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# taz.de -- Champions-League-Sieger Lyon: Die Frauen kommen mit Macht
> Am Ende des Frauenfußball-Champions-League-Finales hatte Olympique Lyon
> die Nase vorn. Klubboss Jean-Michel Aulas sagt: "Die Geduld hat sich
> ausgezahlt".
Bild: Wenig überraschend, dass Potsdam-Spielerin Anja Mittag mit dem Ergebnis …
BERLIN taz | An Fatmire Bajramaj hat es nicht gelegen. Das stellte Bernd
Schröder, der Trainer von Turbine Potsdam, nach dem Abpfiff
unmissverständlich klar. "Sie war eine der Besseren", sagte er nach der
0:2-Niederlage im Champions-League-Endspiel. Die Titelverteidigung ist
misslungen. Zum erstem Mal hat ein französischer Klub den Cup gewonnen.
Warum Potsdam diesmal nicht so recht hat mithalten können, das wollte
Schröder nicht erklären. Seine schlichte Analyse: "Das sind Dinge, die
passieren können." Und viel schlechter sei seine Mannschaft nicht gewesen,
immerhin habe man sich nicht "abschlachten" lassen. Unglückliches 0:1,
Unvermögen im Abschluss und so.
Schröder tat so, als habe er ohnehin seit Wochen Besseres zu tun, als an
die Champions League zu denken. Er arbeitet schon an der nächsten
Spielzeit. "Da werden wir einen anderen Stil spielen", kündigte er an. Und
schon war er wieder beim Thema Bajramaj. Auf sie war in den vergangenen
zwei Jahren das Spiel von Turbine fokussiert. Die Kreativspielerin durfte
so etwas wie einen offensiven Freigeist geben. Beim Spiel nach vorne war es
oberstes Ziel, irgendwann den Ball zu ihr zu spielen. Es war kein besonders
komplexes System, aber es hat gereicht für die ganz großen Titel - bis zum
Donnerstag. In der nächsten Saison spielt Bajramaj beim 1. FFC Frankfurt,
und Schröder muss irgendwie zum Teamfußball zurückkehren, mit dem er vor
der Verpflichtung Bajramajs schon erfolgreich war.
## Fünfstellige Monatsgehälter und 100.000er-Prämien
Für ihn wird es darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Idee vom
Frauenfußball als Amateursportart unter Beweis zu stellen. Die Berater, die
auch die Frauenszene mehr und mehr aufmischen, nennt er schon einmal
"Pharisäer". Bajramajs Manager Dietmar Ness musste sich so bezeichnen
lassen. Er hat den Wechsel seiner wertvollsten Spielerin nach Frankfurt
eingefädelt und daran sicher gut mitverdient.
Von einem fünfstelligen Monatsgehalt ist die Rede und einem Handgeld von
100.000 Euro. Bajramaj soll in Frankfurt nicht nur gut spielen, sie soll
auch Sponsoren anlocken. Dass ihre vielen Termine zur Selbstvermarktung
ihre fußballerische Weiterentwicklung nicht gerade befördert haben, das
hatte Schröder Bajramaj vor den Finale noch vorgeworfen. Seit sie das
frauenfußballerische Gesicht des Sportartikelherstellers Nike ist, war sie
mitten in der Saison zu Dreharbeiten und Werbeterminen in Madrid, Miami und
Kapstadt. Jetzt ist sie in Frankfurt. Schröder ist dennoch optimistisch.
Doch das Potsdamer Modell, mit regionalen Kleinsponsoren großen Sport zu
inszenieren, hat nicht nur gegen das "Frankfurter Großkapital" (Schröder)
zu kämpfen. Das Finale von London, zu dem 15.000 Menschen in das uralte
Stadion des FC Fulham an die Themse gekommen waren, hat gezeigt, dass es
schwer werden wird, wenn die großen Klubs des Männerfußballs ihre
Frauenabteilungen päppeln.
Neun französische Nationalspielerinnen hatte Trainer Patrice Lair gegen
Potsdam aufbieten können, dazu die schwedische Ausnahme- und
Auswahlspielerin Lotta Schelin sowie die Schweizer Frauenfußballikone Lara
Dickenmann, die fünf Minuten vor Ende der Partie das entscheidende 2:0
geschossen hat. Sie haben dafür gesorgt, dass der mächtige Klubboss der
Franzosen, Jean-Michel Aulas, den ersten Europapokal für Olympique Lyon
feiern konnte. Die Männer sind zwar seit 15 Jahren immer für einen
Europapokalwettbewerb qualifiziert, gewonnen haben sie indes noch keinen.
## "Die Geduld hat sich ausgezahlt"
"Die Geduld hat sich ausgezahlt", sagte Aulas im Augenblick des Triumphs
und lobte sich selbst für seine Hartnäckigkeit. Sein großes Engagement für
den Frauenfußball haben im Klub nicht immer alle verstanden. Jetzt darf er
sich feiern lassen als einer, der dem darniederliegenden französischen
Fußball ein Stück internationale Anerkennung zurückgegeben hat.
Die französischen Spielerinnen im Team wollen nun mehr davon. "Das gibt uns
Rückenwind auch für die WM in Deutschland", sagte die ballsichere
Mittelfeldspielerin Camille Abily. Lyon hat den deutschen Meister
geschlagen; bei der Weltmeisterschaft, die Ende Juni beginnt, trifft
Frankreich in der Vorrunde auf Deutschland. Wie gut ihr unglaublich
aufwendiges Pressing, ihr Laufspiel sein kann, konnten sie in London nur
andeuten. Beide Mannschaften legten einen arg nervösen Auftritt hin. Doch
sie konnten zeigen, dass man mit exzellenter Athletik und gut
eintrainierten Laufwegen eine antiquierte Dreierabwehr wie die von Potsdam
ganz gut ausspielen kann.
Bei der WM werden die Französinnen allerdings auf moderner eingestellte
Deutsche treffen. Der deutsche Meister wird ohnehin nur zwei Spieler
stellen, die Verteidigerinnen Babett Peter und Bianca Schmidt. Gestern
entschied Bundestrainerin Silvia Neid, Anja Mittag und Josephine Henning
aus dem WM-Aufgebot zu streichen. "Sie müssen sich nach dem Spiel selbst
fragen, ob sie ins Weltmeisterteam gehören", hatte Bernd Schröder nach dem
Schlusspfiff gesagt.
27 May 2011
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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