# taz.de -- Diskussion um U-Bahn-Attacke: Schläger sorgen für Streit | |
> Nach der brutalen U-Bahn-Attacke am Ostersamstag fordern Politiker | |
> härtere Strafen für jugendliche Straftäter. Die beiden 18-Jährigen sind | |
> wieder auf freiem Fuß. | |
Bild: Szene aus der Überwachungskamera von dem Überfall im Februar. | |
Nach dem Überfall im U-Bahnhof Friedrichstraße, bei dem zwei 18-Jährige | |
einen Unbeteiligten bewusstlos prügelten, wird erneut über den Umgang mit | |
jugendlichen Gewalttätern diskutiert. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU | |
fordert härtere Strafen und die Einführung eines Warnschussarrests. Die | |
Gewerkschaft der Polizei (GdP) setzt sich für mehr Polizeipräsenz in den | |
U-Bahnhöfen ein. Für Kritik sorgte vor allem, dass die Tatverdächtigen nach | |
ihrem Geständnis auf freien Fuß gesetzt wurden. | |
In der Nacht zum Ostersamstag verletzte der Haupttäter, ein 18-jähriger | |
Schüler, einen 29-jährigen Mann mit mehreren Tritten gegen den Kopf so | |
schwer, dass dieser das Bewusstsein verlor. Erst nach dem Eingreifen eines | |
Touristen aus Bayern ließ der Jugendliche von seinem Opfer ab und flüchtete | |
mit seinem Kompagnon. Nachdem er sich am Samstagabend stellte und ein | |
umfassendes Geständnis ablegte, ließ ihn die Polizei trotz Ermittlungen | |
wegen versuchten Totschlags wieder frei. | |
Diese Entscheidung trifft bei Christian Pfeiffer, Chef des Kriminologischen | |
Forschungsinstituts Niedersachsen, auf Unverständnis. Seiner Meinung nach | |
besteht Fluchtgefahr, da der Schläger mit einer Freiheitsstrafe ohne | |
Bewährung rechnen müsse. "Dann kann es doch aus der Sicht der Jugendlichen | |
heißen, nichts wie weg vor der Hauptverhandlung", so Pfeiffer. | |
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Holger Freund, verteidigte die | |
Haftverschonung. Der 18-Jährige habe sich einsichtig gezeigt, sei bisher | |
nicht straffällig geworden, lebe bei seinen Eltern und besuche regelmäßig | |
die Schule. "Er muss sich als Auflage dreimal in der Woche bei der | |
zuständigen Polizeiwache in Reinickendorf melden", betonte eine | |
Polizeisprecherin. | |
Dass die Haftrichter bei Jugendlichen nicht immer Milde walten lassen, | |
zeigt eine ähnliche Gewalttat. Am 11. Februar überfielen vier Minderjährige | |
im U-Bahnhof Lichtenberg einen 30-Jährigen. Sie verletzten ihr Opfer so | |
schwer, dass es ins Koma fiel und noch heute eine Rehabilitation macht. Die | |
Verdächtigen, darunter ein 14-Jähriger, sitzen seit Februar in | |
Untersuchungshaft. Dabei waren sie der Polizei ebenfalls nicht als | |
Straftäter aufgefallen. Der Unterschied zum 18-Jährigen Täter im U-Bahnhof | |
Friedrichstraße: Sie stammen aus Kenia, Albanien, Bosnien und dem Kosovo. | |
"Deutsche werden nicht privilegiert", sagt der Staatsanwaltssprecher | |
Freund. "Aber es ist zu prüfen, ob die Tatverdächtigen Bezüge ins Ausland | |
haben." Dann bestünde durchaus Fluchtgefahr. Auch der auf Jugendstrafrecht | |
spezialisierte Rechtsanwalt Jaspar Graf von Schlieffen sieht weder "eine | |
willkürlich noch migrantenfeindliche Entscheidung der Haftrichter". Der | |
deutsche Tatverdächtige sei sozial stärker in Deutschland verwurzelt als | |
die mutmaßlichen Täter mit Migrationshintergrund. "Außerdem hat der | |
deutsche Schüler mit seinem Geständnis die Karten auf den Tisch gelegt", so | |
von Schlieffen zur taz. | |
Auf Bundesebene befeuerte der aktuelle Vorfall indes die Debatte um den | |
Warnschussarrest. Dabei sollen zu Bewährungsstrafen verurteilte Jugendliche | |
für einige Wochen zur Abschreckung ins Gefängnis. Die | |
Bundesjustizministerin will einen Gesetzentwurf im Juni vorlegen. | |
26 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Manuel Opitz | |
Manuela Heim | |
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