# taz.de -- Ungarns Verbindungen zum NS: Leiter von Gedenkstätte abgesetzt | |
> Der Leiter des Holocaust-Gedenkzentrums in Budapest ist seinen Job los. | |
> Hintergrund ist offenbar ein Streit über die Darstellung der Verbindungen | |
> Ungarns mit den Nationalsozialisten. | |
Bild: Hat Aufklärung nicht so gern: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. | |
BUDAPEST afp | Nach wochenlangem Streit über die Darstellung von Ungarns | |
Verbindungen zu Nazi-Deutschland im Holocaust-Gedenkzentrum in Budapest ist | |
der Leiter des Museums, Laszlo Harsanyi, entlassen worden. Diese | |
Entscheidung habe das neue Gremium der Kuratoren bei seiner | |
konstituierenden Sitzung am Freitag getroffen, teilte das Museum mit. | |
Harsanyi sagte der ungarischen Nachrichtenagentur MTI, ihm seien keine | |
Gründe für die Entlassung genannt worden. Bis zur Ernennung eines | |
Nachfolgers übernimmt laut MTI der konservative Historiker Szabolcs Szita | |
die Leitung des Museums. Harsanyi stand dem Haus seit 2009 vor, sein | |
Vertrag sollte im April kommenden Jahres enden. | |
Über Harsanyis Absetzung war in den Medien schon seit Wochen spekuliert | |
worden. Hintergrund ist ein Streit über die Dauerausstellung des | |
Holocaust-Gedenkzentrums, die aus Sicht der Regierung in Budapest ein | |
verzerrtes Bild von Ungarns Verbindungen zu Nazi-Deutschland zeichnet. | |
Historiker werfen der rechtskonservativen Regierung von Ministerpräsident | |
Viktor Orban hingegen vor, unbequeme Hinweise auf Ungarns Zusammenarbeit | |
mit den Nationalsozialisten ausblenden zu wollen. | |
Hauptstreitpunkt ist ein Bild von Ungarns früherem Staatschef Miklos | |
Horthy, der das Land von 1924 bis 1944 regierte. Er war ein Bündnis mit | |
Nazi-Deutschland eingegangen, im Gegenzug hatte Ungarn 1920 verlorene | |
Gebiete zurückerhalten. In der Nähe von Horthys Porträt hängen in dem | |
Museum Bilder von den Konzentrations- und Vernichtungslagern der | |
Nationalsozialisten. | |
Staatssekretär Andras Levente Gal hatte erklärt, das Bild setze | |
ungerechtfertigter Weise die Rückgabe der Gebiete an Ungarn mit der | |
Deportation von Juden in die NS-Todeslager in einen Zusammenhang. Die | |
Ausstellung müsse daher "neu bewertet" werden. | |
Nach dieser Äußerung waren Zensurvorwürfe gegen die Regierung Orban laut | |
geworden. Für Aufregung insbesondere in der linksliberalen Presse sorgte | |
danach die Ankündigung, ein Kuratorengremium für das Gedenkzentrum | |
einzusetzen, dessen Mitglieder von der Regierung ernannt werden. Der | |
Vorsitzende des Gremiums, Gyorgy Haraszti, sagte laut MTI, ein neues | |
Expertenteam werde ein neues Konzept für die Ausstellung entwerfen. | |
Die ungarische Regierung hatte bereits mit einem umstrittenen Mediengesetz | |
europaweit Kritik ausgelöst. Es sieht unter anderem die Einrichtung eines | |
von der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz dominierten Medienrats | |
vor, der auch Geldbußen bei unliebsamer Berichterstattung verhängen könnte. | |
20 May 2011 | |
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