# taz.de -- WWF wehrt sich gegen Vorwürfe: Die Bösen sollen sich bessern | |
> Der Umweltverband WWF führt einen Abwehrkampf. Der Vorwurf: Er akzeptiere | |
> Raubbau und Greenwashing. Wie eng dürfen Umweltschützer mit Bösewichten | |
> kuscheln? | |
Bild: Vorsicht: Auch in diesen Tütchen könnten sich Bösewichte verbergen. | |
BERLIN taz | Wer diesen Tarzan tanzen sieht, der muss schon etwas skeptisch | |
werden. Eberhard Brandes, schnittiger Mann, Edelzwirn und grellblaue | |
Krawatte, hat gerade seine Rede beendet. Er steht vor hunderten von | |
Freunden, Partnern, Gästen - in der ersten Reihe Dirk Niebel, | |
Bundesentwicklungsminister von der FDP. | |
Berlin, Mittwochabend. Es ist das Sommerfest eines angeschlagenen | |
Umweltverbandes - einer der größten der Welt. Eberhard Brandes ist Vorstand | |
des WWF in Deutschland. Und jetzt ist seine Rede zu Ende, ein Einspielfilm | |
beginnt. Zeit für Tarzan. Es folgen nicht Bilder über den Kongo, wie der | |
Titel des Filmes verspricht. Stattdessen klopfen sich als Affenmenschen | |
verkleidete Primitivlinge in bunten Kostümen auf zwei großen Leinwänden | |
albern auf die Brüste. | |
So als sei der Kongo ein Land von Idioten. Es ist Alexander Klaws, einst | |
Gewinner von Deutschland-sucht-den-Superstar und heute Hauptdarsteller des | |
Disney-Musicals "Tarzan und Jane", der auf der Bühne dazu singt. Denn dies | |
hier ist ein Werbeblock für einen Musicalgiganten, der künftig nach seinen | |
Shows Spendendosen für den WWF aufstellen will. Das wird gefeiert. Es | |
bringt wieder etwas Geld in die Kasse für die gute Sache. | |
## Faktencheck des WWF | |
Doch wie gut die Sache des WWF ist, diese Frage stellen einige, seit die | |
ARD in der vergangenen Woche einen Film des ehemaligen Entwicklungshelfers, | |
heutigen Investigativjournalisten und dreifachen Grimme-Preisträgers | |
Wilfried Huismann ausstrahlte. Die größten Vorwürfe: Der Verband dulde | |
durch Kooperationen mit umstrittenen Multiunternehmen die Zerstörung der | |
Umwelt, beteilige sich am Raubbau der Regenwälder - und verhelfe mit | |
fragwürdigen Kampagnen großen Unternehmen zu einem grünen Image, das sie | |
nicht verdient haben. | |
Es geht um das Engagement des WWF für nachhaltige Palmölplantagen, um die | |
Rolle von Gentechnik im Sojaanbau und darum, ob mit Öko-Tourismus für | |
Reiche Tiger und einheimische Bevölkerungen wirklich mehr geschützt als | |
bedroht werden. Mit einem Fakten-Check hält der WWF nun öffentlich dagegen. | |
Nichts stimme in dem Film. Und in der Netzwelt wird wiederum zum | |
Fakten-Fakten-Check gerufen. Doch über dem Streit um Palmöl & Co schwebt | |
eine größere Frage: Mit wievielen Bösewichten dürfen Umweltschützer | |
kuscheln? | |
Mit Danone etwa kooperiert der WWF, weil dessen Activia-Joghurts, die die | |
Verbraucherorganisation Foodwatch jüngst zu den [1]["dreistesten Werbelügen | |
2011"] zählte, nun umweltfreundlich verpackt werden. Hier, wo heute das | |
WWF-Partnerbier Krombacher - im Volksmund unter "Saufen für den Regenwald" | |
bekannt -, ausgeschenkt wird, sind heute auch ein paar Vertreter großer | |
Umweltschutzverbände. Die meisten Gäste aber kommen von Bayer, der Otto | |
Group oder dem Mineralölwirtschaftsverband. Denn die Philosophie der | |
Organisation lautet kurz gesagt: Die Bösen sollen sich bessern. Nur mit | |
ihnen ist die Welt zu retten. | |
## Die Wirtschaftsweisen | |
"Leiter Strategische Unternehmenskooperationen" steht auf der | |
WWF-Visitenkarte von Bernhard Bauske. Er berichtet stolz von einer großen | |
Partnerschaft: "Wir haben mit Edeka erreicht, dass konsquent agiert wird. | |
Vom Aussterben bedrohte Arten wie Aal und Dornhai sind aus dem Sortiment | |
der zwölftausend Edeka-Gruppe genommen worden. Das hat riesige Auswirkungen | |
auf die gesamte Wertschöpfungskette", sagt Bauske. | |
Bernhard von Treuenfels ist Unternehmer und Mitglied im Stiftungsrat des | |
deutschen WWF. "Klar", sagt er, "wer sich auch mit Bösewichten an einen | |
Tisch setzt, geht immer ein Risiko ein. Aber ohne die Wirtschaft läuft ja | |
nichts." Später am Abend, ein Krombacher auf dem Tisch, sagt ein Mann: "Da | |
kann Greenpeace lange mit dem Bötchen durch die Gegend fahren. Die | |
Entscheider hören, wenn überhaupt, dann auf den WWF." | |
Stephan Jaekel ist Sprecher des Muscial-Veranstalters Stage Entertainment, | |
der Sprecher von Tarzan. Nein, sagt er, sein Unternehmen arbeite durch die | |
Kooperation mit dem WWF nicht nachhaltiger. Aber einen sechsstelligen | |
Betrag stellt das Unternehmen in Aussicht, für ein Affenprojekt in Afrika. | |
Dafür, das sagt er nicht, bekommt sein Unternehmen einen Werbeblock und | |
einen grünen Touch. Das ist eine ganz pragmatische Sache. Ich Tarzan. Du | |
Jane. | |
30 Jun 2011 | |
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## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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WWF | |
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