# taz.de -- Umkämpfte Stadt Misrata in Libyen: Zwei Journalisten getötet | |
> Ein britischer und ein amerikanischer Fotograf sind von einer | |
> Panzerabwehrgranate getroffen worden. Die UN wirft Gaddafi | |
> Kriegsverbrechen vor, die Rebellen fordern Bodentruppen. | |
Bild: Fotojournalist Tim Hetherington (r.) und Getty Images Fotojournalist Chri… | |
BENGASI/NEW YORK dpa | Die schweren Kämpfe um die seit Wochen von Truppen | |
des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi belagerten Stadt Misurata | |
dauern an. Am Mittwoch wurden auch zwei Foto-Journalisten getötet, als sie | |
in der Rebellenstadt östlich von Tripolis unter Beschuss gerieten. Wie der | |
arabischen Nachrichtensender al-Dschasira in der Nacht zum Donnerstag | |
berichtete, starben mindestens fünf weitere Zivilisten. Neben | |
Großbritannien wollen auch Frankreich und Italien die massiv in Bedrängnis | |
geratenen libyschen Regimegegner mit Militärexperten unterstützen. | |
Die Nato forderte die libyschen Bürger auf, sich so weit wie möglich von | |
Gaddafis Truppen fernzuhalten. Der Kommandeur des internationalen | |
Militäreinsatzes, der kanadische General Charles Bouchard, erklärte, man | |
bemühe sich, bei den Angriffen die Gefahr für Zivilisten so gering wie | |
möglich zu halten, "aber wir können das Risiko nicht auf Null reduzieren". | |
In den nächsten Tagen werde der Druck auf Gaddafis Truppen | |
aufrechterhalten. | |
Bei den in Misurata getöteten Journalisten handelt es sich um den | |
britischen Fotografen und oscarnominierten Filmemacher Tim Hetherington und | |
seinen US-Kollege Chris Hondros von der Agentur Getty. Der britische | |
Fotograf Guy Martin wurde schwer verletzt. Nach Angaben der Agentur Panos, | |
für die Martin arbeitet und auch Hetherington gearbeitet hat, wurden sie | |
von einer Panzerabwehrgranate getroffen. | |
## Militärberater sollen Absprachen verbessern | |
Nach einer Unterredung mit Vertretern des libyschen Übergangsrates in Paris | |
kündigte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Mittwoch die Entsendung | |
von Militärberatern an. Auch die italienische Regierung will zehn Experten | |
nach Libyen entsenden, teilte der italienische Verteidigungsminister | |
Ignazio La Russa mit. Großbritannien hatte bereits am Dienstag angekündigt, | |
"erfahrene Militärberater" nach Bengasi zu schicken. | |
Grundsätzlich sollen solche Berater dazu beitragen, dass die libyschen | |
Aufständischen ihre militärischen Aktivitäten besser mit der Nato | |
abstimmen. Darüber hinaus sollen sie die Rebellen in militärischer | |
Kommunikation ausbilden und an Waffensystemen schulen. In der Vergangenheit | |
hatten Missverständnisse dazu geführt, dass die Flugzeuge der Allianz auch | |
Aufständische bombardierten. | |
Die USA wollen die libysche Opposition jetzt erstmals direkt unterstützen. | |
Wie Außenministerin Hillary Clinton mitteilte, sollen die Regimegegner | |
medizinische Artikel, Uniformen, Schutzausrüstung, Radios und | |
Nahrungsmittel im Wert von 25 Millionen Dollar (17,2 Millionen Euro) | |
erhalten. Vorausgegangen seien wochenlange Beratungen mit dem Übergangsrat | |
in Bengasi über die am dringendsten benötigten Güter. Der Übergangsrat hat | |
auch um Waffenhilfe gebeten, aber die USA haben bisher nicht darüber | |
entschieden. | |
## UN wirft Gaddafi Kriegsverbrechen vor | |
Die UN warfen Gaddafi einen schmutzigen Krieg vor. "Nach internationalem | |
Recht ist der Beschuss von medizinischen Einrichtungen ein | |
Kriegsverbrechen. Und es ist ein ernster Verstoß gegen das Völkerrecht, | |
rücksichtslos auf Zivilisten zu feuern", sagte die Hohe Kommissarin der | |
Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay. "Der Einsatz von | |
ungenauen Waffen wie Streubomben, Raketenwerfern und Mörsern in dicht | |
bevölkerten Gebieten führt zwangsläufig zu zivilen Opfern." | |
Der von den libysche Aufständischen gebildete Übergangsrat sprach sich für | |
den Einsatz ausländischer Truppen zum Schutz der Zivilisten in Misurata | |
aus. Abdelhafizh Ghoga, ein führendes Ratsmitglied, sagte am Abend in | |
Bengasi: "Wenn dies nötig ist, um humanitäre Hilfe zu leisten oder sichere | |
Zonen für Zivilisten zu schaffen, so wäre dies auch durch die UN-Resolution | |
1973 gedeckt." Die Rebellen wollten aber nicht, dass diese Truppen mit | |
ihnen an der Front gegen die Soldaten Gaddafis kämpfen. | |
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnte den Einsatz von | |
Bodentruppen ab. Dies schließe die Libyen-Resolution der Vereinten Nationen | |
aus, sagte er am Rande eines EU-Treffens mit dem Golfkooperationsrat in Abu | |
Dhabi. Man müsse sich von dem Gedanken trennen, "dass eine schnelle | |
militärische Lösung wahrscheinlich ist", betonte Westerwelle. "Der | |
politische Prozess wird eine Lösung bringen." | |
## Diskussion um das weitere Vorgehen der Nato | |
In der Diskussion um die weitere Strategie des Militäreinsatzes in Libyen | |
hat der ehemalige Nato-General und Oberbefehlshaber der KFOR-Truppen auf | |
dem Balkan, Klaus Reinhardt, für Waffenstillstandsverhandlungen plädiert. | |
Man müsse endlich davon absehen zu fragen, welche militärischen Mittel man | |
noch einsetzen wolle, um den Krieg in Libyen zu beenden, sagte Reinhardt am | |
Donnerstag im Deutschlandradio Kultur. | |
Auch nach vier Wochen Krieg denke Gaddafi nicht ans Einlenken. Nun sei es | |
dringend erforderlich, alles daran zu setzen, zu einem Waffenstillstand zu | |
kommen. Nur das helfe der Bevölkerung, sagte Reinhardt. "Man darf nicht nur | |
auf die Rebellen hören, sondern man muss nun dazu übergehen, dass endlich | |
dieser Krieg dort beendet wird." | |
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp | |
Mißfelder, kritisierte das Verhalten der Nato-Mitgliedsländer zu Beginn der | |
Libyen-Krise. Es sei ein falscher Mechanismus, wenn einzelne Länder | |
öffentlich vorpreschten, sagte Mißfelder im Deutschlandfunk. Das Zögern der | |
Europäischen Union sowie die mangelnde Entschlusskraft die am Anfang | |
ausgestrahlt worden sei, habe den libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi | |
eher bestärkt, sagte der CDU-Politiker. | |
21 Apr 2011 | |
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