# taz.de -- Kommentar FDP: Die neue Spaßpartei | |
> Diese Personalrochade ist eine interessante Mischung aus viel Bewegung | |
> und wenig Änderung. Im Grunde ist dies noch immer die Westerwelle-FDP - | |
> mit ein paar anderen Gesichtern. | |
Politik ist nicht lustig. Umso mehr ist zu loben, wie energisch die FDP | |
derzeit das bescheidene Unterhaltungsniveau der hiesigen Politik hebt. Die | |
Liberalen spielen Reise nach Jerusalem und lassen uns daran teilhaben. Der | |
Gesundheitsminister wird Wirtschaftsminister, weil er glaubt, da einen | |
besseren Eindruck zu machen. Der Wirtschaftsminister, der im Weg, aber ein | |
gewiefter Reise-nach-Jerusalem-Spieler ist, bekommt dafür den Stuhl des | |
Fraktionschefs. Die Fraktionschefin, die im Weg, aber keine so versierte | |
Spielerin ist, wird Vizeparteichefin. | |
Das ist zwar kein richtiger Stuhl, aber besser als nichts. Daniel Bahr, der | |
Vizeparteichef werden sollte, wird Gesundheitsminister. Nur über | |
Entwicklungshilfeminister Niebel redet niemand. Offenbar ist er zu | |
unwichtig, um beim heiteren Ringelreigen mitspielen zu dürfen. | |
Dem Publikum mag bei diesem Drehkarussell ganz schwindelig werden. Doch | |
dafür gibt es keinen Grund. Denn eigentlich ändert sich gar nicht viel. | |
Diese Personalrochade ist eine interessante Mischung aus viel Bewegung und | |
wenig Änderung, aus maximalem machtpolitischem Energieaufwand und minimalem | |
Effekt. Denn abgesehen davon, dass der neue FDP-Chef Philipp Rösler endlich | |
das unpopuläre Gesundheitsministerium los ist, bleibt vieles gleich. | |
Generationenwechsel? Rainer Brüderle, der knorrige Wirtschaftsliberale, der | |
schon Minister war, als Generalsekretär Christian Lindner seine Schultüte | |
bekam, ist keineswegs entmachtet. Als Fraktionschef hat er einen Posten, | |
von dem aus er mögliche Öffnungen zur SPD oder einen moderaten Ökokurs | |
wirksam bekämpfen kann. Dass eine solche Öffnung angestrebt wird, ist | |
allerdings gar nicht zu erkennen. Das zeigt die Berufung von Daniel Bahr, | |
einem entschlossenen, überzeugten Neoliberalen, zum Gesundheitsminister. Im | |
Grunde ist dies noch immer die Westerwelle-FDP - mit ein paar anderen | |
Gesichtern. Eine hübsche Randpointe ist, dass Rösler vor ein paar Tagen | |
noch mehr Frauen in der FDP-Spitze forderte - und jetzt eine fast rein | |
männliche Führung etabliert. Die FDP ist derzeit wirklich eine Spaßpartei. | |
Dieser Zustand wird allerdings nicht von Dauer sein. Wenn das amüsante | |
Stühlerücken vorbei ist, beginnt unweigerlich die Fahndung nach neuen | |
Inhalten. Es gilt ja, das Image der Steuersenkungspartei abzustreifen. Ein | |
Label dafür gibt es schon: "mitfühlender Liberalismus". Lustig wird das | |
nicht. | |
10 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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