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# taz.de -- Neues Volksbegehren zu S-Bahn-Verträgen: Abstimmen statt warten
> Initiative will per Volksentscheid Offenlegung des Vertrags mit der
> S-Bahn erzwingen. Senatsverwaltung hält sich bedeckt.
Bild: Gibt es tatsächlich noch: Berliner S-Bahn auf dem Berliner S-Bahn-Ring
Berlin steht vor einem neuen Volksbegehren. Am Freitag will die Initiative
S-Bahn-Tisch mit der ersten Stufe der Unterschriftensammlung starten. Ihr
Ziel: die Veröffentlichung des Verkehrsvertrages zwischen der S-Bahn und
dem Land Berlin sowie einige Änderungen im aktuellen Vertrag.
Den aktuellen Verkehrsvertrag haben die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und die S-Bahn 2004 unterzeichnet. Er gilt noch bis 2017
und enthält unter anderem Regelungen zum Platzangebot und zur Pünktlichkeit
der Züge. Doch der Vertrag als Ganzes ist geheim. "Verträge sind in der
Regel nicht öffentlich", sagt dazu Mathias Gille, Sprecher von
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Das hänge
beispielsweise mit dem Schutz von Betriebsgeheimnissen zusammen.
Das will die Initiative nicht gelten lassen. "Es geht um ein öffentliches
Anliegen, und die S-Bahn als Tochter der Bahn AG ist zu hundert Prozent in
öffentlicher Hand", sagt Carl Waßmuth vom Verein "Gemeingut in
BürgerInnenhand". Wenn das Unternehmen in öffentlicher Hand sei - wie könne
es dann Betriebsgeheimnisse geben?
Die Idee zu dem Volksbegehren kam den Initiatoren mit dem Beginn der
S-Bahn-Krise 2009. Damals zog das Eisenbahnbundesamt wegen
Sicherheitsbedenken mehrere hundert Züge aus dem Verkehr. Bis heute folgen
weitere Ausfälle. So waren im vergangenen Winter zahlreiche Züge wegen
Problemen mit Schnee und Kälte nicht im Einsatz, zeitweise wurden einige
Außenstrecken ganz gekappt.
Im Zuge der Ausfälle verhandelte der Senat den Vertrag mit der S-Bahn nach.
In dem Zusammenhang kamen einige Einzelheiten des Vertragswerkes ans Licht:
So durfte das Land beispielsweise bei schlechter Leistung ursprünglich
lediglich 5 Prozent des jährlichen Zuschusses einbehalten. Für einen
funktionierenden Betrieb würde die S-Bahn jährlich 236 Millionen vom Land
Berlin erhalten. Im ersten Quartal dieses Jahres behielt der Senat 20,3
Millionen Euro ein, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 52,4 Millionen.
Doch es geht den Initiatoren nicht nur um die Veröffentlichung des
Vertrages. In dem Gesetzentwurf steht beispielsweise auch, dass es auf
jedem Bahnhof Aufsichtspersonal geben soll, dass die Mitarbeiter nach Tarif
bezahlt werden und dass Strafzahlungen fällig werden, wenn Aufzüge und
Rolltreppen nicht funktionieren. Ein Jahr will die Initiative der
Senatsverwaltung und der S-Bahn geben, die Forderungen umzusetzen. Und auch
für den neuen Verkehrsvertrag, der nach 2017 abgeschlossen wird, sollen sie
gelten.
Die Initiatoren sagen klar, was sie damit erreichen wollen: "Wir wollen,
dass keine Ausschreibung stattfindet oder dass sich zumindest keine
privaten Unternehmen daran beteiligen", erklärt Rouzbeh Taheri, Sprecher
der Initiative. Die Kosten der Umsetzung schätzt die Initiative auf rund 40
Millionen Euro.
Die für die S-Bahn zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mag
derzeit keine Einschätzung über die Kosten oder die Umsetzbarkeit der
Forderungen abgeben. "Das müssen wir dann prüfen, wenn der Vorschlag an uns
herangebracht wird", sagt Gille. Seinen Worten ist jedoch zu entnehmen,
dass eine Entwicklung wie bei den Verträgen über die Teilprivatisierung der
Wasserbetriebe, wo der Senat den Vertrag schließlich noch vor dem Entscheid
offenlegte, eher unwahrscheinlich ist.
"Wir reden momentan über die Zukunft der S-Bahn", sagt Gille. Da gehe es um
die Frage, ob und wie ausgeschrieben werden könnte oder ob die landeseigene
BVG die S-Bahn nach 2017 betreiben soll. Die Vergangenheit, also auch der
derzeitige Verkehrsvertrag, zähle nicht dazu.
Mit dem Start der ersten Stufe der Sammlung am Freitag hat die Initiative
sechs Monate Zeit, 20.000 Unterschriften zu sammeln. Schafft sie auch die
zweite Stufe - rund 172.000 Unterschriften in vier Monaten -, kommt es zum
Volksentscheid. Damit das Gesetz angenommen wird, muss die Mehrheit der
Abstimmenden und gleichzeitig mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten
dafür stimmen.
Im Februar hatte es in Berlin erstmals eine Initiative geschafft, ein
Gesetz per Volksentscheid durchzusetzen. Damals ging es um die Offenlegung
der Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe.
21 Jun 2011
## AUTOREN
Svenja Bergt
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Volksbegehren: S-Bahn braucht Unterschriften
Wenige Tage vor Ablauf der Frist müssen die Initiatoren des Volksbegehrens
S-Bahn noch mindestens tausend gültige Unterschriften sammeln.
Kommentar Volksbegehren S-Bahn: Keine einfache Forderung
Für die Offenlegung der S-Bahn-Verträge gibt es gute Gründe. Doch die
Volksbegehren-Initiative will noch mehr. Das könnte ihr zum Verhängnis
werden.
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