# taz.de -- Urteil nach brutalem Überfall: Hohe Haftstrafen für U-Bahnschläg… | |
> Das Landgericht verurteilt vier Schüler für einen brutalen Überfall im | |
> Bahnhof Lichtenberg wegen versuchten Mordes zu hohen Haftstrafen. Richter | |
> sehen als Motiv "pure Lust an der Gewalt". | |
Bild: Szene aus der Überwachungskamera von dem Überfall im Februar. | |
Zehn Monate nach dem Überfall im Bahnhof Lichtenberg hat das Landgericht | |
die vier Täter wegen versuchten Mordes zu vier bis sechs Jahren Haft | |
verurteilt. Das Gericht blieb damit unter der Forderung der | |
Staatsanwaltschaft von fünf bis acht Jahren. Für das von der Anklage | |
genannte Motiv "Hass auf Deutsche" fand das Gericht keine Beweise, wertete | |
die Tat jedoch dennoch als Mordversuch. Die vier Schüler hätten die Tat | |
"ohne jeglichen nachvollziehbaren Anlass aus purer Lust an der Gewalt | |
begangen", sagte Gerichtssprecher Tobias Kaehne. | |
Die vier Schüler hatten in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar einen | |
Maler im Bahnhof Lichtenberg angegriffen und bis zur Bewusstlosigkeit | |
geschlagen und getreten. Der 30-Jährige überlebte dank einer Notoperation | |
und lag über Wochen im künstlichen Koma; er leidet weiter an den Folgen der | |
schweren Kopfverletzungen. Sein Kollege konnte zunächst fliehen. Er wurde | |
außerhalb des Bahnhofes ebenfalls geschlagen; da ein Passant eingriff, kam | |
er mit Prellungen und Blutergüssen davon. | |
Drei der Täter waren zur Tatzeit 17 Jahre, einer 14 Jahre alt, sie stammen | |
aus Familien mit Migrationshintergrund. Sie hatten die Tat im Laufe des | |
Verfahrens teilweise eingeräumt, aber kein umfassendes Geständnis abgelegt. | |
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ein Verteidiger kündigte bereits | |
an, in Revision zu gehen. | |
Zwei weitere Gewalttaten hatten in den vergangenen Monaten für Aufsehen | |
gesorgt: Im September rannte ein 23-Jähriger auf der Flucht vor einer | |
Gruppe von Schlägern vor ein Auto und starb. Im April griff ein 18-jähriger | |
Gymnasiast angetrunken zusammen mit einem Freund einen Installateur an: | |
Auch er trat dem Opfer, als dieses bereits am Boden lag, mehrmals auf den | |
Kopf. Er stellte sich am nächsten Tag und wurde von Untersuchungshaft | |
verschont. Im September verurteilte ihn das Gericht wegen versuchten | |
Totschlages zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft. | |
Dass im aktuellen Fall trotz des Alters der Angeklagten weitaus höhere | |
Strafen verhängt wurden, begründet Gerichtssprecher Kaehne mit der höheren | |
Aggressivität der Tat. "Es ist dieselbe Kategorie, aber das war noch eine | |
ganze Ecke härter", so Kaehne. Das Opfer sei dreimal wiederaufgestanden und | |
immer wieder zu Boden geschlagen worden, dem fliehenden zweiten Opfer | |
hätten die Täter nachgestellt. Schon in der Stunde vor der Tat habe die | |
Gruppe laut Kaehne mehrmals versucht, Passanten zu provozieren - "bis dann | |
mit den Opfern jemand darauf einstieg und die Situation eskalierte." Die | |
Täter waren nicht vorbestraft, anders als der 18-jährige Gymnasiast der | |
Polizei jedoch bereits durch vorherige Gewalttaten bekannt. So habe einer | |
der Haupttäter, der mit sechs Jahren bestaft wurde, bereits zweimal zuvor | |
Passanten angegriffen. Diese Fälle wurden mitverhandelt. Zudem hätten beide | |
Haupttäter während der Untersuchungshaft Mithäftlinge angegriffen und | |
verletzt. | |
Den von der Anklage erhobenen Vorwurf, die Täter hätten aus "Hass auf | |
Deutsche" gehandelt, wies das Gericht zurück. Das Opfer hatte angegeben, | |
die Täter hätten ihn "Scheiß-Nazi" genannt. Dies sei jedoch allein von dem | |
Opfer geäußert worden, so Gerichtssprecher Kaehne, er habe aber aufgrund | |
der Tat schwere Gedächtnisstörungen. "Das Gericht hat die Aussagen des | |
Opfers nicht als verlässlich eingestuft. Von Zeugen konnten die Aussagen | |
nicht bestätigt werden." | |
Der Angriff sorgte bundesweit für Aufsehen, in Spendenaktionen kamen | |
Zehntausende Euro zusammen, mit denen dem Opfer unter anderem eine neue | |
Wohnung finanziert wurde. Die Medien hatten in den letzten Jahren intensiv | |
über Überfalle und Gewalttaten an Berliner Bahnhöfen berichtet. Eine | |
zunehmende Häufung solcher Fälle kann Gerichtssprecher Kaehne jedoch nicht | |
bestätigen. "Diese Fälle sind nicht neu. Verändert hat sich die Darstellung | |
in Medien - vor allem wenn Videoaufnahmen verfügbar sind." | |
21 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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