Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kenia will Nuklearenergie einführen: Atomkraft für Afrika
> Afrikanische Staaten träumen vom Einstieg in die Kernkraft.
> Verantwortlich dafür ist die Atomenergieorganisation IAEO, die die
> nukleare Werbetrommel rührt.
Bild: Wilde Müllkippe in Afrika: Bald könnte auch noch Atommüll dazu kommen.
Auch in Kenia wird über Atomkraft diskutiert, wegen eines Ereignisses vor
einigen Wochen. Gemeint ist nicht die Katastrophe von Fukushima, es
handelte sich vielmehr um eine Titelstory der Daily Nation: Bis 2012 werde
Kenia am Stadtrand von Nairobi ein Atomkraftwerk errichten, dass 35
Gigawatt Strom erzeugen soll. Der Atommüll werde einfach in einigen 50
Kilometer tiefen Löchern vergraben, hieß es weiter - ein Aprilscherz.
Das hielt den Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO),
Yukija Amano, nicht davon ab, auf Nachfragen von Journalisten positiv zu
reagieren. "Wenn Kenia Kernkraft erzeugen will, werden wir zu Kenia
stehen", sagte er in Nairobi. "Ich glaube fest, dass auch
Entwicklungsländer Kernenergie nutzen sollen."
Dieser Glaube ist auch nach der Atomkatastrophe von Fukushima
unerschüttert: Die IAEO wurde 1957 dezidiert mit dem Ziel gegründet, die
friedliche und sichere Nutzung der Kernenergie zu fördern. Amano rührt
deshalb kräftig die Werbetrommel - auch in anderen Staaten, die einem kaum
als sichere Standorte für Atommeiler in den Sinn kommen.
Nigeria, Algerien, Marokko, Tunesien und eben Kenia stehen auf der Liste
der sechzig Länder, die in den vergangenen Jahren Interesse am Bau von
Atomkraftwerken bekundet haben sollen. Kenias damaliger
Wissenschaftsminister William Ruto, der inzwischen vom Internationalen
Strafgerichtshof gesucht wird, bestätigte noch im September 2010 vor der
IAEO-Hauptversammlung das Ziel seiner Regierung, AKWs zu bauen.
## "Wenn man sofort Strom braucht, hilft Atomenergie nicht"
In Nigeria ist sogar ein Versuchsreaktor in Betrieb: in Saria im Norden des
Landes. "Nigeria hat mit einem Nuklearenergieprogramm begonnen, als Teil
unserer Strategie der Selbstversorgung mit Energie", kündigte Nigerias
Wissenschaftsminister Mohammed Abubakar beim letzten IAEO-Gipfel an. Wenige
Wochen später vereinbarten Nigeria und Russland die Lieferung von
Reaktoren.
"Wir sind sicher, dass die Kernenergie uns nützen wird", so Nigerias
Außenminister Odein Ajumogobia. "Was die Sicherheit angeht, haben wir keine
Bedenken: Wir halten uns an alle internationalen Abkommen." Dass sich
Ajumogobias Meinung nach dem Reaktorunglück von Fukushima geändert hat, ist
unwahrscheinlich. Eine breite Stimmung gegen die Atomkraft jedenfalls ist
in Nigeria nicht auszumachen.
Dabei gäbe es Grund genug dazu. Wegen ständiger Pannen in den oft trocken
liegenden Wasserkraftwerken oder den wenigen Gaskraftwerken im Land haben
die 155 Millionen Nigerianer nur wenige Stunden Strom am Tag. Oft wird auch
der einzigen Raffinerie im Land der Strom abgestellt, dann wird der Diesel
für die zahllosen Generatoren im Land knapp. Pläne der Regierung, die
Stromversorgung zu sichern, scheitern auch daran, dass innerhalb von
Ministerien und Staatskonzernen Millionensummen verloren gehen. "Bis jetzt
zahlen wir für die Korruption im Land nur mit Stromausfällen", warnt
Olorundare Aworowa, einer der wenigen lautstarken Atomkraftgegner im Land.
"Im Falle eines atomaren Zwischenfalls würden wir mit Menschenleben zahlen
müssen."
Ob Atomkraft armen Ländern helfen kann, ist selbst unter
Kernkraftbefürwortern umstritten. Die IAEO räumt auf ihrer Website ein:
"Wenn man sofort Strom braucht, hilft Atomenergie nicht - man geht eine
langfristige, länger als 100 Jahre währende Verpflichtung ein." Zudem sind
die Kosten so hoch, dass viele Länder nach Ausschreibungen vom Bau absehen.
Oft fehlen die technischen Voraussetzungen. Wenn das Stromnetz zu sehr von
einem einzigen Kraftwerk abhängt, droht es zusammenzubrechen.
27 Apr 2011
## AUTOREN
Marc Engelhardt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Atomkraft in Afrika: Wettlauf der AKW-Bauer
Um den rasant steigenden Energiebedarf zu decken, ist jedes Mittel recht:
Aktuell baut China Atomkraftwerke in Kenia und nun auch im Sudan.
Spanisches Atomkraftwerk mit Leck: "Auf ungewünschte Weise geöffnet"
Aus dem Kühlkreislauf von Asco I ist radioaktives Wasser ausgelaufen - die
Ursache ist unklar. 14 Mitarbeiter mussten dekontaminiert werden.
Atomkraft in Asien: Der Preis des Fortschritts
Weltweit sehen viele Staaten keinen Grund, den Ausbau der Atomenergie zu
stoppen - allen voran China und Indien. Schwere Unfälle nehmen sie in Kauf.
Tschernobyl-Liquidator Andrejew: "Die Gierigen zahlen doppelt"
Julij Borisowitsch Andrejew hat die Spezialeinheit zur Bekämpfung der
Reaktorkatastrophe von Tschernobyl aufgebaut. Heute lebt der
Katastrophenexperte in Wien.
Havariertes AKW Fukushima: Zu viel verseuchtes Wasser
Der Pegelstand des radioaktiv kontaminierten Wassers im AKW Fukushima
steigt weiter an. Japans Regierung sagt: Erfahrungen aus Tschernobyl
halfen, die Reaktorkatastrophe zu managen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.