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# taz.de -- Streit in der Burschenschaft: Deutsch, wer deutsches Blut hat
> Germanennachweise und Rassevorschriften: Ein Streit in der Deutschen
> Burschenschaft zeigt, wie selbstverständlich völkisches Gedankengut in
> den Männerbünden zelebriert wird.
Bild: Waren wohl etwas zu lang in der Sonne: Hamburger Burschenschaftler von Ge…
HAMBURG taz | Eine Rassevorschrift haben sie schon – jetzt wollten die
Burschenschaftler richtig aufräumen. Weil das Mitglied einer Mannheimer
Burschenschaft „eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie“
aufweise und „die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen
populationsgenetischen Gruppierung und damit eine nichtdeutsche Abstammung“
abzuleiten sei, ist in dem mächtigen rechten Dachverband der „Deutschen
Burschenschaft“ (DB) ein heftiger Streit unter den Männerbünden entbrannt.
Es geht um Rassevorschriften und Germanennachweise – fast ging es um die
Spaltung des DB.
In der thüringischen Stadt Eisenach, wo Deutschlands ältester und
mitgliederstärkster Dachverband von Burschenschaften, dem rund 120
Mitgliedsbünde, 1.300 Aktive und über 10.000 sogenannte Alte Herren
angehören, seit Mittwoch seinen jährlichen „Burschentag“ abhält, konnten
die nationalen Volksfreunde am Donnerstag nur knapp einen größeren Eklat
verhindern.
Hintergrund ist ein Antrag der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks
zu Bonn“, die die „Burschenschaft Hansea zu Mannheim“ aus dem Dachverband
ausschließen wollte. Begründung: Ein Hansea-Mitglied – in Mannheim geboren,
bei der Bundeswehr gedient, die Fechtmensuren geleistet – reichte ihnen zum
Deutschsein nicht aus. Denn der Mann hat chinesische Eltern.
## Definition des Deutsch-Seins
Das Besondere an der Situation: Verbandsintern ist das Anliegen nichts
Besonderes. Im Februar dieses Jahres veröffentliche der Verband ein
Gutachten seines Rechtsausschusses, das feststellt: „Personen mit
mehrheitlich außereuropäischen Vorfahren sind unter Hinweis auf die
Abstammungsgemeinschaft eines Volkes dementsprechend keine Angehörigen des
deutschen Volkes.“ Der Rechtsausschuss ist die höchste juristische Instanz
des Verbands.
Bestehen Zweifel über die „Volkszugehörigkeit“ von Mitgliedern, so muss
laut Statuten überprüft werden, ob dessen Eltern beide dem deutschen „Volk�…
angehören.
„Der Antrag spiegelt damit die Geschäftsgrundlage der Deutschen
Burschenschaft wider“, sagt der Sozialwissenschaftler Jörn Kronauer, der
jüngst eine kritische Studie zu studentischen Verbindungen veröffentlichte.
Er hält die Vorgänge für den Ausdruck eines „blanken völkischen
Biologismus“. Gleichwohl findet die Deutsche Burschenschaft den Vorwurf,
sich in die Tradition der Rassenrechtssprechung des Nationalsozialismus zu
stellen, „überzogen“.
Verbandssprecher Stefan Dobner sagte: „Das Gutachten orientiert sich an dem
in der Bundesrepublik über Jahrzehnte geltenden Abstammungsprinzip – dem
ius sanguinis“. Diese Prinzip spielt tatsächlich auch in der historischen
Entwicklung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts eine zentrale Rolle
und wurde erst im Jahr 2000 mit der rot-grünen Reform des
Staatsangehörigkeitsrechts abgeschwächt.
## Antrag wurde zurückgezogen
Grund zu Selbstkritik sieht die Deutsche Burschenschaft deshalb nicht. Der
Pressereferent des Burschenschaftsverbands, Michael Schmidt, wollte
gegenüber der taz nur von „sehr emotionalen Diskussionen“ sprechen, die der
Antrag und die öffentliche Berichterstattung darüber ausgelöst hätten.
Der Hintergrund ist: Selbst erzkonservativen Burschenschaften ging das
Anliegen zu weit. So zog der Vorstand am Donnerstag die Notbremse – und gab
bekannt, dass der Antrag wieder von der Tagesordnung genommen wurde, weil
die Antragssteller das Streitwerk zurückgezogen hätten. Unberührt davon
bleibt das weiterhin geltende Rechtsgutachten des Dachverbandes, das
zuverlässig regelt: Deutsch ist dort nur, wer deutsches Blut hat.
16 Jun 2011
## AUTOREN
Andreas Speit
Andreas Speit
## TAGS
Burschenschaft
Deutschland
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