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# taz.de -- Online-Enzyklopädie bewirbt sich: Wikipedia will Weltkulturerbe se…
> Die Online-Enzyklopädie Wikipedia möchte gleichberechtigt mit der Großen
> Mauer von China und dem Kölner Dom Welterbe sein. Doch es gibt Probleme.
Bild: Online ist sie eine Macht, offline will sie eine werden: Wikipedia.
"Eine richtig tolle und richtig verrückte Idee" nennt Wikipedia-Mitgründer
Jimmy Wales die Aktion. Zum zehnjährigen Bestehen hat der Verein Wikimedia
Deutschland die Parole ausgegeben, dass die Online-Enzyklopädie zum
Weltkulturerbe erklärt werden soll – nein: muss. "Viele Leute glauben,
Wikipedia sei ein technisches Phänomen. Aber das ist sie nicht. Sie ist
eine kulturelle Errungenschaft". Dies soll nun offiziell bestätigt werden.
Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, hat der Verein Wikimedia Deutschland
mit einer PR-Kampagne begonnen. Dabei hat Wikimedia Deutschland die Hürde
besonders hoch gelegt. Wikipedia soll nicht etwa in die Liste der
immateriellen Kulturgüter aufgenommen werden, auf der zum Beispiel die
französische Küche oder der Flamenco stehen. Die Enzyklopädie soll als
Welterbe anerkannt werden, gleichberechtigt mit der Großen Mauer von China
oder dem Kölner Dom.
Über 10.000 Nutzer aus aller Welt haben innerhalb einer Woche eine Petition
zur Unterstützung des Ziels unterschrieben. Doch angesichts der 400
Millionen Wikipedia-Nutzer pro Monat ist die Unterstützung bisher eher
bescheiden. Die Idee leuchtet auf den ersten Blick ein. Unbestritten hat
Wikipedia einen enormen Einfluss auf die heutige Wissenskultur gehabt.
Zudem sind Unesco und Wikipedia Verbündete im Geiste: "Beide Organisationen
haben sehr ähnliche Ziele, sie arbeiten zum Beispiel für Bildung und freien
Informationszugang", erklärt Dr. Britta Rudolff, die an der Universität
Cottbus über das Welterbe forscht.
Große Erfolgsaussichten hat die Aktion jedoch nicht: so müssen die
Antragsteller den "außergewöhnlichen universellen Wert" des Kulturguts
darstellen. Digitale Wissenssammlungen passen aber nicht so recht in das
Konzept, das die Vertragsstaaten besonders im Hinblick auf Gebäude und
Naturdenkmäler festgelegt hatten.
Ein weiteres Problem: Die Kampagnen-Organisatoren wollen auch nicht die
Wikipedia als unveränderliches Kulturdenkmal schützen lassen – das würde
das Projekt, das auf der ständigen Veränderung durch unzählige Freiwillige
basiert, ad absurdum führen. Stattdessen wollen sie das Prinzip hinter
Wikipedia schützen lassen, die Methode der Zusammenarbeit und den freien
Zugang zum Wissen.
## Erstes digitales Welterbe?
Als ersten Schritt muss Wikimedia einen Unesco-Vertragsstaat überreden,
Wikipedia auf die Anwärterliste zu setzen. Petitionen sind in dem strengen
Zulassungsverfahren nicht vorgesehen. Stattdessen müssen die
Wikipedia-Enthusiasten zunächst ein ausführliches Konzept erarbeiten, wie
der Schutz des Kulturerbes Wikipedia sichergestellt werden soll.
Obwohl die Betreiber-Organisation Wikimedia seit Jahren
Strategie-Diskussionen führt, hat sie darauf noch keine Antwort gefunden.
So leidet Wikipedia derzeit am deutlich [1][nachlassenden Enthusiasmus der
Autoren] in den Industrieländern, in den Entwicklungsländern versucht die
Organisation erst Fuß zu fassen.
Beschwerden über den Kurs von Wikimedia gibt es zur Genüge: Die einen
werfen dem Projekt eine zu große Freizügigkeit und zu geringe Qualität vor,
während andere sich über eine zu rigide Löschpolitik insbesondere in der
deutschsprachigen Wikipedia beschweren. Gleichzeitig warten die
freiwilligen Autoren seit Jahren vergeblich auf grundlegende Verbesserungen
der Software der Wissensplattform.
Wikimedia Deutschland sucht unterdessen händeringend
[2][Wikimedia_Deutschland_e.V./Community-Budget:Projekte], in die der
Verein die eingenommenen Spendengelder investieren kann. Erfolge hat
Wikimedia gerade im kulturellen Bereich. So öffnen immer mehr Museen ihre
Sammlungen für die Online-Enzyklopädie, um ihre Exponate auf neue Weise der
Öffentlichkeit zu präsentieren.
## Vier Jahre Arbeit
Vier Jahre würde es mindestens dauern um alle Hürden Welterbe-Prozesses zu
meistern, schätzt Rudolff auf Anfrage der taz. Für ein Projekt, das erst
seit 10 Jahren besteht, ist dies eine lange Zeit. Innerhalb Wikipedia
selbst ist der Enthusiasmus bisher gering. In einer
[3][Welterbe#Vorschlag:_Unterschriftenliste_hier_beginnen:Probe-Abstimmung
in der deutschsprachigen Wikipedia] sprechen sich 37 Wikipedianer für den
Plan aus, 56 sind dagegen.
Unmittelbare Vorteile für die Online-Enzyklopädie hätte der Welterbe-Status
nicht. "Man bekommt als Weltkulturerbe eine prestigeträchtige Auszeichnung,
aber keine finanziellen Hilfen", erklärt Rudolff. "Sicher erhält man Zugang
zu anderen Kreisen." Doch hier ist die Online-Enzyklopädie längst
angekommen. Jimmy Wales ist Stammgast auf Veranstaltungen wie dem
Weltwirtschaftsforum, beim eG-8-Gipfel in Frankreich war er einer der
wenigen, die für die Internetgemeinde sprechen durfte.
Die Hoffnung, dass ein Weltkulterbe-Status Wikipedia in totalitären Regimen
wie China und dem Iran helfen würde, wo die Internet-Enzyklopädie immer
wieder gesperrt wird, teilt Rudolff nicht. "Wer zensieren möchte, wird auch
weiterhin zensieren", erklärt die Kulturwissenschaftlerin.
3 Jun 2011
## LINKS
[1] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/wissen-ohne-nachwuchs/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion
## AUTOREN
Torsten Kleinz
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