# taz.de -- Gewalt in Syrien: Angeblich über 100 Polizisten getötet | |
> Laut Regierungsangaben sollen bewaffnete Extremisten in Syrien 120 | |
> Sicherheitskräfte getötet haben. Oppositionelle hingegen sagen, die Armee | |
> hätte geschossen. | |
Bild: Beerdigung von zwei Polizisten Ende Mai in der Nähe von Damaskus. Über … | |
DAMASKUS/WASHINGTON dpa/afp | In Syrien gibt es widersprüchliche Aussagen | |
zum Tod dutzender Polizisten. Die Regierung hatte am Montagabend erklärt, | |
bewaffnete Extremisten hätten in der Provinz Idlib 120 Angehörige der | |
Sicherheitskräfte getötet. Innenminister Mohammed Ibrahim el Schaar | |
erklärte, mit Entschiedenheit und Härte gegen "bewaffenete Angriffe" | |
vorgehen zu wollen. | |
"Die bewaffneten Gruppen haben ein regelrechtes Massaker begangen", | |
berichtete das Staatsfernsehen. Sie hätten die Leichen verstümmelt und | |
andere in einen Fluss geworfen. Zudem seien Regierungsgebäude in Brand | |
gesteckt worden. Zuvor hatte der Sender berichtet, zahlreiche Polizisten | |
seien aus einem Hinterhalt heraus ermordet worden. | |
Mehrere Exil-Oppositionelle, die helfen, den Transport verletzter | |
Zivilisten aus der Provinz in die Türkei zu organisieren, sagten dagegen | |
der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag, die Soldaten seien von Angehörigen | |
der Armee erschossen worden, weil sie sich geweigert hätten, in der | |
Ortschaft Dschisr al-Schogur auf unbewaffnete Zivilisten zu schießen. | |
## Junger Mann ruft zur Meuterei auf | |
Menschenrechtsaktivisten sagten der Nachrichtenagentur AFP, es habe | |
offenbar eine Meuterei beim Militär gegeben, daraufhin seien Schüsse | |
gefallen. Ein weiterer Aktivist sagte, es seien möglicherweise Polizisten | |
ermordet worden, die sich zuvor geweigert hätten, auf Demonstranten zu | |
schießen. | |
Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira strahlte unterdessen eine | |
Videoaufzeichnung aus, die einen jungen Mann in der Uniform der syrischen | |
Armee zeigt. Er erklärt, er sei desertiert. Zur Begründung sagt er, das | |
brutale Vorgehen der Armee gegen friedliche Demonstranten sei ein | |
Verbrechen. Er rief die Offiziere der Städte, in denen die Armee auf | |
Demonstranten geschossen hatte, zur Meuterei auf. | |
Die syrische Führung macht "bewaffnete Banden" für die Gewalt im Land | |
verantwortlich, seit sich Präsident Baschar el Assad einer beispiellosen | |
Protestbewegung gegen seine Herrschaft ausgesetzt sieht. Seit Samstag ist | |
die Armee in Dschisrasch Schugur im Einsatz, um dort gegen Regierungsgegner | |
vorzugehen. Ähnliche Einsätze hatte es auch in anderen syrischen Städten | |
seit Beginn der Protestbewegung Mitte März bereits gegeben. Seitdem sind | |
schätzungsweise 1.300 Menschen getötet worden. | |
Die Regierung kündigte in den vergangenen Wochen mehrere Reformen in den | |
Bereichen Wirtschaft und Soziales sowie ein neues Parteiengesetz an. Die | |
Protestbewegung, die zunächst nur eine demokratische Öffnung gefordert | |
hatte, fordert inzwischen den Sturz des Regimes des Präsidenten. | |
## Frankreich will UN-Resolution zur Abstimmung stellen | |
Unterdessen will Frankreich mit einer von mehreren europäischen Staaten | |
vorangetriebenen Resolution des UN-Sicherheitsrats den Druck auf Syrien | |
erhöhen. Frankreich und seine europäischen Partner, die gemeinsam den | |
Resolutionsentwurfs ausgearbeitet hatten, seien bereit, diesen zur | |
Abstimmung zu stellen, sagte der französische Außenminister Alain Juppé am | |
Montag (Ortszeit) in Washington. Es sei zwar "wahrscheinlich", dass | |
Russland als UN-Vetomacht die Verabschiedung der Abstimmung verhindern | |
werde. Die Unterstützer der Resolution seien aber bereit, dieses Risiko zu | |
tragen. | |
Der Entwurf zu der blutigen Niederschlagung der Proteste in Syrien war Ende | |
Mai von Deutschland, Großbritannien, Portugal und Frankreich in den | |
UN-Sicherheitsrat eingebracht worden. Darin wird die Gewalt der syrischen | |
Führung gegen die Demonstranten verurteilt. Ende April war ein Vorstoß im | |
Sicherheitsrat erfolglos geblieben, das gewaltsame Vorgehen gegen die | |
Opposition in einer gemeinsamen Resolution zu verurteilen. | |
Für den neuen Entwurf rechnet Juppé nun mit Unterstützung von elf der 15 | |
Sicherheitsratsmitglieder. "Wir denken, dass es möglich ist, auf elf | |
Stimmen für die Resolution zu kommen und werden sehen, was Russland dann | |
macht." Der französische Chefdiplomat äußerte die Hoffnung, dass Moskau | |
angesichts der breiten Zustimmung anderer Länder seinen Standpunkt noch | |
einmal überdenke. Neben Russland haben die USA, Großbritannien, Frankreich | |
und China ein Veto-Recht. Die USA unterstützen die europäische Initiative. | |
Zur Haltung Chinas äußerte sich Juppé nicht. | |
7 Jun 2011 | |
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