# taz.de -- GDL und Privatbahnen: Arbeitskampf in der Provinzbahn | |
> Die Lokführergewerkschaft GDL beißt bei den Privatbahnen auf Granit. Die | |
> Firmen lehnen einen Branchentarif ab. Das Ultimatum an die Arbeitgeber | |
> läuft am Sonntag aus. | |
Bild: Zeit und Muße zum Putzen: Regionalzüge bleiben im Depot. | |
Am Tag der Arbeit ruht Claus Weselsky nicht. Der Chef der Gewerkschaft | |
Deutscher Lokomotivführer (GDL) wird am 1. Mai das Faxgerät und sein | |
Telefon im Auge behalten. Denn am Sonntag läuft ein Ultimatum aus, das die | |
Gewerkschaft all den privaten Bahnen gestellt hat, die sich einem | |
bundeseinheitlichen Tarifvertrag für die Lokführer trotz langer Warnstreiks | |
verweigern. | |
Zuletzt streikten die Lokführer 60 Stunden am Stück. Die Namen der | |
Arbeitgeber sind den meisten unbekannt. Abellio, Arriva, Benex, Veolia, | |
Keolis und die Hessische Landesbahn sind die dicksten Brocken im Geschäft. | |
Sie gehören zum Teil großen ausländischen Verkehrskonzernen und besitzen | |
über Beteiligungen etwa zwei Dutzend Bahnunternehmen in Deutschland, die | |
zum Teil durchaus wichtige Pendlerstrecken im Regionalverkehr bedienen. | |
Nur Keolis, Tochter der französischen SNCF, ließ sich bisher auf | |
Verhandlungen ein. Der Arbeitskampf zeigt offenkundig Wirkung. Nach Angaben | |
der GDL wollen nun auch andere Bahnbetreiber an den Verhandlungstisch | |
zurückkehren. | |
Noch zeigt sich die GDL kämpferisch und zuversichtlich. Doch die Position | |
in diesem Tarifkonflikt ist nicht so aussichtsreich, wie die Funktionäre | |
glauben machen wollen. Die Gewerkschaft kämpft für einen | |
Bundesrahmentarifvertrag für alle Bahnunternehmen. Mit der Deutschen Bahn | |
(DB) hat sich die GDL bereits darüber verständigt. Für den Konzern war dies | |
kein großes Opfer, weil er als Branchenführer ohnehin das höchste | |
Lohnniveau im Schienenverkehr vorweisen kann. | |
## Mit zwei Dutzend Kleinbahnen verhandeln | |
Das Problem sind die privaten Konkurrenten der DB. Das Einkommensniveau der | |
Lokführer bei diesen regional tätigen Bahnen liegt um bis zu 30 Prozent | |
unter dem der DB. Das ist der große Wettbewerbsvorteil der Unternehmen, die | |
deshalb bei Ausschreibungen im Regionalverkehr günstige Angebote liefern | |
können. | |
Ein Problem ist die Zersplitterung des Arbeitgeberlagers. Einen | |
vertragsfähigen Verband gibt es nicht. Zunächst hatten die Privaten als | |
sogenannte G 6 gemeinsam mit den Bahngewerkschaften verhandelt. Im Februar | |
gelang so eine Einigung mit der großen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft | |
(EVG). Dort sind alle anderen Berufsgruppen bei der Bahn vertreten. | |
Doch nachdem die GDL auf einem eigenen Rahmentarifvertrag auf dem Niveau | |
der DB bestand, zerfiel die G 6. Nun muss die GDL mit zwei Dutzend | |
Kleinbahnen einzeln verhandeln. Deren Interesse an einer starken | |
Lohnsteigerung ist gering, weil so der wichtigste Vorteil im Wettbewerb | |
verloren ginge. "Eher ziehen wir uns aus dem Geschäft zurück", sagt ein | |
Manager einer Bahn. | |
Das zweite Problem ist die Deutsche Bahn. Lange hat die GDL den | |
Tarifabschluss mit dem Konzern hinausgezögert, um mit Warnstreiks beim | |
Branchenprimus in der Öffentlichkeit auffallen zu können. Nun kann sie nur | |
noch bei den Mittelständlern in der Provinz streiken. Zudem ist der | |
Organisationsgrad der etwa 2.000 betroffenen Lokführer bei mancher | |
Privatbahn gleich null. Eine Position der Stärke sieht anders aus. | |
Dabei ist die GDL schon einmal entgegen allen Prognosen mit dem Kopf durch | |
die Wand gerannt. 2007/08 zwang die Gewerkschaft der DB einen | |
eigenständigen Tarifvertrag auf. Bis dahin gab es für die 150.000 | |
Tarifbeschäftigten im Konzern nur eine Vereinbarung mit allen | |
Gewerkschaften. Bis 2006 wurde auch gemeinsam verhandelt. Dann zog sich die | |
GDL zurück. | |
"Es machte keinen Sinn mehr, mit Transnet in einem Boot zu sitzen", | |
erinnert sich der damalige GDL-Chef Manfred Schell. Er wirft der großen | |
Gewerkschaft noch heute zu viel Kungelei mit dem Bahnvorstand vor. Fast | |
3.000 Bahner wechselten in die Spartengewerkschaft. | |
29 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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