimdu.com.
Einen Monat Paywall der "New York Times": "Bestenfalls eine Pay-Hecke"
Der Traffic auf der NYT-Website ist seit Einführung der Bezahlpflicht
zurückgegangen. Kein Wunder, findet die Gründerin der "Huffington Post".
Klage gegen "Huffington Post": Blogger wollen ihren Anteil
Das Blog-Netzwerk "Huffington Post" wurde teuer an den Netzriesen AOL
verkauft. Die Blogger wollen jetzt 105 Millionen Dollar abhaben.
Studie über Twitter als Nachrichtenmedium: Na, heute schon getwittert?!
Soziale Medien wie Twitter oder Facebook werden immer öfter als alternative
Nachrichtenquelle gesehen. Dass das nicht so ist, zeigt eine neue Studie.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.