# taz.de -- Gesuch an IWF eingereicht: Strauss-Kahn tritt zurück | |
> Der unter Vergewaltigungsverdacht stehende IWF-Chef Dominique | |
> Strauss-Kahn legt sein Amt nieder. In der Nachfolgerfrage stellte | |
> Brasilien den Anspruch Europas auf den IWF-Chefsessel in Frage. | |
Bild: IWF-Gremientreffen in Washington. Die Diskussion über die Nachfolge von … | |
NEW YORK rtr | IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn tritt zurück. In dem am | |
Donnerstag vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichten | |
[1][Rücktrittsgesuch] wies der wegen versuchter Vergewaltigung in New York | |
inhaftierte Franzose allerdings die Vorwürfe gegen ihn entschieden zurück. | |
"Ich möchte meine ganze Stärke, meine ganze Zeit und all meine Energie | |
verwenden, um meine Unschuld zu beweisen", begründete er seinen Schritt. | |
Zudem wolle er den IWF schützen. Dem 62-Jährigen wird sexuelle Nötigung und | |
Freiheitsberaubung einer Hotelangestellten vorgeworfen. | |
Der Währungsfonds verliert seinen Chef mitten in der europäischen | |
Schuldenkrise. Der IWF kündigte mit, in "naher Zukunft" über den Prozess | |
zur Auswahl eines neuen Chefs zu informieren. Derzeit hat IWF-Vize John | |
Lipsky die Aufgaben von Strauss-Kahn übernommen. Ein offizieller | |
Interimschef wurde aber nicht ernannt. | |
Strauss-Kahn hat unterdessen einen neuen Antrag auf Freilassung gegen eine | |
Kaution von einer Million Dollar gestellt. Das zuständige Gericht sollte | |
noch am Donnerstag darüber verhandeln. | |
## Wellink bringt Trichet ins Spiegel | |
Die Diskussion über einen Nachfolger war bereits vor dem Rücktritt voll | |
entbrannt. Der niederländische Notenbankgouverneur Nout Wellink brachte | |
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet als Kandidaten ins Spiel. Trichet wäre | |
ein "fantastischer Kandidat", sagte Wellink im niederländischen Fernsehen. | |
Trichet soll allerdings erst Anfang November von seinem bereits nominierten | |
Nachfolger, Italiens Notenbankchef Mario Draghi, abgelöst werden. | |
Die Bundesregierung und die EU-Kommission hatten sich für den Fall des | |
Rücktritts bereits für einen Europäer auf dem IWF-Chefsessel ausgesprochen | |
und damit Schwellenländer wie China und Brasilien herausgefordert, die den | |
traditionellen Anspruch Europas auf den Posten knacken wollen. Brasiliens | |
Finanzminister Guido Mantega bekräftigte kurz vor dem Rücktritt die Haltung | |
seiner Regierung. Der nächste IWF-Chef solle auf Grundlage seiner Eignung | |
und nicht seiner Nationalität ausgewählt werden, schrieb Mantega in einem | |
Brief an seine Kollegen in der Gruppe der 20 führenden Industrie- und | |
Schwellenländer. | |
Eine Übereinkunft zwischen den Europäern und den USA hat seit der Gründung | |
des IWF im Jahr 1945 dafür gesorgt, dass ein Europäer das Washingtoner | |
Institut leitet - vier Mal war dies bereits ein Franzose. Im Gegenzug | |
benennen die Amerikaner bislang immer den Chef der Schwesterorganisation | |
Weltbank. | |
Auf den nächsten IWF-Chef warten große Herausforderungen. Ein Ende der | |
europäischen Schuldenkrise ist noch lange nicht in Sicht, und auch in den | |
USA verschärft sich die Haushaltslage kontinuierlich weiter. In vielen | |
Schwellenländern dagegen droht wegen rasantem Wirtschaftswachstum | |
Inflation. Große Schwellenländer kämpfen seit geraumer Zeit darum, dass | |
sich ihre wachsende wirtschaftliche Bedeutung in der IWF-Organisation | |
widerspiegelt. | |
19 May 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.imf.org/external/np/sec/pr/2011/pr11187.htm | |
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