# taz.de -- Verkehr: Mobilität hat ihre Grenzen | |
> Die Räder der Deutschen Bahn stehen ab sofort an Stationen. Gleichzeitig | |
> wird der Nutzungsradius deutlich eingeschränkt. Bahn sieht keine | |
> Verschlechterung des Services. | |
Bild: Bitte hier parken - und bloß nicht woanders! | |
Die Deutsche Bahn schränkt ihr Angebot für Kunden des Leihradsystems "Call | |
a Bike" ein. Seit Freitag stehen im Zentrum 50 Stationen, an denen die | |
Räder ausgeliehen und abgegeben werden müssen. Die Möglichkeit, die | |
Fahrräder an jeder Straßenecke innerhalb des S-Bahn-Rings abzustellen, gibt | |
es nicht mehr. | |
"Früher wurden die Räder häufig privatisiert", begründet Rolf Lübke, | |
Geschäftsführer bei DB Rent, die Umstellung. Viele Kunden hätten ein | |
Fahrrad zwar an einer Straßenecke abgemeldet, es dann aber bei sich auf den | |
Hof gestellt. So hätten die Räder nicht mehr der Allgemeinheit zur | |
Verfügung gestanden. Mit dem neuen System, bei dem die Räder nur an den | |
eingerichteten Stationen zurückgegeben werden können, sei das nicht mehr | |
möglich. Darüber hinaus erhofft sich das Unternehmen weniger Vandalismus an | |
den Fahrrädern und eine bessere Auslastung. | |
Die Bahn betont, dass ihrer Ansicht nach der Service nicht verschlechtert | |
wird. Mit 1.250 Rädern sollen genauso viele in der Stadt stehen wie mit dem | |
alten System. "Wir reduzieren da nichts", sagt Lübke. Dennoch bedeutet das | |
neue System eine räumliche Einschränkung: Die äußersten Stationen liegen | |
derzeit im Westen am Tiergarten, im Süden an der Zimmerstraße, im Osten | |
kurz vor dem Ostbahnhof und im Norden an der Bernauer Straße. Das | |
entspricht knapp einem Sechstel des Gebietes innerhalb des S-Bahn-Rings. | |
Lübke begründet die Konzentration auf Mitte und anliegende Kieze mit | |
Erfahrungswerten zur Nutzung der Räder. 80 bis 90 Prozent der Wege würden | |
in den Bereichen zurückgelegt, in denen jetzt Stationen stünden. Früher sei | |
es vorgekommen, dass einzelne Räder vom Zentrum an den Rand des S-Bahnrings | |
gefahren worden seien und niemand habe sie wieder in die Stadt zurück | |
gefahren. "Die mussten wir dann mit dem Auto einsammeln, das ist | |
unökologisch", sagt er. | |
In den nächsten Wochen sollen weitere Stationen in Prenzlauer Berg und | |
Kreuzberg dazu kommen. Doch bei 80 ist erst einmal Schluss. Dann sollen | |
Wissenschaftler der TU das System auswerten. Denn das Projekt ist derzeit | |
noch in der Modellphase. Zwei Millionen Euro hat das | |
Bundesverkehrsministerium dazu gegeben, aus der Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung kommt zwar kein Geld, aber personelle Unterstützung. In | |
spätestens einem Jahr, so Staatssekretärin Maria Krautzberger (SPD), solle | |
die Entscheidung fallen, wie es weitergeht. Bis zu 5.000 Räder an 320 | |
Stationen hält die Bahn für möglich. | |
Um auch innerhalb der Modellphase schon mehr als 80 Stationen anbieten zu | |
können, hofft die DB auf private Investoren: Wenn ein Unternehmen sich eine | |
Station vor die Tür stellen wolle, sei das für 1.200 Euro möglich, so Lübke | |
- auch außerhalb des S-Bahn-Rings. | |
Die Senatsverwaltung und die Verkehrsbetriebe haben eine ganz eigene | |
Motivation, die Leihräder zu befürworten. Sie erhoffen sich, dass die Zahl | |
der in den öffentlichen Verkehrsmitteln transportierten Fahrräder zurück | |
geht oder zumindest nicht viel weiter steigt. "Irgendwann werden wir da an | |
eine Grenze stoßen" sagt Krautzberger. | |
"Im Prinzip ist die Umstellung auf Stationen vernünftig", sagt Frank | |
Möller, der sich in verschiedenen Initiativen für eine flexiblere und | |
ökologischere Mobilität einsetzt. Er findet aber, dass die Fahrradstationen | |
mindestens das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings abdecken müssten. | |
Trotz des kleineren Gebiets hofft die DB darauf, dass die Räder stärker | |
genutzt werden. Bei den Ausleihsystemen mit Station etwa in Hamburg seien | |
die Nutzungsraten der Räder drei- bis viermal so hoch wie bei denen ohne | |
Stationen. Etwas steigen dürfte die Nutzung zumindest durch ein saisonal | |
verbessertes Angebot: Die Winterpause soll künftig abgeschafft werden. | |
20 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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