| # taz.de -- Sicherheitsexperte über Sony-Hack: "Es ist noch keiner gestorben" | |
| > War der Datendiebstahl bei Sony der "größte Hack aller Zeiten"? | |
| > Sicherheitsexperte Sandro Gaycken meint: unwichtig. Und spricht mit der | |
| > taz über den laxen Umgang mit dem Thema Sicherheit. | |
| Bild: Kein Theater, sondern die Entschuldigung japanischer Sony-Manager. | |
| taz: Herr Gaycken, Hacker haben bei Sony Millionen Nutzerdaten | |
| illegalerweise kopiert - inklusive Kreditkarteninformationen. Eine | |
| Katastrophe? | |
| Sandro Gaycken: Diese Sony-Geschichte wurde in der Presse total | |
| hochgekocht. Der Schaden, der bei diesen Diebstählen bei kommerziellen | |
| Datenbankenbetreibern entsteht, ist aber faktisch nicht sehr groß. Die | |
| Täter sind entweder Kleinkriminelle, die Betrügereien durchziehen wollen, | |
| bei denen aber bislang immer noch jeder Schaden rückerstattet wird. Oder | |
| die Täter sind Werber, die gezielte Werbung platzieren wollen. In beiden | |
| Fällen ist noch niemand gestorben, keine Existenz wurde ruiniert. Nur | |
| Kreditkartenunternehmen und Rückversicherer sind diffus geschädigt. Starke | |
| staatliche Überwachung als anderes Datenschutzthema halte ich da im | |
| Vergleich für wesentlich schwieriger. Da entstehen reale Probleme in | |
| unserem Verhältnis zum Staat. Aber in Fällen wie Sony bin ich eher bei der | |
| Masse der Bevölkerung, die sagt: Da ist nichts Schlimmes passiert, das | |
| juckt mich nicht. | |
| Ist der Datenverlust von Sony ein Einzelfall? | |
| Von der Dimension her ist das natürlich schon eine Riesengeschichte. Aber | |
| eigentlich ist das nichts Neues. Wir haben Einbrüche wie diesen am | |
| laufenden Band. Im Kleinen fast täglich und im Großen auch recht | |
| regelmäßig, mit zwei, drei, vier Events pro Jahr. In der Regel sind die | |
| Unternehmen oft recht lax mit Sicherheit, gerade gegen Innentäter wie | |
| verärgerte Angestellte. | |
| Das heißt: Was jetzt bei Sony passiert ist, kann theoretisch bei jedem | |
| Konzern passieren? | |
| Na klar. Sony hält sich noch mit Details zurück - wahrscheinlich weil sie | |
| nicht in der Lage sind, das Leck schnell zu schließen. Viele Unternehmen | |
| machen bei der IT-Sicherheit nur das Nötigste, das, wozu sie gesetzlich | |
| verpflichtet werden, weil das ein teurer Posten ist. Und sie versuchen oft, | |
| Einbrüche geheim zu halten, um Imageschäden und Klagen zu vermeiden. Dass | |
| dieser Fall ans Licht gekommen ist, ist vielleicht eine | |
| Kommunikationspleite bei Sony. | |
| Sony wird jetzt dafür kritisiert, wie sie die Kreditkarteninformationen | |
| verschlüsselt haben. Zu Recht? | |
| Ein kritischer Sicherheitsaspekt ist sicher, dass diese Millionen Daten | |
| alle zentral vorrätig gehalten waren. Das macht man eigentlich nicht, wegen | |
| des hohen Sicherheitsrisikos: Wenn da einmal einer einbricht - oder eben | |
| ein Insider etwas abzieht -, dann sind die sofort alle weg. Aber es spart | |
| eben viel Geld und Aufwand. Da müsste jetzt der Staat regulierend | |
| eingreifen. Das wird ja aktuell politisch diskutiert. Das sind aber alte | |
| Gedanken. Wenn ein solches Thema in den Medien herumgeistert, wird da immer | |
| mal wieder drüber geredet - und nach ein paar Tagen ebbt die Debatte wieder | |
| ab. | |
| Was wären denn sinnvolle politische Forderungen? | |
| Sicher kann man die Unternehmen, die jetzt von diesen Datenpannen betroffen | |
| sind, dazu auffordern, mehr in Sicherheit zu investieren. Dazu müsste man | |
| Regulierungsbehörden einrichten, die die IT-Sicherheit von Firmen | |
| kontrollieren. Allerdings ist unklar, was man da vorgeben sollte. Es gibt | |
| eine Reihe von sehr harten Sicherheitsmechanismen, aber unter denen leiden | |
| oft Funktionalität, Effizienz und damit Kosten-Nutzen-Verhältnisse. Dagegen | |
| werden sich die Firmen wehren. Und: Sehr gute Sicherheit müsste auf | |
| Forschungsstand operieren, was schwierig ist. Da hat man einen chronischen | |
| Nachteil. Schließlich wird auch die Frage aufkommen: Wie stark muss man | |
| regulieren? Eine mögliche Argumentation ist: Wenn die Unternehmen nicht in | |
| der Lage sind, ihre Daten zu sichern, muss sich der Staat mit | |
| Strafverfolgung einschalten, um abzuschrecken. | |
| Der Sony-Hack könnte Überwachungsfans Auftrieb geben? | |
| Wenn die Unternehmen keine Datensicherheit leisten, werden im Staat schnell | |
| Stimmen laut, die eine erhöhte Internetüberwachung wie die | |
| Vorratsdatenspeicherung einfordern, weil man da - mit viel Glück - sehen | |
| könnte, wer bei Sony eingestiegen ist. Dann stellt sich allerdings die | |
| Frage nach der Verhältnismäßigkeit - denn mit einer solchen Maßnahme sind | |
| Bürgerrechte und Freiheitsempfinden in einem großen Maße beschränkt und | |
| gefährdet. Plötzlich hat man also auf beiden Seiten ein Datenschutzproblem. | |
| Und staatliche Überwachung wiegt da sehr viel schwerer als die für den | |
| Nutzer banalen und kaum folgenreichen kommerziellen Datenpannen. | |
| Sie sind nicht geschockt - weniger erfahrene Nutzer vielleicht schon. Steht | |
| uns eine Vertrauenskrise des Internets bevor? | |
| Mich würde es schwer wundern, wenn diese Sony-Geschichte eine | |
| Vertrauenskrise in das Internet auslösen würde. Ältere sehen das alles | |
| skeptisch - aber die hatten sowieso nie Vertrauen in die Technologie. | |
| Jüngere, die auch bei Facebook und anderswo im Netz umtriebig sind, die | |
| schreckt das gar nicht ab. Meiner Meinung nach ist das keine ganz | |
| unberechtigte Haltung. | |
| 5 May 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Meike Laaff | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
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