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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Guatemala: Wende im Jahr der Maya?
> Die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú will Präsidentin
> Guatemalas werden. Vor zwei Jahren scheiterte sie. Favorit ist ein
> rechter General.
Bild: Einige Maya-Führer werfen ihr vor, eine Diva zu sein: Rigoberta Menchú.
BERLIN taz | Das Jahr 2012 ist in Guatemala ein ganz besonderes Jahr. Nach
dem Kalender der Maya geht ein 26.000 Jahre währender Zyklus zu Ende, eine
neue Epoche beginnt. So ein Umbruch muss nach der Überzeugung vieler Maya
einen politischen Neuanfang zur Folge haben. Nach über 500 Jahren
Herrschaft der Weißen und der Mestizen seien nun endlich wieder sie an der
Reihe. Immerhin stellen sie gut die Hälfte der Bevölkerung.
Und weil am 11. September Präsident und Abgeordnete gewählt werden und der
Regierungswechsel Anfang 2012 stattfinden wird, werde die erste
Maya-Kandidatin für das Präsidentenamt auch gewinnen: Rigoberta Menchú, die
Friedensnobelpreisträgerin von 1992. Am Wochenende wurde sie von einer
linken Koalition zur Kandidatin gekürt.
Sie hatte es schon 2007 versucht. Damals war die Linke zersplittert, Menchú
hatte kaum Geld für den Wahlkampf und bekam am Ende nicht einmal 5 Prozent.
Eine Rolle mögen auch Vorbehalte vieler Maya-Führer gespielt habe. Sie
werfen der Friedensnobelpreisträgerin vor, sie sei eine Diva, die mehr in
Mexiko als in Guatemala lebe und nicht mehr wisse, wie es ihrem Volk gehe.
Über 90 Prozent der guatemaltekischen Maya leben in Armut, über die Hälfte
ihrer Kinder ist unterernährt.
Menchú hat die Wahlschlappe schnell weggesteckt. Das sei nur ein Probelauf
gewesen, um Erfahrung zu sammeln. Jetzt aber werde es ernst, um dann im
magischen Jahr 2012 tatsächlich eine neue Epoche einläuten zu können.
Unterstützt wird sie von der Indígena-Partei Winaq und der Frente Amplio
(Breite Front), in der die ehemalige Guerilla der URNG und die Linkspartei
ANN zusammengeschlossen sind. Dazu kommen 18 Gewerkschaften und soziale
Bewegungen.
## Epochenwechsel steht an
Einen Epochenwechsel – wenn auch in kleinerem Zeitmaßstab – wird die Wahl
vom 11. September in jedem Fall bringen: Der 85-jährige General Efraín Ríos
Montt, der die Geschicke Guatemalas in den vergangenen dreißig Jahren
entscheidend mitbestimmt hat, wird sich aus der Politik zurückziehen. Ríos
Montt hatte sich im März 1982 an die Macht geputscht und war danach für die
blutigsten 18 Monate des 36 Jahre dauernden Bürgerkriegs (1960 bis 1996)
verantwortlich. In dieser Zeit fanden die meisten Massaker an der
indianischen Bevölkerung statt. Nach dem Bericht der
UNO-Wahrheitskommission war dies ein Völkermord.
Ríos Montt sitzt bis heute als Abgeordneter der von ihm gegründeten
Republikanisch-guatemaltekischen Front (FRG) im Parlament. Durch seinen
Rückzug verliert er die strafrechtliche Immunität. Mehrere
Menschenrechtsorganisationen versuchen seit Jahren, ihn wegen Verbrechen
gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu bringen. Die FRG schickt seine
Tochter Zury Ríos als Kandidatin ins Rennen um die Präsidentschaft.
Und noch eine Frau will Präsidentin von Guatemala werden: Sandra Torres,
die Frau des jetzigen Amtsinhabers Álvaro Colom. Als Superministerin für
Soziales hat sie sich bekannt und beliebt gemacht. Doch die Verfassung
verbietet die Kandidatur eines engen Verwandten des Amtsinhabers. Colom und
Torres haben sich deshalb vor einem Monat scheiden lassen. Am Wochenende
aber erklärte ein Gericht diese Scheidung vorläufig für ungültig. Die
Anwälte des Paars haben dagegen bereits Widerspruch eingelegt.
Torres liegt nach den bisherigen Umfragen auf Platz zwei (die Kandidatur
von Menchú ist dabei noch nicht berücksichtigt). Eindeutiger Favorit ist
der rechte General Otto Pérez Molina. Auch an seiner Kandidatur können
Zweifel angemeldet werden: Seine Einheit war während des Bürgerkriegs für
mehrere Massaker verantwortlich. Kriegsverbrecher können sich nach der
Verfassung nicht ums höchste Staatsamt bewerben. Gegen Pérez Molina jedoch
wurde nie ein Strafverfahren angestrengt.
10 May 2011
## AUTOREN
Toni Keppeler
## TAGS
Maya
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