# taz.de -- Reaktion der EU auf Italiens Finanzkrise: Rom steht noch, doch es w… | |
> Die Schuldenkrise weitet sich aus und die Eurogruppe findet wieder keine | |
> Antwort darauf. Die Finanzexperten in Brüssel sind überrascht vom neuen | |
> Sorgenkind Italien. | |
Bild: Erfahrungsaustausch in Brüssel: der griechische Finanzminister Evangelos… | |
BRÜSSEL taz | Wenn es ernst wird in Euroland, dann verlegen sich die | |
Verantwortlichen gern aufs Leugnen. So war es am Montag, als sich die Chefs | |
der Eurozone außerplanmäßig in Brüssel trafen. Dies sei kein Krisen-, | |
sondern ein "Koordinierungstreffen", sagte EU-Ratspräsident Herman Van | |
Rompuy. Italien stehe ebenso wenig auf der Tagesordnung wie die Sorge, die | |
europäische Schuldenkrise könne eskalieren. "Italien hat unser volles | |
Vertrauen", sekundierte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. | |
Damit ist klar, Italien ist der neue Wackelkandidat. Seit die Mailänder | |
Börse am Freitag absackte und die Risikoprämien für italienische | |
Staatsanleihen in die Höhe schossen, stehen die Signale auf Rot (siehe | |
unten). "Wir können uns nicht noch mehr Tage wie diesen schwarzen Freitag | |
leisten", seufzte ein Experte der Europäischen Zentralbank (EZB). "Wir | |
machen uns große Sorgen um Italien." | |
## Das Geld reicht nicht mehr | |
Nach einem Bericht der Welt fordert die EZB bereits die Verdoppelung des | |
Euro-Rettungsschirms auf 1,5 Billionen Euro - damit auch Italien gerettet | |
werden könne. Bisher reicht das Geld nur für kleinere Länder wie | |
Griechenland, Irland und Portugal. Große Staaten wie Italien - die | |
drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - oder Spanien kann die Eurogruppe | |
nicht aus dem Schlamassel ziehen, weil es nicht genug Mittel gibt. Der Euro | |
wäre bei einer Krise in diesen Ländern wohl nicht mehr zu retten. | |
Deshalb konzentrieren sich die Euroländer darauf, eine Ausweitung der | |
Schuldenkrise zu verhindern. Beim letzten EU-Gipfel im Juni weiteten sie | |
den Rettungsschirm auf 750 Milliarden Euro aus, um Spekulanten von Attacken | |
auf große Länder abzuschrecken. Anfang Juli gaben sie dann 12 Milliarden | |
Euro an Griechenland frei, um es vor der Insolvenz zu bewahren. | |
Der nächste Schritt sollte ein neuer, bis zu 120 Milliarden Euro schwerer | |
Hilfsplan sein. Eigentlich hätte er gestern in Brüssel beschlossen werden | |
sollen. Dazu kam es nicht, denn die Retter sind wieder einmal ratlos. Ein | |
deutsch-französischer Plan zur "freiwilligen" Bankenbeteiligung an der | |
Griechenland-Hilfe platzte, bevor er offiziell präsentiert wurde. | |
Ratingagenturen wie Standard & Poors oder Moodys warnten, dieser Plan wäre | |
für sie gleichbedeutend mit einer Pleite Griechenlands, und machten so die | |
Umsetzung zunichte. | |
Auch andere Pläne, etwa der Rückkauf griechischer Schulden oder die | |
Verlängerung von Laufzeiten, sind nicht spruchreif. Die Finanzminister | |
verschoben deshalb die geplante zweite "Rettung" Griechenlands auf | |
unbestimmte Zeit - und heizten so die Spekulation gegen den Euro an. | |
## Italien gesundbeten | |
Dass es jetzt Italien trifft, ist selbst für Experten eine Überraschung. | |
Zwar gehört das Land wie Griechenland und Portugal zur Gruppe der Staaten, | |
die als besonders gefährdet gelten. Doch bisher hatten sich die Sorgen auf | |
Spanien konzentriert, das unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase | |
leidet. Italien galt dagegen als relativ stabil - trotz seines | |
Staatsdefizits von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Erlaubt sind laut | |
Maastricht-Vertrag 60 Prozent. | |
Das soll auch so bleiben, hieß es beim Treffen der Euro-Finanzminister. | |
Italien werde nicht in den Strudel geraten, sagte Finanzminister Wolfgang | |
Schäuble, es habe einen überzeugenden Haushaltsentwurf vorgelegt. "Und ich | |
habe keinen Zweifel, dass die Regierung in Rom die richtigen Entscheidungen | |
trifft." Gerüchte über eine Verdoppelung des Rettungsschirms wegen Italien | |
träfen nicht zu. | |
Doch während Schäuble die Krise herunterspielte, kamen von Angela Merkel | |
schon andere Töne. Nach einem Telefonat mit Ministerpräsident Berlusconi am | |
Sonntag sagte sie am Montag, die Regierung in Rom müsse nun einen | |
Sparhaushalt verabschieden. Dies sei ein "wichtiges Signal", das Italien | |
selbst senden müsse. Im Klartext: Nicht Berlin oder Brüssel sind in der | |
Pflicht, sondern Rom. | |
11 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Gert Stuby | |
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aufgeben. |