# taz.de -- Gipfeltreffen des Despotenclubs in Astana: Die "Nato des Ostens" fe… | |
> Seit zehn Jahren gibt es die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit. | |
> Bislang hat sich das Bündnis in Krisensituationen nur als begrenzt | |
> handlungsfähig erwiesen. | |
Bild: Gastgeber des Jubiläumsgipfels: der kasachische Präsident Nursultan Nas… | |
BERLIN taz | Die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Schoz) feiert | |
am Mittwoch mit einem Jubiläumsgipfeltreffen in Astana ihr 10-jähriges | |
Bestehen. Dem "Despotenklub", dem neben China und Russland die | |
zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und | |
Usbekistan gehören, umfasst ein Viertel der Weltbevölkerung und ist | |
aufgrund der geographischen Ausdehnung die weltweit größte | |
Regionalorganisationen. | |
"Die Organisation vertritt gegenüber EU und USA ausdrücklich ein | |
gegenteiliges Wertesystem" sagt Uwe Halbach von der Stiftung für | |
Wissenschaft und Politik, sie wehre sich gegen ein als fremd empfundenen | |
Wertetransfer nach Zentralasien. | |
Die Schoz versteht sich vor allem als ein regionales Sicherheitsbündnis im | |
Kampf gegen "Extremismus, Separatismus und Terrorismus". Sie ging aus der | |
Schanghai-fünf-Organisation hervor, die nach dem Zerfall der Sowjetunion | |
1996 die strittigen Grenzfragen zwischen Russland, Kasachstan, Kirgistan | |
und Tadschikistan sowie China verhandelte. Später wurde Usbekistan | |
Schozmitglied. | |
Der Feier in Astana wird vor leeren Straßen stattfinden. Den Einwohnern | |
wurde geraten, am Tag des Gipfeltreffens in den Wohnungen zu bleiben. | |
Anspruch und Wirklichkeit gehen bei der Schanghai-Organisation, auch als | |
"Nato des Ostens" gefürchtet, auseinander. Halbach sieht in der geringen | |
Institutionalisierung mit einem jährlichen Budget von wenigen Millionen | |
US-Dollar den Hauptgrund für die geringe Handlungsfähigkeit. Die Schoz | |
wirkt wie ein Scheinriese der kleiner wird, je näher man kommt. | |
## Unschlüssig bei Sicherheitsfragen | |
Das Bündnis versucht zwar Afghanistan einzubinden - Präsident Hamid Karzei | |
nimmt am Gipfeltreffen teil - bei der Lösung gemeinsamer Sicherheitsfragen | |
aber bleibt die Organisation jedoch unschlüssig. Zwar wurden einige | |
gemeinsame Manöver veranstaltet. Als aber im Juni 2010 in Südkrigistan ein | |
ethnischer Konflikt zwischen Kirgisen und Usbekenausbrach, zeigte sich die | |
Organisation unfähig, das Morden zu stoppen, obwohl die Staatschef zur | |
gleichen Zeit bei einem Gipfel in Usbekistan zusammen trafen. | |
Die Schoz forderte in der Vergangenheit zudem immer den Abzug der US- und | |
Natotruppen aus Zentralasien, die die Region als Nachschubkorridor für den | |
Afghanistankrieg nutzen. Aber Russland setzt in der Afghanistanfrage wieder | |
auf Kooperation mit den westlichen Staaten. So ist auf dem Jubiläumstreffen | |
in Astana kein neuer "Ami go home"-Appell zu erwarten. | |
Russland konnte sich auf die Schoz nicht immer verlassen. Nach dem | |
Georgienkrieg 2008 erhielt der Kreml eine Abfuhr. 2004 hatte die | |
Staatengemeinschaft auf Drängen Chinas den "Separatismus" auf die gleich | |
Stufe wie den Terrorismus gestellt und China sowie die anderen Staaten der | |
Organisation zeigten für die Unabhängigkeit Abachsiens und Südossetien | |
keinerlei Verständnis. | |
Vor allem in der Wasserfrage taucht die Organisation ab, obwohl die | |
strittigen Grenzfragen mit China gelöst hat. In Zentralasien spitzt sich | |
der Konflikt zwischen den Oberanrainern der zentralasiatischen Ströme | |
Tadschikistan und Kirgistan und dem bevölkerungsreichsten Unteranrainer | |
Usbekistan zu. Krigistan und Tadschikistan wollen Wasserkraftwerke, | |
Usbekistan fürchtet auf dem Trocknen zu sitzen. Dessen Präsident Karimow | |
nutzt die "Schoztribüne" allein, um gegen tadschikische | |
Wasserkraftswerkpläne zu poltern. | |
Gleichwohl solle man die Schoz nicht unterschätzen. Wirtschaftlich wächst | |
der Austausch zwischen China und den Schozstaaten, vor allem mit | |
Kasachstan, rasant. China hat sowohl Gas und Ölpipelines nach Zentralasien | |
gelegt und investiert in Infrastrukturprojekte der gesamten Region. | |
15 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
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