# taz.de -- Umstrittenes Mediaspree-Projekt: Grüne wollen Ufer flach halten | |
> Jetzt wollen auch die Grünen das Daimler-Hochhaus an der Spree | |
> verhindern. Die SPD hält das für Populismus - sie will dem entsprechenden | |
> Antrag nicht zustimmen. | |
Bild: Umstrittenes Merzedes-Bauprojekt an der Spree: Soll soll es nach den Plä… | |
In Friedrichshain-Kreuzberg nimmt der Wahlkampf Fahrt auf. Die | |
Grünenfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellte am | |
Dienstag den Antrag, den Bau von Hochhäusern am Friedrichshainer Spreeufer | |
zu verbieten. Der Bebauungsplan für das Anschutz-Gelände - das derzeit | |
brachliegende Areal um die Arena am Ostbahnhof - solle hierfür geändert | |
werden. Damit reagieren die Grünen auf den Neubau der Vertriebszentrale von | |
Mercedes-Benz, der hier entstehen soll. | |
"Das ist purer Populismus und Wahlkampftaktik", urteilt der | |
SPD-Fraktionsvorsitzende in der BVV, Andy Hehmke. Auch die Grünen wüssten, | |
dass man diesen Antrag niemals durchbekomme. Tatsächlich stehen dem drei | |
große Hürden entgegen: Der Senat würde die Zuständigkeit vermutlich an sich | |
ziehen, wenn der Antrag durchkäme, zudem würden die Bauherren und | |
Investoren Schadensersatz in Millionenhöhe fordern. Voraussichtlich werden | |
ohnehin nur die Grünen in der BVV für den Antrag stimmen. Die | |
Linkenfraktion beantragte die Vertagung. Jetzt wird erst nächsten Monat | |
über den Antrag verhandelt. | |
Ab Herbst will Bauherr Vivico die Mercedes-Vertriebszentrale errichten. Die | |
Stahl-Glas-Konstruktion soll ein 54 Meter hohes Bürogebäude beinhalten. Das | |
widerspricht einer zentralen Forderung des erfolgreichen Bürgerentscheids | |
"Spreeufer für alle" von 2008. Damals hatten fast 90 Prozent der | |
teilnehmenden Bevölkerung gegen den Bau neuer Hochhäuser am Spreeufer | |
gestimmt. Verbindlich ist dies allerdings nicht. | |
Als die Pläne für den Neubau in der vergangenen Woche den Bürgern | |
präsentiert wurden, saß auch Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) auf | |
der Bühne. Damals erklärte er, ihm seien aufgrund des geltenden Baurechts | |
die Hände gebunden. Von den anwesenden Bürgern musste er sich zum Teil | |
heftige Beleidigungen an den Kopf werfen lassen. Nur eine Woche später | |
begründet er nun den Antrag seiner Partei mit den Worten: "Auch für Daimler | |
gilt der erfolgreiche Bürgerentscheid zum ,Spreeufer für alle' ". | |
Carsten Joost von der Bürgerinitiative "Mediaspree versenken" begrüßte den | |
Antrag der Grünen: "Das ist auch das Mindeste, was man verlangen kann." Er | |
hoffe nach wie vor, dass sich die Bauherren und Investoren | |
verhandlungsbereit zeigen würden, so Joost. | |
## Große Hürden | |
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende in der Friedrichshain-Kreuzberger BVV, | |
Antje Kapek, ist da skeptischer: Bisher hätten Mercedes und Vivico keine | |
Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Dennoch könne man den Bebauungsplan | |
nachträglich ändern. Dass der Antrag allerdings auf große Hürden stößt, | |
weiß Kapek: "Senatorin Ingeborg Junge-Reyer hat bereits angekündigt, zur | |
Not die Zuständigkeit über die Entscheidung an sich zu ziehen." | |
Dass die Grünen im Grunde genau das wollen, glaubt SPD-Fraktionschef | |
Hehmke: "Die können es gar nicht erwarten, dass der Senat sich für | |
zuständig erklärt." Dann könne nämlich die Partei ihre Hände in Unschuld | |
waschen und behaupten, sie habe alles versucht, den Bürgerwillen | |
umzusetzen. Dass seine Fraktion nicht für den Antrag stimmen wird, | |
begründet Hehmke so: "In der vergangenen Wahlperiode ist geltendes Recht | |
geschaffen worden. Wenn wir jetzt davon abweichen, werden zwangsläufig | |
Entschädigungsforderungen in Millionenhöhe auf uns zukommen." | |
Ein Sprecher von Vivico teilte der taz mit: "Wir wissen, dass Wahlkampfzeit | |
ist und der Städtebau immer ein großes Thema darstellt." Deshalb halte man | |
sich aus der Diskussion heraus. "Aber wer weder Mercedes noch hohe Gebäude | |
will, mit dem kommen wir nicht zusammen." Ein Daimler-Sprecher wollte sich | |
am Donnerstag nicht zum Thema äußern. | |
26 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Fischer | |
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verstößt. |