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# taz.de -- Bezahlte Texte im "Neuen Deutschland": Jetzt sprechen die Schleichw…
> Die Volkssolidarität hat für den Abdruck ihrer Texte im "Neuen
> Deutschland" bezahlt. Hilfsorganisation und Zeitung sehen darin kein
> Problem.
Bild: Das "Neue Deutschland" druckt häufiger Artikel gegen Bezahlung als bishe…
BERLIN taz | Das Neue Deutschland druckt häufiger Artikel gegen Bezahlung
als bisher bekannt. Die Zeitung räumte in einem Artikel ein, bei der von
der taz aufgedeckten Praxis handele es sich keinesfalls um eine Ausnahme.
Bei Sonderbeilagen, die mit Kofinanzierung von Kooperationspartnern
erscheinen, würden "in der Regel Vereinbarungen über
Veröffentlichungsplätze und eine Beteiligung bei den Druckkosten
getroffen", schreibt das Neue Deutschland.
Die bezahlten Artikel sind nicht als "Anzeige" gekennzeichnet, wie es die
Landespressegesetze vorschreiben. Die käuflichen Seiten werden in der
Zeitung als "ND Extra - Beilage der Tageszeitung Neues Deutschland"
bezeichnet und sind durch ihr Layout nicht von den unkäuflichen Seiten
unterscheidbar. "ND Extra" erscheint unregelmäßig, im Schnitt mehr als
einmal pro Monat.
Zwei taz-Reporter hatten sich bei einer verdeckten Recherche als
Mitarbeiter einer Werbeagentur ausgegeben und Termine bei zehn Verlagen
vereinbart. Bei vielen Verlagen wurde ihnen angeboten, Einfluss auf
redaktionell aussehende Artikel zu nehmen. Das Neue Deutschland ging
besonders weit: Dort bot man an, von der Werbeagentur fertig geschriebene
Artikel gegen Geld abzudrucken. Ein Artikel, der eine Viertelseite groß
ist, sollte 1.000 Euro kosten.
Die hatte - vor dem Abdruck ihrer Rechercheergebnisse - bei Jürgen Reents,
dem Chefredakteur des Neuen Deutschland angefragt, welcher Einfluss bei "ND
Extra" möglich ist. Reents hatte behauptet: "Auch da kann man bei uns nicht
Texte kaufen." Davon ist jetzt keine Rede mehr. Stattdessen erklärt der
Artikel im Neuen Deutschland, die Sonderbeilagen würden von
Kooperationspartnern mitfinanziert.
Dabei handele es sich "um nicht-kommerzielle Vereine und Organisationen,
etwa in Bereichen der Friedensbewegung, der Globalisierungskritik oder von
Wohlfahrts- und humanitären Verbänden". Verlagsgeschäftsführer Olaf Koppe
wird mit dem Satz zitiert: "Ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis,
das die redaktionelle Unabhängigkeit der Zeitung gefährden könnte, ergibt
sich daraus nicht."
## Gemeinnützige Täuschung
Zu den Schleichwerbern im Neuen Deutschland gehört etwa die
Volkssolidarität, eine soziale Hilfsorganisation, die vor allem in
Ostdeutschland aktiv ist. So erschien etwa im Februar 2010 ein Artikel der
Volkssolidarität in einem "ND Extra". In dem Artikel wird das Ergebnis
einer Umfrage unter Ostdeutschen über 50 Jahren vorgestellt, zudem werden
die politischen Forderungen von Verbandspräsident Gunnar Winkler
wiedergegeben. In dem Artikel gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Autor
des Artikels, Tilo Gräser, zugleich als Pressesprecher der Volkssolidarität
arbeitet. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die Volkssolidarität für
den Abdruck des Textes gezahlt hat.
Auf Anfrage der taz erläutert Tilo Gräser in seiner Funktion als
Pressesprecher der Volkssolidarität: "Wir haben uns in den letzten Jahren
auf Anfrage und Einladung des Neuen Deutschland an den Verlagsbeilagen
,Vereine und Verbände' mit Texten und klassischen Anzeigen beteiligt." Es
handele sich "um gemeinsame Projekte des Verlages mit den Verbänden und
Vereinen, wobei sich letztere an den Kosten beteiligen. Wir haben so die
zusätzliche Möglichkeit erhalten, unabhängig vom redaktionellen Teil der
Zeitung eigene Inhalte und Positionen darstellen und veröffentlichen zu
können."
Gegen die Bewertung des Vorgangs als Schleichwerbung wehrt Gräser sich: Das
"dürfte etwas an der Sache vorbeigehen", schließlich sei die
Volkssolidarität gemeinnützig. Die Pressegesetze der Bundesländer machen
allerdings keine Unterscheidung zwischen gemeinnütziger und kommerzieller
Schleichwerbung, sondern schreiben vor, dass jede bezahlte Veröffentlichung
als Anzeige erkennbar sein muss. Auch das Neue Deutschland macht diese
Trennung nicht: Bei der verdeckten Recherche der taz hatte der Verlag sich
bereit erklärt, auch Texte von Autoherstellern und Altenheim-Ketten gegen
Geld abzudrucken.
18 Apr 2011
## AUTOREN
Sebastian Heiser
## TAGS
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
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