# taz.de -- Ärger zwischen Brasilien und Italien: Ex-Terrorist kommt frei | |
> Brasilien verweigert die Auslieferung des wegen Mordes verurteilten | |
> Ex-Terroristen Cesare Battisti nach Italien und lässt ihn sogar frei. | |
> Italien droht mit dem Internationalen Gerichtshof. | |
Bild: Wird nicht ausgeliefert: Cesare Battisti. | |
BRASILIA/ROM dpa/afp | Brasiliens Oberster Gerichtshof hat eine Klage | |
Italiens auf Auslieferung des früheren Linksextremisten Cesare Battisti | |
abgewiesen und dessen sofortige Haftentlassung angeordnet. Entsprechende | |
Beschlüsse fasste das Richtergremium am Mittwochabend (Ortszeit) in | |
Brasília mit sechs zu drei Stimmen. Der in Italien wegen mehrfachen Mordes | |
verurteilte Battisti darf damit in Brasilien bleiben. Möglicherweise kommt | |
der Italiener, der seit 2007 in Brasilien in Haft sitzt, noch an diesem | |
Donnerstag auf freien Fuß. | |
Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung von Ex-Präsident Luiz Inácio | |
Lula da Silva, der am 31. Dezember 2010, seinem letzten Amtstag, eine | |
Überstellung Battistis nach Italien abgelehnt und damit eine diplomatische | |
Krise zwischen beiden Ländern ausgelöst hatte. | |
Die Mehrheit der Richter wertete die letzte Entscheidung, ob Battisti | |
ausgeliefert wird oder nicht, als souveränen Akt der Exekutive. Dies könne | |
nicht von einem Gericht entschieden werden. 2009 hatte sich der Gerichtshof | |
selbst für eine Auslieferung ausgesprochen, das letzte Wort aber explizit | |
dem damaligen Präsidenten Lula überlassen. | |
## Italiens Regierung ist sauer | |
Die italienische Regierung hat die angeordnete Freilassung von Battisti | |
scharf kritisiert und einen Gang vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) | |
angekündigt. Italien habe das Urteil des brasilianischen Obersten | |
Gerichtshofs mit "Bitterkeit" aufgenommen, erklärte Ministerpräsident | |
Silvio Berlusconi am Donnerstag. Die Entscheidung, eine Auslieferung nach | |
Italien abzulehnen, widerspreche jeder legitimen Forderung der Angehörigen | |
der Opfer Battistis nach Gerechtigkeit, hieß es in der Erklärung. | |
Außenminister Franco Frattini erklärte, Italien werde nun die möglichen | |
rechtlichen Mechanismen nutzen, um gegen die Entscheidung vorzugehen, | |
"besonders den Weg vor den Internationalen Gerichtshof" in Den Haag. | |
Battisti war 1993 in Italien in Abwesenheit wegen vierfachen Mordes zu | |
lebenslanger Haft verurteilt worden. Italien bezeichnet Battisti als | |
Terroristen. | |
Der Fall sorgt seit Jahren für erhebliche Verstimmung zwischen Rom und | |
Brasília. Battisti sitzt seit März 2007 in Brasilien in Haft. Er soll als | |
Gründungsmitglied der Gruppe "Bewaffnete Proletarier für den Kommunismus" | |
Ende der 1970er-Jahre an vier Morden in Italien beteiligt gewesen sein. | |
Nach dem Ausbruch aus einem italienischen Gefängnis floh er zunächst nach | |
Mexiko und fand dann im Schutz der sogenannten "Mitterrand-Doktrin" | |
jahrelang in Frankreich Asyl. Als es dort einen Politikwechsel gab, floh er | |
erneut. 2004 ging Battisti nach Brasilien, wo er drei Jahre später | |
festgenommen wurde. In Italien wurde er in Abwesenheit zur lebenslanger | |
Haft verurteilt. Battisti selbst streitet eine Beteiligung an den Morden | |
ab. | |
9 Jun 2011 | |
## TAGS | |
Italien | |
Italien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Italienischer Linksterrorist: Cesare Battisti in Bolivien gefasst | |
Der italienische Terrorist lebte lange in Brasilien. Nach der Wahl | |
Bolsonaros ist er geflohen und wurde nun von Interpol in Bolivien | |
aufgespürt. | |
Ex-Terrorist Battisti wird ausgewiesen: Ein beliebter Mörder | |
Politisch Verfolgter oder mörderischer Terrorist? Diese Kontroverse | |
begleitet Cesare Battisti seit Jahrzehnten. Nun wird er aus Brasilien | |
abgeschoben. | |
Aufarbeitung der Militärdiktatur in Brasilien: Geheim soll geheim bleiben | |
Die Verbrechen der Militärdiktatur stehen wieder auf der Tagesordnung. Doch | |
Präsidentin Dilma Rousseff ist der Koalitionsfrieden wichtiger. | |
Heikle Entscheidung in Brasilien: Battisti wird nicht an Italien ausgeliefert | |
Als letzte Amtshandlung verweigert der scheidende Präsident Lula die | |
Überstellung des früheren Linksextremisten. Rom reagiert verstimmt und legt | |
ein Abkommen auf Eis. |