# taz.de -- Hartz-IV-Reform verfehlte das Ziel: Arbeitslosigkeit-Dauer nicht re… | |
> Ob vor oder nach der Hartz-IV-Reform: Die Dauer von Erwerbslosigkeit hat | |
> sich nicht verändert, ermitteln Arbeitsmarktexperten. | |
Bild: Die Bilanz für die Hart-IV-Reform fällt nicht gut aus. | |
BERLIN taz | Arbeitslose durch mehr Druck, sprich niedrigere | |
Sozialleistungen und Sanktionen, schneller wieder in Jobs zu bringen, das | |
war die große Rechtfertigung für die Hartz-IV-Reform. Ziel verfehlt, lautet | |
jetzt das Urteil von Sonja Fehr, Soziologin am Institut für Arbeitsmarkt- | |
und Berufsforschung, und des Leipziger Universitätsprofessors Georg | |
Vobruba. "Die Hartz-IV-Reform hat keine deutliche Verkürzung der | |
Arbeitslosigkeitsperioden gebracht." | |
Die Wissenschaftler haben mit Hilfe von repräsentativen Daten des | |
Sozio-ökonomischen Panels (Soep) die Dauer von Arbeitslosigkeit vor und | |
nach der Einführung von Hartz IV verglichen. Im alten Arbeitslosen- und | |
Sozialhilfesystem dauerte die Erwerbslosigkeit demnach im Mittel zwölf | |
Monate. | |
Nach einem Jahr hatten 49 Prozent der betrachteten Arbeitslosen wieder | |
einen Job oder standen aus anderen Gründen - Rente, Aus- und Weiterbildung | |
- dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. In den Folgejahren sank die | |
Arbeitslosigkeit noch einmal um 20 und um 11 Prozentpunkte. Nach vier | |
Jahren waren noch 13 Prozent arbeitslos. | |
Kaum anders fallen die Zahlen für die Zeit nach der Hartz-Reform aus. | |
Arbeitslosigkeit dauerte im Mittel 13 statt 12 Monate. Nach einem Jahr war | |
für 50 Prozent der ALG-II-BezieherInnen die Arbeitslosigkeit vorbei. In den | |
Jahren danach sank die Erwerbslosigkeit noch einmal um 20 beziehungsweise | |
10 Prozentpunkte. Nach vier Jahren waren 16 Prozent weiterhin arbeitslos. | |
Verfälschungen des Ergebnisses durch eine verschlechterte | |
Arbeitsmarktsituation oder eine andere Zusammensetzung der Gruppe der | |
Joblosen schlossen Fehr und Vobruba durch weitere Berechnungen aus. | |
Ihr Fazit: Bereits die Diagnose für die Hartz-Reform war falsch. Armut und | |
Bezug von Sozialhilfe seien eben kein Langzeitphänomen. Die Verweildauer im | |
Transferleistungsbezug sei vielmehr vor und nach der Hartz-Reform | |
"überwiegend relativ kurz" (gewesen). | |
Die WissenschaftlerInnen schlussfolgern, "dass das Problem, um das es der | |
Hartz-Reform zentral ging, nicht existierte; oder dass es nicht gelungen | |
ist, die Arbeitslosigkeitsdauer weiter zu reduzieren". Stattdessen | |
verweisen sie auf die Folgekosten der Reform: die Zunahme von sozialer | |
Ungleichheit und Armut trotz Arbeit. Wenn aber dadurch gegen | |
"gesellschaftlich breit geteilte Gerechtigkeitsvorstellungen" verstoßen | |
worden sei, stehe den Kosten der Reform kein Nutzen gegenüber. | |
30 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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