# taz.de -- Polizeieinsatz in Kritik: Grüne wollen keinen Pfeffer | |
> Grüne fordern Polizei nach verkorkstem Einsatz am 1. Mai zu | |
> Pfefferspray-Verzicht auf. Neue Zahlen zeigen: Das Reizgas wurde zumeist | |
> ohne Vorwarnung eingesetzt. | |
Bild: Das wollen Grüne nicht mehr sehen: pfeffersprayender Polizist in Berlin. | |
Die Grünen fordern die Berliner Polizei auf, künftig auf | |
Pfefferspray-Einsätze auf Demonstrationen weitestgehend zu verzichten. | |
Anlass sind neue Zahlen zum Polizeieinsatz am diesjährigen 1. Mai am | |
Kottbusser Tor in Kreuzberg, bei dem mehrere Demonstranten durch den | |
Reizstoff verletzt wurden. | |
Am späten Abend des 1. Mai wurden laut einer Antwort der Innenverwaltung | |
auf eine Grünen-Anfrage 287 Polizisten am Kottbusser Tor eingesetzt - alle | |
mit Pfefferspraygeräten als Teil ihrer Grundausrüstung versehen. In 21 | |
Fällen seien diese auch eingesetzt worden, heißt es. Nur in 6 Fällen | |
erfolgte vorher eine Androhung, 15-mal kam es zum sofortigen Einsatz. Ziel | |
sei es gewesen, "Angriffe gegen die eingesetzten Beamten abzuwehren und | |
Festnahmen von Straftätern zu ermöglichen". Dies sei "größtenteils" | |
erreicht worden. | |
Unabhängige Sanitäter sprachen von gut 200 Verletzten durch das | |
Pfefferspray. Grünen-Rechtsexperte Dirk Behrendt, am Abend des 1. Mai vor | |
Ort, sprach von einem "unverhältnismäßig und wahllos wirkenden" Gebrauch | |
des Reizgases. Behrendt kritisierte auch die unangekündigten | |
Soforteinsätze. "Das Gesetz sieht eine Androhung vor dem Gebrauch vor, in | |
der Praxis wird das offenbar nicht umgesetzt." Ob der Pfefferspray-Einsatz | |
am 1. Mai damit rechtmäßig war, sei zweifelhaft. Auch der im Juni | |
ausgeschiedene Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte eingeräumt, dass | |
"Zweifel bestehen", ob jeder Pfefferspray-Einsatz am 1. Mai gerechtfertigt | |
war. | |
Behrendt forderte die Polizei auf, Pfefferspray künftig nur im äußersten | |
Ausnahmefall einzusetzen. Der Grüne unterstützt eine Bundestagspetition, | |
die sich für ein Verbot von Pfeffersprayeinsätzen auf Demonstrationen, mit | |
Ausnahme von Notwehr, ausspricht. Begründet wird dies mit einem zuletzt | |
"wahllosen" Gebrauch sowie Gefahren von Kreislaufzusammenbrüchen und | |
allergischen Schocks, die in den letzten Jahren zu mindestens vier | |
Todesfällen in Deutschland geführt hätten. Die noch zwei Wochen laufende | |
Petition hat bislang 4.170 Unterstützer. | |
Der Pfefferspray-Einsatz am 1. Mai hat noch ein weiteres Nachspiel: Aktuell | |
laufen fünf Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen des | |
unverhältnismäßigen Gebrauchs. Vorwurf: Körperverletzung im Amt. In zwei | |
Fällen waren die Anzeigenden Zivilbeamte. | |
21 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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