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# taz.de -- Teure Polizeieinsätze in Berlin: 1. Mai kostet 5 Millionen Euro
> Die Ausgaben für die Polizeieinsätze rund um den 1. Mai werden von Jahr
> zu Jahr höher. Das zeigen Zahlen, die auf Betreiben der taz nun erstmals
> öffentlich werden.
Bild: Polizisten warten am 1. Mai 2011 auf ihren Einsatz in Berlin.
BERLIN taz | Der 1. Mai belastet zunehmend die Landeskasse. Seit 2006 haben
sich die Kosten für die Polizeieinsätze rund um den Demonstrationstag fast
verdoppelt. Das geht aus Zahlen hervor, die die Polizei auf Betreiben der
taz nun erstmals veröffentlicht hat. Beziffert die Behörde die Kosten des
Mai-Einsatzes von 2006 noch auf 2,9 Millionen Euro, so kostete der Einsatz
im Jahr 2010 bereits 5 Millionen Euro.
Rund um den 1. Mai hat die Polizei in Berlin viel zu tun. Nicht nur die
traditionellen Ausschreitungen machen ihr Arbeit. Gewerkschaften zieht es
genauso auf die Straße wie linksradikale Gruppierungen. 2010 gab es auch
noch eine große NPD-Demonstration. Zudem müssen die Veranstaltungen in der
Walpurgisnacht oder das MyFest in Kreuzberg abgesichert werden.
Auskünfte über die Einsatzkosten hatte die Polizei in der Vergangenheit
stets abgelehnt. Die taz hielt dies für nicht gedeckt vom
Landespressegesetz. Nach einer Beschwerde bei der Innenverwaltung wies der
Senat das Polizeipräsidium an, die Zahlen zu veröffentlichen.
Demnach kostete die Polizei der Einsatz im Jahr 2006 noch rund 2,9
Millionen Euro, im Jahr 2007 rund 2,8 Millionen Euro und stieg dann
jährlich an. Für das Jahr 2008 beziffert die Polizei ihre Kosten auf rund 3
Millionen Euro, 2009 auf rund 3,2 Millionen. Der teuerste Einsatz folgte
2010 mit rund 5 Millionen Euro. Die Berechnung für dieses Jahr sei noch
nicht abgeschlossen, teilte ein Sprecher mit.
Aus der Anzahl der eingesetzten Beamten und der Gesamtarbeitsstunden lässt
sich allerdings schließen, dass diese den Kostenrekord von fünf Millionen
Euro noch übersteigen dürften. Für die Steigerung ist die seit 2008
zunehmende Anzahl eingesetzter Beamten verantwortlich. Waren 2006 noch
5.000, 2007 rund 4.700 und 2008 rund 4.600 Polizeibeamte im Einsatz, so
waren es 2009 rund 5.800 Beamte und 2010 sowie 2011 gar rund 7.400.
## 40 Prozent aus anderen Bundesländern
Dafür wurde der Anteil von Polizisten, die aus anderen Bundesländern zur
Unterstützung angefordert wurden, massiv erhöht. Von 2006 bis 2009 machten
Beamte aus anderen Bundesländern zwischen 21 und 28 Prozent der
eingesetzten Kräfte aus. In den letzten beiden Jahren stellten sie 40
Prozent aller Kräfte. Bei der Räumung des Hausprojektes "Liebigstraße 14"
im Februar dieses Jahres waren gar 50 Prozent der Beamten nur Gäste aus
anderen Ländern.
Sprunghaft gestiegen sind damit auch die Kosten, die das Land Berlin für
die Entleihung von Beamten an andere Länder überweisen musste. Bis zum Jahr
2009 fielen jeweils rund 1 Million Euro an, 2010 waren es über 2,6
Millionen Euro.
Zu erklären ist der Ansprung, weil am 1. Mai 2010 neben den üblichen
Demonstrationen auch ein Großaufmarsch von Neonazis in Berlin stattgefunden
hatte. Auffällig ist jedoch, dass die Zahl der eingesetzten Beamten 2011
auf diesem hohem Niveau blieb, obwohl es diesmal keine derartige
Ausnahmesituation gab. Die Polizei erklärt das damit, dass sie sich auch
2011 "auf vielfältige Lageentwicklungen vorbereitet" habe.
Nach dem Einsatz hatte die Polizei davon gesprochen, dass der 1. Mai so
friedlich wie seit Jahren nicht mehr gewesen sei. Auch Innensenator Ehrhart
Körting (SPD) hatte sich mit dem Verlauf hoch zufrieden gezeigt. Überhaupt
hat die Gewalt rund um den 1. Mai in den letzten Jahren eher abgenommen.
## Gewerkschaft begrüßt Transparenz
Massiv gestiegen ist dagegen die Zahl der Einsatzkräftestunden. Das ist die
Gesamtzahl der Arbeitsstunden der eingesetzten Polizisten. Sie stieg von
64.000 im Jahr 2006 auf knapp 90.000 in diesem Jahr.
Die Einsatzkräftestunden sind laut Polizei eine wesentliche Grundlage für
die Berechnung der Gesamtkosten. Dafür werden zunächst die Arbeitsstunden
der Berliner Einsatzeinheiten mit den Personal- und Arbeitsplatzkosten
eines durchschnittlichen Vollzugsbeamten multipliziert. Schließlich werden
die ermittelten Kosten der Versorgung, Unterbringung und Abrechnung von
Unterstützungskräften aus anderen Bundesländern hinzuaddiert.
Der Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), Klaus Eisenreich,
begrüßte die Veröffentlichung der Zahlen. "So umfänglich wurden die bislang
nicht ermittelt und veröffentlicht", sagte Eisenreich. "Es ist wichtig,
dass die Polizei hier nun zu einer Transparenz beiträgt, die es vorher
nicht gegeben hat, und dass sie eine öffentliche Diskussion nun zulässt."
Nun könne etwa öffentlich diskutiert werden, ob es sich lohne, zu
Großeinsätzen massiv Kräfte aus anderen Bundesländern anzufordern "oder ob
nicht in den Ländern mehr Kräfte eingestellt werden müssten, um
tatsächliche Kosten zu reduzieren", sagte Eisenreich. Die Gewerkschaft
hatte zuvor wiederholt die Veröffentlichung konkreter Kosten für die
Einsätze rund um den 1. Mai gefordert.
6 Jun 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
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